Die Schweiz und Liechtenstein regeln die fremdenpolizeiliche Behandlung der Liechtensteiner in der Schweiz sowie der Drittausländer


Promemoria der Polizeiabteilung des Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartements, nicht gez., zuhanden der liechtensteinischen Regierung [1]

14.2.1941, Bern

I. Liechtensteiner in der Schweiz

Wenn ein Liechtensteiner von Liechtenstein aus bei einem Kanton des Gesuch um Aufenthaltsbewilligung stellt und das Ergebnis in Liechtenstein abwartet, prüft der Kanton ohne Verzug (und vor Einholung der Zustimmung der eidgenössischen Fremdenpolizei, sofern diese nötig ist), ob eine provisorische Bewilligung gemäss Art. 4 der Vereinbarung [2] auszustellen ist. Trifft dies zu, dann wird die provisorische Bewilligung dem liechtensteinischen Arbeitsamt in Vaduz zugestellt (ebenso gegebenenfalls ein ablehnender Bescheid). Die Bewilligungsgebühr gemäss Art. 4 der Vereinbarung wird dem liechtensteinischen Arbeitsamt aufgegeben, das für ihren Einzug sorgt.

II. In die Schweiz kommende Drittausländer

Die Kleingrenzzone ist auf die Gemeindegrenzen von Buchs-Dorf und Altendorf beschränkt. Sie erstreckt sich jedoch auf das Spital in Grabs für Drittausländer, die sich dort behandeln lassen oder kranke Familienangehörige besuchen wollen.

Die Gesuche um das Visum zur Einreise in die Schweiz sind bei der Regierungskanzlei in Vaduz zu Handen der eidgenössischen Fremdenpolizei einzureichen, unter Beilage des Reisepasses. Handelsreisende haben auch die vorgeschriebene Handelsreisendenkarte beizulegen.

III. Behandlung von Drittausländern in Liechtenstein

1. Für Ausländer, die eine Erwerbstätigkeit gemäss Art. 3 der Vollziehungsverordnung zum Bundesgesetz über Aufenthalt und Niederlassung der Ausländer mit oder ohne Stellenantritt auszuüben beabsichtigen, ist sofort nach der Zureise die Zustimmung der eidgenössischen Fremdenpolizei einzuholen, sofern diese nicht schon im Visumsverfahren einem Aufenthalt von bestimmter Frist zugestimmt hat; wird diese Frist überschritten, so muss ebenfalls die Zustimmung eingeholt werden.

Für Nichterwerbstätige ist die Zustimmung nur einzuholen, wenn sie länger als einen Monat in Liechtenstein zu bleiben beabsichtigen.

2. Zustimmungsverfahren. - Der Ausländer hat der Fürstlichen Regierung ein begründetes Gesuch (eventuell gemäss Formular) schriftlich einzureichen. Die Regierungskanzlei prüft, ob die Angaben des Ausländers zutreffen und genügen, um das Zustimmungsformular (Beilage) [3] auszufüllen. Sie füllt dieses aus und stellt zwei Exemplare der eidgenössischen Fremdenpolizei mit genau fixiertem Entscheid zu (ohne von diesem dem Ausländer Kenntnis zu geben), unter Beilage der Ausweispapiere. - Die Fürstliche Regierung wird auf dem Zustimmungsformular vorschlagen, ob auf Ende der zu bewilligenden Frist die Ausreise aus Liechtenstein zu erfolgen habe oder ob mit Verlängerung oder mit dauerndem Aufenthalt gerechnet wird.

3. Im Falle der Zustimmung erhält die Regierungskanzlei ein Zustimmungsformular zurück, mit der zustimmenden Verfügung der eidgenössischen Fremdenpolizei. Die Fürstliche Regierung erteilt hierauf dem Ausländer die Bewilligung im Rahmen der Zustimmung der eidgenössischen Fremdenpolizei, ohne Kenntnisgabe der letzteren.

4. Wenn die eidgenössischen Fremdenpolizei, eventuell nach Meinungsaustausch mit der Fürstlichen Regierung, die Zustimmung ganz oder teilweise verweigert, gilt folgendes: Dem Ausländer wird durch die Fürstliche Regierung von der Verfügung der eidgenössischen Fremdenpolizei stets Kenntnis gegeben (mit Formular der eidgenössischen Fremdenpolizei), wenn diese ihn auch zur Ausreise aus der Schweiz verpflichet. In den andern Fällen bestehen zwei Möglichkeiten: Entweder schliesst sich die Fürstliche Regierung dem Entscheid der eidgenössischen Fremdenpolizei an; dann teilt sie diesen dem Ausländer als ihren eigenen mit. Oder die fürstliche Regierung vermag sich dem Entscheid der eidgenössischen Fremdenpolizei nicht anzuschliessen; dann ersucht sie diese um Übermittlung ihrer für den Ausländer bestimmten Verfügung.

5. Übergangsbestimmungen. - Für Drittausländer, die schon vor dem 1. Februar 1941 in Liechtenstein anwesend waren, ist die Zustimmung jeweilen bei Ablauf einer Bewilligung einzuholen. Für die mit unbefristeter Bewilligung Zugelassenen wird die Zustimmung in alphabetischer Reihenfolge oder nach Wohngemeinden eingeholt. Die Fürstliche Regierung wird sich in jedem Fall beim Landgericht in Vaduz darüber erkundigen, ob Vorstrafen bestehen und wenn ja einen Strafregisterauszug mitschicken.

Unbefristete Bewilligungen sind zur Kontrolle der Ausweispapiere zu befristen (Art. 11, Abs. 2 der VVO zum BG über Aufenthalt und Niederlassung der Ausländer).

Noch als gültig registrierte Bewilligungen von abwesenden Ausländern sind zu löschen, wenn der Wohnsitz als tatsächlich aufgegeben zu gelten hat und auf alle Fälle, wenn der Ausländer seit länger als sechs Monaten landesabwesend ist.

Ausländerausweis. - Die Einführung eines solchen für sein Gebiet steht Liechtenstein frei. Aus dem Fürstentum in die Schweiz gekommene Ausländer erhalten einen schweizerischen Ausländerausweis bei der Regelung ihres Aufenthaltsverhältnisses.

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[1] LI LA RF 199/416//3/029a.  Die liechtensteinische Regierung erklärte sich mit undatiertem Schreiben an die Polizeiabteilung des Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartements mit den in der Promemoria niedergelegten Grundsätzen für den Grenzübertritt von Liechtenstein nach der Schweiz einverstanden, siehe LI LA RF 199/416/3/029a.  
[2] Siehe Vereinbarung zwischen Liechtenstein und der Schweiz vom 23. Jänner 1941 über die Regelung der fremdenpolizeilichen Beziehungen, LGBl. 1941 Nr. 4.
[3] Die angesprochene Beilage findet sich nicht im Akt.