Öffentliche Trauersitzung des Landtages aus Anlass des Todes von Fürst Franz I.


Protokoll der öffentlichen Landtagssitzung, nicht gez. [1]

27.7.1938

Präsident [Anton Frommelt]: Hoher Landtag, verehrte Mitglieder der Regierung! Es ist heute das zweitemal, dass ich mit der erschütternden Mitteilung an Sie gelangen muss über den Hinschied unsers Fürsten Franz I. Das erste Mal war es Fürst Johann der Gute, den wir betrauert haben. Seine Arbeit wurde übernommen durch Fürst Franz I. und nun ist auch dessen Ableben zu beklagen. Er starb vorgestern Abend ¼ vor 10 Uhr [2] und damit ist sein Lebenswerk abgeschlossen. Wir wissen, dass es keinem Sterblichen vergönnt ist, ihn zurückzuhalten in dieser Welt. Wir wissen, wenn wir ihn zurückrufen könnten durch unsere Liebe, dass er dann leben würde. Wir würden es an nichts gebrechen lassen, unseren Fürsten Franz am Leben zu erhalten. Schmerzlich und bitter ist diese Trennung und gross ist der Riss, der durch den Höchsten, den Lenker der Geschichte so gezogen wurde. Ihm wollen wir den teuren Verblichenen anempfehlen und unsere Trauer nach aussen zum Ausdruck bringen. Wir tun das am besten durch die Versicherung unserer Treue, unseres Gedenkens und der Anerkennung seiner Werke in der Zukunft. Es existiert das Wort, dass dem guten Menschen seine Werke nachfolgen. Seine Werke ist das Denkmal, das Fürst Franz sich gesetzt hat und in diesem soll er weiterleben. Dieses Denkmal steht auch bei uns in grossen und kleinen Steinen zusammengetragen, klein im stillen Wirken, gross, was er getan hat dem Lande in seiner Gesamtheit. Es sind drei Dinge, die ein guter Fürst in sich tragen muss. Es ist das: Sinn für Gerechtigkeit, es ist das Sinn von Güte und Väterlichkeit gegenüber seinem Volke und Sinn höchster Verantwortung für seine Aufgabe. Ich brauche diese drei Dinge nicht besonders anzuführen. Sie wissen alle, in welch hohem Masse der Hohe Verblichene diese drei Dinge in sich schloss: den Sinn der Gerechtigkeit, das streng rechtliche Denken, die Güte, mit der er alles umfasste und betreute, was seiner Liebe und Güte würdig war. Ferner der Sinn der Verantwortung, mit der er seine Hohe Aufgabe meisterte in diesen schweren Zeiten, obwohl die Umstände seines hohen Alters und die unausbleiblichen Folgen ihm die Aufgabe nicht erleichterten. Erleichtert war die Aufgabe durch die Rüstigkeit seines Geistes. Wir danken für alles das, für jedes gute Wort und jedes Werk, was der verstorbene Fürst dem Lande und seinem Volke getan. Wir stehen an seiner Bahre und trauern um den gerechten und verantwortungsvollen Fürsten. Ich kann es nicht unterlassen, heute auch Höchstdessen Gemahlin [Elsa von Liechtenstein] zu gedenken, die heute als Witwe an seiner Bahre steht, die durch Innigkeit und Liebe mit ihm verbunden war. Einen harten Riss hat sie nun erfahren müssen. Es wird wohl kaum jemand in der Welt sein, den dieser Riss tiefer erschüttert hat als Ihre Durchlaucht. Mit ihr stehen wir in Trauer und Anhänglichkeit und Dankbarkeit an den verstorbenen Fürsten an der Bahre. Dies soll ihr ein Trost sein in dieser schweren Stunde. Sie hat mit ihm die Gaben der Liebe ausgeteilt, die Gesinnung des Herzens geteilt. Sie verdient für diese Gesinnung auch unsere Liebe und eine Sptze [sic] zu haben an uns in dieser schweren Stunde. Ich möchte diesen Ausdruck des ganzen Volkes, der Regierung und der Behörden aussprechen für das ganze Fürstenhaus, das um die Bahre des grossen Verstorbenen steht und das ein Mitglied dieses Hauses zur Erde birgt, das würdig war seiner Ahnen und der Tradition seines Hauses. Das ist dasjenige, was ich kurz erwähnen möchte über unsere Gefühle der Trauer und des Gedenkens für die Zukunft. Das lebendige Zeugnis unserer Dankbarkeit soll Fürst Franz gewahrt bleiben in der Geschichte. Die unauslöschliche Liebe des Fürsten Franz hat neue Fackeln entzündet. Nun haben wir den neuen Fürsten Franz Josef II. Er selbst betont, dass er in Liebe und Güte regieren und sein Land und Volk betreuen und beglücken wolle. Fürst Franz Josef II. hat verfassungsgemäss seine Regierungserklärung abgegeben (Sie wird verlesen). [3] In gleicher Weise ist Ihnen bekannt, wie Seine Durchlaucht Fürst Franz Josef II. in seiner Kundgebung an sein Volk diese seine traditionelle Gesinnung der Öffentlichkeit kund getan hat. (Dieselbe wird verlesen). [4]

Ich möchte diese letzten Worte Seiner Durchlaucht unseres Landesfürsten übernehmen und nur die Worte umstellen und sagen, wir geben der Hoffnung Ausdruck, dass es uns gelingen möge, durch die Mithilfe Seiner Durchlaucht in gemeinsamer enger, treuer Verbundenheit jene Pflichten zu erfüllen, die die Zukunft uns auferlegt und zwar so, dass es sich zum geistigen und materiellen Wohle unseres Volkes auswirken möge. Wir wollen mit grossem Vertrauen in die Zukunft blicken. Unser Fürst Franz II. ist noch jung und Gott gab ihm Gnade und Kraft, dass die Gesinnung, die er uns verspricht, zum dauernden Segen des Volkes werde.

Wir geloben in dieser Stunde treue Anhänglichkeit und unverbrüchliche Treue und ernste Mitarbeit, soweit sie von jedem gefordert wird. Durch diese unserer treue Mitarbeit möge es unserem Fürsten Franz Josef II. leichter sein, vertrauensvoll die Zukunft zu meistern. Unser neuer Fürst möge dieses Treuegelöbnis annehmen in ernster und heiliger Stunde und es sei nicht der leiseste Gedanke unter uns, der nicht gerecht würde. Das ist das Wichtigste, was wir in dieser Stunde versichern können. Wir danken dem Herrgott für das, was er uns gegeben hat an den verstorbenen Fürsten und insbesondere an Fürst Franz I. Wir danken ihm für seine Liebe, das Wohlwollen und den Verantwortungssinn und wir versprechen, sein Gedenken lebendig in uns zu tragen. Wir versichern das ganze Fürstenhaus und insbesondere die Durchlauchtigste Fürstin unserer treuen Ergebenheit und des tiefsten Beileides an dem herben Leid, das Gott ihr auferlegt. Unseren neuen Fürsten versichern wir unserer Mitarbeit und unserer Treue und Liebe für die Zukunft zum Wohle unseres Volkes.

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[1] LI LA LTP 1938/089.
[2] Fürst Franz I. von Liechtenstein starb am 25.7.1938 auf Schloss Feldsberg. Siehe den Lebenslauf von Fürst Franz I. unter LI LA RF 182/106/067.
[3] Siehe das Handschreiben von Fürst Franz Josef II. vom 25.7.1938 betreffend die Übernahme der Regierung im Fürstentum Liechtenstein (LI LA RF 182/106/015), siehe auch LGBl. 1938 Nr. 18.   
[4] Siehe die Proklamation von Fürst Franz Josef II. an die Bevölkerung ("An mein Volk in Liechtenstein") vom 25.7.1938 (LI LA RF 182/106/016).