Das 9. kriegswirtschaftliche Strafgericht ersucht die Regierung um die Bewilligung zur Abhaltung eines Gerichtstages in Vaduz


Schreiben des 9. kriegswirtschaftlichen Strafgerichtes des Eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartements an die Regierung, gez. Gerichtsschreiber C.S. Scherer [1]

30.6.1945, Zürich

Sehr geehrte Herren,

das 9. kriegswirtschaftliche Strafgericht hat einen Fall zu beurteilen, der einen in Eschen wohnhaften Bürger Ihres Fürstentums betrifft, und gedenkt zu diesem Zweck eine Gerichtssitzung in Vaduz abzuhalten. Wenn nun wohl durch Verfassungsgesetz vom 2. Sept. 1939 [2] die fürstliche Regierung von Liechtenstein ermächtigt worden ist, schweizerische Gesetze und Verordnungen, die kriegswirtschaftliche Massnahmen zum Inhalte haben, für Liechtenstein anwendbar zu erklären, und dies auch in Art. 1 der Verordnung der fürstlich liechtensteinischen Regierung vom 26. Mai 1942 [3] festgelegt ist, so möchte das 9. kriegswirtschaftliche Strafgericht nicht ohne besondere Bewilligung Ihrerseits in Ihre Gerichtshoheit eingreifen. Das 9. kriegswirtschaftliche Strafgericht bittet Sie aus diesem Grunde, ihm die Bewilligung zur Abhaltung einer Gerichtssitzung in Vaduz erteilen zu wollen.

Als Verhandlungstag ist Samstag, der 25. August, vorgesehen. Falls Sie die Bewilligung erteilen, wären wir Ihnen sehr zu Dank verpflichtet, wenn Sie uns auf diesen Tag einen Gerichtssaal zur Verfügung stellen könnten.

Indem wir Ihnen zum Voraus für Ihr Entgegenkommen unseren besten Dank aussprechen, zeichnen wir mit dem Ausdruck unserer ausgezeichneten Hochachtung

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[1] LI LA RF 228/021 (b). Gemäss handschriftlichem Vermerk wurde der Antrag des 9. kriegswirtschaftlichen Strafgerichts von der Regierung am 11. Juli [!] 1945 unter Mitteilung an das Landgericht genehmigt. Die Benachrichtigung des kriegswirtschaftlichen Strafgerichtes erfolgte mit Schreiben der Regierung vom 12. Juli 1945 (LI LA RF 228/021 (c)).
[2] Siehe LGBl. 1939 Nr. 13, Verfassungs-Gesetz betreffend Bevollmächtigung der Regierung zur Anordnung kriegswirtschaftlicher Massnahmen. Vgl. das Protokoll der Landtagssitzung vom 2. September 1939 (LI LA LTP 1939/150).
[3] Siehe LGBl. 1942 Nr. 15, Verordnung der fürstlichen Regierung vom 26. März [!] 1942 betreffend die Übernahme schweizerischer kriegswirtschaftlicher Massnahmen.