Das kirchliche Amtsblatt "In Christo" ermahnt die Jungmänner, ihr 1938 abgelegtes Gelöbnis zu erfüllen und nach Einsiedeln zu wallfahren


Artikel in "In Christo" von Pfarrer Engelbert Bucher, Landespräses des Jungmannschaftsverbands [1]

6.4.1946

Jungmänner wallfahren

Wallfahren heissen wir das Besuchen entfernter heiliger Gnadenstätten in religiöser Absicht und frommer Haltung, um dort die Hilfe Gottes und seiner Heiligen zu erflehen, für getanes Unrecht zu büssen oder für erlangte Gnade zu danken. Des Pilgers Rucksack ist gepackt mit Frömmigkeit, Bussgeist, Gottergebenheit, Bekennermut. Je nach dem Zweck trägt die Wallfahrt verschiedene Namen: Bittwallfahrt, wenn wir unsere Ohnmacht vertrauensvoll in Gottes Allmacht legen, - Busswallfahrt, wenn uns das Herzklopfen ob verübter Sünde, Schuld oder Tatenlosigkeit gemahnt , noch etwas mehr zu beten als nur die fünf Bussvaterunser einer reuigen Beicht, - Sühnewallfahrt, wenn Untat und Frevel eines Volkes zum Himmel um Rache schreien und es uns daran liegt, diese abzuwenden, Dank- und Gelöbniswallfahrt, wenn Gottes huldvolle Barmherzigkeit uns Brot und Frieden, Sonne, Ackersegen, Heilung gab, und wir dafür ein ehrliches Dankegott sagen möchten.

Nun die Wallfahrt, die die liechtensteinischen Jungmänner am 2. Maisonntag dieses Jahres mit ihren jugendlichen Brüdern in der Schweiz nach Einsiedeln machen, ist in erster Linie eine Gelöbniswallfahrt. Denn unsere Jungmänner, die im liechtensteinischen Jungmannschaftsverband dem kath. Jungmannschaftsverband der Schweiz angeschlossen sind, haben im Oktober 1938 folgendes Gelöbnis abgelegt:

"In Tagen grosser Not und Unsicherheit, Kriegsrüstung und Nationenhass der europäischen Völker, knien wir, katholische Jungmänner der Eidgenossenschaft und Liechtensteins, vertrauensvoll und hilfeflehend vor Dir und legen in Deine allmächtige Hand das feierliche Gelöbnis ab: Wenn Du, o Herr und Gott, die Schweiz und Liechtenstein in dieser schweren Zeit in Friede und Freiheit uns bewahrst, dann wollen wir zum Dank für diese unverdiente Gnade in grossen, betenden Jungmännerscharen zum Heiligtum der lieben Gottesmutter nach Einsiedeln wallfahren und vor Dir, o Gott und vor dem ganzen Land, den Dank und unsere Treue für Deinen Schutz und Schirm auf den Altar hinlegen."

Liebe Jungmänner von Liechtenstein! Jetzt ist die grosse Erhörung unseres Gebetes vollendet. Das Weltkriegsgewitter ist vorüber. Ganze Länder liegen in Trümmer. Wir Liechtensteiner sind heil geblieben. Welch eine riesige Gelöbnispflicht lastet nun auf uns! Auf allen Sektionen unseres Verbandes! Auf allen Verbandsbrüdern, auf den Ehemaligen, die dies Gelöbnis ablegten, und auf den heutigen, die Teilhaber des Gelöbnisses geworden sind in dem Moment, da sie in unseren Verband eintraten. Müsste nicht Gottes Zorn sich über uns ergiessen, wenn wir diese Gelöbnispflicht nicht erfüllen würden?

Liebe junge Freunde! Werbet daher in eueren Sektionen, auf dass der letzte Verbandsbruder, der abkömmlich ist, in in Einsiedeln bei der grossen Dankeskundgebung mit dabei ist. Schweizerjungmänner haben sich schon mehr als 20’000 zur Wallfahrt angemeldet. Wir erwarten, dass auch unsere liechtensteinischen Jungmänner in grosser Zahl nach Einsiedeln pilgern. [2]

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[1] In Christo, Nr. 10, 6.4.1946, S. 2.
[2] Zur Wallfahrt, an der 250 Liechtensteiner teilnahmen, vgl. L.Va., Nr. 39, 15.5.1946, S. 1f. ("Wir danken für Freiheit und Frieden").