Eine Gruppe von Eltern begründet den Wunsch, ihren Töchtern Privatunterricht im Collegium Marianum erteilen zu lassen


Protokoll der Vorsprache einer Gruppe von Eltern verm. bei Anton Frommelt oder beim Regierungskollegium, gez. Emil Real, Amalia Wachter-Walch, Rosa Batliner, David Strub und Emil Ospelt[1]

14.8.1941, Vaduz

Es erscheinen die Unterfertigten Emil Real, David Strub, Frau Wachter, Frau Dr. Batliner, Emil Ospelt Schaan. Zum vornherein erklärt Herr Landestechniker [Josef] Vogt sein Einverständnis, da er an der längeren Beteiligung an der Konferenz behindert ist.

Gegenstand: Besprechung der über Ansuchen der Beteiligten zu errichtenden Möglichkeit des Privatunterrichts im Kollegium Marianum für ihre Töchter. [2]

  1. Es werden die verfassungsmässigen und gesetzmässigen Grundlagen für den Privatunterricht zur Kenntnis gegeben. Verfassung Art. 16, 17, [3] Schulgesetz Art. 96ff., [4] worin der Privatunterricht unter den gesetzlichen Bedingungen garantiert ist.
  2. In besonderer Weise wird die Schwierigkeit besprochen, die durch diese Eingabe zwischen der Landesschule Vaduz und dem Kollegium Marianum nach Darlegung des Herrn Prof. [Gustav] Schädler erwachsen würden.
    Die Gesuchsteller erklären des ausdrücklichsten, dass ihrerseits jede Absicht fernliegt, der Landesschule durch dieses Vorgehen nahezutreten oder gar die Interessen der Landesschule absichtlich zu schädigen, auch nicht den Herren Professoren der Landesschule in irgend einer Weise nahezutreten, andererseits legen die Interessenten grösstes Gewicht darauf, ihre verfassungsmässig gewährleisteten Rechte unbeschränkt benützen zu können, und ihren Kindern den selbstbestimmten Unterricht im Rahmen des Gesetzes zukommen zu lassen. Ganz besonders aber liegt den Interessenten daran, dass durch ihr Vorgehen die Interessen und das Verhältnis des Kollegiums Marianum zur Öffentlichkeit und zur Landesschule im besonderen nicht gestört werden, und dass dem Institut keine irgendwie geartete Schädigung daraus erwachse, denn das Kollegium ist in dieser Angelegenheit wiederholt und eindringlichst zur Leistung einer Möglichkeit für Privatunterricht ersucht worden und wurde andererseits von der Kollegsleitung auch ausdrücklich betont, dass diese Möglichkeit nur im Einverständnis und Einklang der Behörden entgegenkommenderweise eingerichtet werden könnte.
    Wenn die Herren Professoren der Landesschule unbegreiflicherweise in dem Wunsche, die Kinder privat unterrichten zu lassen, eine Beleidigung ihrerseits vermuten, so wird das von den Interessenten sehr bedauert, aber umgekehrt ebenso entschieden betont, dass ihrerseits in der Beschränkung eines garantierten Rechtes sowohl eine Beleidigung als auch eine Schädigung erachtet werden könnte. Die Interessenten hoffen jedoch, die Angelegenheit durch eine nochmalige Aussprache mit dem Personal der Landesschule bereinigen zu können und bitten um die Anberaumung einer diesbezüglichen Konferenz, wenn möglich im Beisein des Landesschulrates. [5]
    Sie betonen nochmals, dass es ihnen absolut ferne liegt, die Interessen oder das Lehrpersonal der Landesschule schädigen zu wollen. Sie werden aber alles daran setzen, dass auch dem Marianum kein Schade erwachse in der Verfolgung des gesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Privatunterricht.
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[1] LI LA RF 188/299/001/014. Die genannten Eltern hatten am Vortag versucht, bei Anton Frommelt vorzusprechen, diesen jedoch nicht angetroffen (LI LA RF 188/299/001/012).
[2] Mit Schreiben vom 7. bzw. 8.8.1941 hatten die Vorsprechenden den Landesschulrat ersucht, ihre Töchter vom Unterricht an der Landesschule zu dispensieren, da sie ihnen Privatunterricht am Marianum erteilen lassen möchten (LI LA RF 188/299/001/005, 006, 007, 008, 009, 010, 011).
[3] LGBl. 1921 Nr. 15.
[4] Schulgesetz vom 9.11.1929 (LGBl. 1929 Nr. 13).
[5] Die gewünschte Aussprache fand am 28.8.1941 in Anwesenheit von Regierungschef Josef Hoop und Alois Vogt statt (LA RF 188/299/991/017-026). Eine Einigung konnte jedoch trotz der Vermittlungsbemühungen von Hoop und Vogt nicht erzielt werden. Auch weitere Vermittlungsversuche der Regierung blieben ohne Erfolg (LI LA RF 188/299/001/015, 027). Zum weiteren Verlauf der Angelegenheit vgl. LI LA RF 188/299/001/030.