Martha Bachenheimer ersucht die Regierung um eine Zwischenaufenthaltsgenehmigung für ihre jüdische Mutter Bertha Adler


Schreiben von Martha Bachenheimer an die Regierung [1]

7.11.1939, Vaduz

Unter Bezugnahme auf mein Ansuchen vom 19.1.1939 [2] wage ich es in Anbetracht der neuesten Entwicklung im Reiche neuerdings, die fürstliche Regierung um Wiedererwägung meines Einreiseansuchens für meine Mutter Frau Bertha Adler in Kassel zu ersuchen.

Seit meinem ersten Ansuchen haben sich die Verhältnisse für meine Mutter bedeutend verschlimmert und es droht infolge der Ereignisse in Polen der Abtransport der Nichtarier in dieses von den Deutschen eroberte Land. Was das für eine 68jährige Frau bedeutet, kann die hohe Regierung wohl selbst ermessen. Dabei kann ich neuerdings betonen, dass meine Mutter nur Transit hier Aufenthalt nehmen will, denn sie ist schon lange beim USA Konsulat in Stuttgart angemeldet und hat ihre Nummer. Auch die Bürgschaft ist längst in Ordnung. Meine Schwester wohnt in New York und besorgt für meine Mutter alles, was eine rasche Abwanderung nach dort ermöglicht. Eine Gefahr besteht in gar keiner Weise und für den Unterhalt kommt mein Mann [Ferdinand Bachenheimer] gern auf.

Im Namen der Menschlichkeit bitte ich die hohe Regierung, mein Ansuchen diesmal nicht abschlägig zu behandeln. [3]

Mit der Versicherung meiner ausgezeichneten Hochachtung

ergebenst

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[1] LI LA RF 185/416/003.
[2] Siehe LI LA RF 185/416/001. Das Ansuchen von Ferdinand Bachenheimer, dem Ehemann von Martha Bachenheimer, war von der Regierung am 1. Februar 1939 abgewiesen worden (LI LA RF 185/416/002).
[3] Die Regierung verständigte die Gesuchstellerin am 10. November 1939 von der Abweisung des Gesuches (LI LA RF 185/416/003v). Martha Bachenheimer wandte sich am 17. November 1939 erneut an die Regierung, wiederum erfolglos (LI LA RF 185/416/004).