Der Landtag debattiert über die Schwierigkeiten bei der Beschaffung landwirtschaftlicher Hilfskräfte ("Mehranbau")


 Protokoll der Konferenzsitzung des Landtags, gez. Anton Frommelt, Florian Kindle und Franz Eberle [1]

27.11.1941

II. Beschaffung landwirtschaftlicher Arbeitskräfte für 1942

Reg.Chef [Josef Hoop] glaubt, dass man Mittel und Wege suchen müsse, um etwas Besseres zu schaffen. Das letztjährige System habe kläglich versagt, weil nicht eine generelle Erfassung der Jahrgänge erfolgt sei und zuviel Ausnahmen gemacht worden seien. Als Grundsatz für die zukünftige Regelung müsse gelten, keine Ausnahmen mehr zu gestatten. Es hätten sich bei der Regierung folgende 3 Varianten herausgebildet:

  1. Alle Jahrgänge zusammenzufassen in einem Arbeitslager und von diesem aus die Landwirte mit den nötigen Hilfskräften versorgen.
  2. Vorerst den einzelnen Jahrgängen die Möglichkeit lassen, eine Stelle bei einem Bauer anzutreten und diejenigen, die sich weigern, in ein Lager zu stecken oder sonst mit Zwangsmassnahmen zu traktieren.
  3. Ganz auf freiwilliger Basis bei Erhöhung der Knechtprämien, um dadurch einen erhöhten Anreiz zu bieten, wobei die Bauern auch höhere Löhne zu zahlen hätten.

Dr. [Otto] Schädler glaubt, dass es auf freiwilliger Basis nicht geh[t], das habe sich letztes Jahr zur Genüge gezeigt. Der einzig mögliche Weg erscheine ihm die Zusammenfassung in einem Arbeitslager.

[Bernhard] Risch: Der Hauptzweck sei, dass die Landwirte Knechte bekommen. Die Regierung soll die Sache gründlich studieren und wenn es noch Geld kostet, so sei es nicht ganz verworfen.

Eug. [Eugen] Schädler spricht sich für die 2. Variante aus.

Reg.Chef glaubt, dass man mit der Variante 2 am besten durchkomme. Die Hauptsache sei, dass man Knechte auftreibe, damit die Landwirte befriedigt werden können. Man müsste dabei mit den Sanktionen bis zum äussersten schreiten.

Kindle beantragt, dass die Leute, die heuer ihr Landjahr nicht gemacht haben, nicht frei ausgehen. Zur Strafe sollten sie auch heuer herangezogen werden.

[Chrysostomus] Öhri glaubt, dass man auf dem freiwilligen System nicht auskomme. Ausnahmen dürften überhaupt keine mehr gemacht werden. Ohne Zwangsmassnahmen werde man nicht durchkommen.

Kindle erkundigt sich, was der Arbeitsdienst kosten würde.

Reg.Chef bemerkt, dass nach der Schätzung Dr. [Alois] Vogt's mit 100'000 Fr. zu rechnen sei für alles drum und dran und die Schätzung sei nicht zu hoch gegriffen.

Dr. Schädler hält diesen Voranschlag für zu hoch. Die Regierung soll die Sache einmal prüfen und berechnen, damit der Landtag ein genaues Bild habe. Es gehe nicht anders, wenn man das ganze Problem lösen wolle.

Reg.Chef befürchtet, das mit diesem System den Bauern nicht geholfen sei. Die Knechtfrage sei nicht gelöst und die Kosten seien erheblich. Man müsse die Knechte heraussuchen aus den Jahrgängen.

[Oswald] Bühler beantragt, das Hauptgewicht der Lösung auf die Einführung von Stosstrupps auf freiwilliger Basis zu legen. Es müsse in jeder Gemeinde individuell gemacht werden. In Mauren habe sich das heuer gut ausgewirkt. Im Grossen und Ganzen sei bei ihnen alles auf den Füssen u. am Schaffen. Wenn wir ganze Jahrgänge herausnehmen, reissen wir auch wieder Lücken, das sei auch ein Problem. Es könnte unter der Leitung eines Regierungsbeauftragten in den Gemeinden eine Kommission von etwa 2 Mann gewählt werden, die dann diese Lösung durchzuführen hätten. Jeder müsse in Stosstrupps gewisse Stunden arbeiten. Mit dem Arbeitslager werden die Leute ausspringen und ins Ausland gehen. Auch Lehrlinge und alles müsse herangezogen werden. Auch die Mädchen sollen herangezogen werden. Wenn man mit Ruhe und Vernunft die Sache packe, gehe es so auch.

[Rudolf] Matt unterstützt die Ausführungen Bühlers. Es gäbe viele Leute, die ihren Sohn selber brauchen. Mit Stosstrupps lasse sich das machen. Das Wort Knecht sei das niedrigste, was sich die jungen Leute denken. Die Anbauschlacht werde so geschlagen werden könne und die jungen Leute seien nicht zum Viehzüchten und zum Mästen der Bauern da. Der Bauer habe heute Preise, dass er einem Knecht auch einen richtigen Lohn zahlen könne. Er würde jedem gewisse Arbeitsstunden vorschreiben. Es sei nicht notwendig, dass ein Bauer soviel pflanze und die jungen Leute um wenig Lohn ihm arbeiten müssten.

Dr. Schädler glaubt, dass der Dessertation [Desertion] ohne weiteres Einhalt geboten werden könne. Er wendet sich gegen die Auffassung, dass das Knechten auf der untersten Stufe stehe. Die Arbeit sei ehrenwert. Es müsse aber etwas Ganzes gemacht werden, denn die Situation sei ernst genug.

Präsident [Anton Frommelt] glaubt, dass man mit der Lösung Bühlers auch nicht ganz zum Ziele komme. Viele Leute werden drausspringen. Dass die Mädchen auch herangezogen werden, sei nicht von der Hand zu weisen. Es müsse eine ganze Lösung gefunden werden. Wenn eine im Frühjahr versage, stehe man wieder blamiert da.

[Josef] Sele glaubt, dass es auf freiwilliger Basis nicht gehe.

Brunhart Louis bucht den letztjährigen Misserfolg auf die vielen Ausnahmen, die gemacht worden seien. Hier müsste ganz radikal vorgegangen werden.

Präsident verweist auf die Tatsache, dass einer schon einen Knecht angestellt habe und er selber dann auf den Verdienst gegangen sei, auch das dürfte nicht mehr vorkommen.

Bühler: Er sei nicht gegen den Arbeitsdienst, aber es fehle bei uns die Exekutive, es lasse sich nicht durchführen.

[Johann] Wachter glaubt, dass man ohne Lager nicht auskomme.

[Franz Xaver] Hoop tritt dafür ein, dass auch keiner von diesen dann mehr auf die Alpe dürfe.

Sele regt an, dass die Bauern einen erhöhten Taglohn zahlen für Arbeiter.

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[1] LI LA LTP 1941/065. Vgl. etwa die Protokolle der Konferenzsitzungen des Landtags vom 7. März 1941 (LI LA LTP 1941/005) und vom 23. April 1941 (LI LA LTP 1941/007).