J. G. Rheinberger bittet seinen Bruder Anton, ihm seine ersten Kompositionen abzuschreiben


Brief J. G. Rheinberger an seinen Bruder Anton Rheinberger


Feldkirch, den 22. Januar 1850
Lieber Bruder!

Das Glockenspiel, die 2 Paar Hosen u. die Schnupftücher u. Apfel habe ich richtig erhalten, u. sage für das erstere dir, für das andere aber der Mutter meinen innigsten Dank.-

Ungefähr vor 14 Tagen war ein Concert; es wurde von einer ausgezeichneten Musikgesellschaft aus Carlsbad gegeben, aliwo ich wieder Gelegenheit hatte, 3 ausgezeichnete Musikanten zu hören, den 1ten auf der Flöte, den 2ten auf dem Waldhorn, u. den 3ten auf der Violine. Die ganze Gesellschaft bestand aus 2 Violin, einer Flöte, ein Clarinett, 2 Horn, eine Viola und ein Violon. Ich durfte frei eintreten. Das Concert dauerte bis 1/2 12 Uhr Abends. -
Also Schneider Fischer fort? Was macht Hannibal?
Ist es Spass oder Ernst, dass der Vater 2 Pferde gekauft hat? Dem Vater kannst du sagen, dass ich den Hr. Chorreg(enten) [1] gefragt habe, was ich als Gegenstück auf Wettlers. "Et incarnatus est" componiren soll; er antwortete kurz: "Du kannst noch warten." (wahrscheinlich, well er übel gelaunt war).
Demungeacht, u. ohne sein Wissen, habe ich Variationen componirt für 6 lnstrumente nämlich: 2 Violin, 2 Horn, 2 Clarinett, eine Viola und Violoncello, wie du es finden wirst, u. bitt dich, sie einzeln abzuschreiben, die Horn (mit Corni bezeichnet) schreibe beide zusammen (so wie ich auch), u. überschicke es sodann Herrn Wettler. Letzten Sonntag war ich bei Beicht und heiliger Kommunion. Grüsse mir alle u. ich verbleibe dein dich liebender


Bruder Joseph


NB Gelt, ich habe gesudelt, schreibe mir bald. Schreibe die Variationen für Wettler ab bis zur IIten Variation und mit dieser warte, bis ich hinaufkomme.

 

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[1] Chorregenten = Philipp (Max) Schmutzer (1819-1867), Chorregent und Musikdirektor in Feldkirch, Lehrer Josef Rheinbergers.