Julius Maier zeigt sich betrübt über die Stipendiumsangelegenheit für Joseph, welche auf einige Zeit verschoben ist.


Brief Julius Maier an Vater Johann Peter Rheinberger
10. Juni 1854, München


Verehrtester Herr Rentamtmann!
Ihr verehrliches Schreiben hat mich recht betrübt, indem die Stipendiumsangelegenheit für Joseph nun auf einige Zeit verschoben wird.
Hoffentlich werden Sie recht bald von der lästigen Revision befreit werden und dann die Sache betreiben können. Sollten Sie in dieser Angelegenheit irgend welche Auskunft oder Beihülfe wünschen, die in meinen Kräften steht, so rechnen Sie sicher auf mich: ich halte es für Pflicht, für Josephs Fortkommen alles mir Mögliche zu thun!
Sollte es Ihnen möglich werden, Joseph nach Ablauf dieses Schuljahres (Juli) noch etwa 1/2 Jahr oder gar 1 Jahr hier zu lassen, so würde das für seine Laufbahn von dem unberechenbarsten Vortheil sein.
Er wird dieses Jahr mit dem sogen. Schulunterricht fertig; es wäre aber nun unerlässlich nöthig, dass er unter den Augen eines tüchtigen ehrsamen Meisters grössere Compositionen entwirft und durchbildet (dazu hat er hier bei Professor Leonhard und bei Generalmusikdirector Lachner Gelegenheit) und diese theilweisse auch hören kann.
Ebenso nöthig ist ihm gerade jetzt das häufige Anhören guter Musik. Ersteres beides ist ihm hier möglich und ich bin überzeugt, dass sich Hr. Generaldirector Lachner sehr für ihn interessiren wird.

Sollte aber Joseph unmittelbar nach Schluss dieses Schuljahres genöthigt sein, in Vaduz Unterricht zu ertheilen, so ist, ich muss Ihnen das wiederholen, seine künstlerische Zukunft sehr in Frage gestellt.
Mit dem aufrichtigen Wunsche, Sie möchten diese Zeilen nur meiner herzlichen Theilnahme für Ihr Kind zuschreiben, grüsse ich Sie.
Ihr ergebenster Julius Maier. München, 10. Juni 1854

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