Josef G. Rheinberger erkundigt sich bei seinen Schwestern, wie es ihnen geht.


Brief Josef Rheinberger an seine Schwestern
12. Juni 1854, München


Am Matscherle, Lisi, der Muatter und der Seffa a Briafle von München. Am Matscherle! O noch as Briefle.
I muass doch noch luaga was s' Matscherle noch alls thuat, denn es hätt mer scho lang nümma gschreba. Duast flissig Tholätera 'schlaga' und net rära dabei? Was duat den s' Lisi dem muass i oh noch schriba[1].
Lise! warum hast du mir nicht mehr geschrieben, ihr habt ja doch mehr Zeit als ich, und ich hab es so gern, wenn man mir schreibt, als ihr. Wenn ich diess Jahr zu Hause komm und du wieder in der Alp bist, so pass auf, dann gehe ich auch schnurstracks hinein und bleib bei dir, so lange du kochest.-

Letzte Tage war ich in Türken- und Seefeld, hab der gräflichen Familie vorgespielt, jetzt 'gibts in Seefeld bald a jungs Gräfle.'
Redet dem Peter doch zu dass er auf die Industrieausstellung gewiss kommt.
'Sesseledadm [2]' für die liebe Mutter und Seffa.
Aber die Federa got nümma, und i mag o nümma meh [3].
Gott befohla! Jos. Rheinberger."

______________

[1] Uebertragung: Dem Matscherle, Lisi, der Mutter und der Seffa (Josefa) ein Briefchen aus München. Dem Matscherle.' Auch noch ein Briefchen. Ich muss noch schauen, was das Matscherle noch alles macht, denn es hat mir schon lange nicht mehr geschrieben. Schlägst Du auch immer fleissig die Tonleitern und weinst nicht dabei? Was macht denn Lisi, dem muss ich auch noch schreiben.
[2] 'Sesseledadm' = das Wort, das auch in anderer Schreibweise wiederkehrt, scheint romanisch zu sein. Eine Erklärung konnte nicht gefunden werden.
[3] Aber die Federa got numma, und i mag o nümma meh = Aber die Feder geht nicht mehr und auch ich mag nicht mehr.