Josef G. Rheinberger erzählt, dass seine eingeschickten Zeugnisse gut gefallen haben und seine Motette im Museum vom Oratorienverein aufgeführt worden ist.


Brief Josef G. Rheinberger an seine Eltern
4. Dezember 1855, München


Theuerste Eltern!
Da ich auf heute einen Brief von Ihnen erwartete (was jedoch. Vergebens war).so schreibe ich erst jetzt. - Meine Petition wegen Kleider scheint, nach David's Brief an Peter nicht durchgegangen zu sein. -
Hr. Prof. Maier schrieb mir gestern folgenden (beiliegenden) Brief; meine Zeugnisse sollen (laut Privatbericht) dort sehr gefallen haben, auch sei mein Name dort nicht unbekannt (?), wie, wusste Maier und ich nicht. -,
Ich freue mich auf die Preisaufgaben wenn sie nur bald gestellt würden! -

Meine Motette ist im Museum vom Oratorienverein aufgeführt worden, wie Sie, bester Vater! aus den beiliegenden Programmen ersehen können. (mein Name wurde nicht recht gedruckt). Sie erhielt am meisten Beifall; schon in der Probe
wurde ich gerufen. -
Peter ist sehr fleissig; er lasst bitten, ihm seine Gage auf Neujahr zu schicken, da er viele ausserordentliche Ausgaben habe; der David soll an seiner statt Hr. Vetter Oberförster wegen seiner kindlichen Kleinigkeiten gratuliren; er werde dem David dafür ein Christkindl schicken. -

Wir haben kalten, schönen Winter und gute Schlittbahn. Hr. Prof. Schafhäutl lasst Alle grüssen. - Wie geht es Hr. Wolfinger in Balzers und dessen Bruder? Ist er noch krank? Ist Peter's Urlaub noch nicht eingetroffen? Sind Sie, theuerste, beste Eltern! immer gesund? wir sind es, Gott sei Dank, immerfort. -
Was macht der Toni und die Seffa? Mali und Lisi müssen mir bald schreiben. -

Was macht die liebe Mutter? man schreibt mir gar so wenig von Ihr. - Bei Lachner bin ich oft. (Hier schicke ich, weil ich es gerade bei der Hand habe, dessen vortreffliches Portrait, einem hiesigen Blatte entnommen). Nun weiss ich nichts mehr. -
Sie, beste Eltern! herzlich grüssend, verbleibe
ich Ihr dankschuldiger Sohn

Jos. Rheinberger
4.12.55, München

______________