Josef G. Rheinberger erzählt seinem Bruder, dass er an der gestellten Aufgabe von der Mozartstiftung in Frankfurt arbeite.


Brief Josef G. Rheinberger an Bruder Anton
6. März 1856, München


Lieber Bruder! Kaum hatte ich das Paquet fortgeschickt, kam von Leipzig der Ite Band "Papparbeiten von Leischner". Der IIte Band sei bereits vergriffen, also nicht mehr zu haben. -

Soll ich ihn Dir gleich schicken, oder warten, bis ich mehr zu schicken habe? Wie bist Du mit der Waare zufrieden, die ich Dir schickte?
Dem lieben Vater sage: dass mir letzthin die Aufgabe von Frankfurt gestellt worden sei, und zwar brieflich. Ebenso war von Hr: Lachner ein Brief beigeschlossen, welcher den zu componirenden Text enthielt. Ich arbeite bereits an der Aufgabe. -
Herr Begger, Kloster=Musiklehrer von Disentis, welchen Peter und ich daselbst kennengelernt, hat uns dahier besucht, sagte, er wolle hier ins Conservatorium gehen; und ist vor 8 Tag hier am Schleimfieber gestorben! - - -
Der Peter sagt, man solle ihm seine Fragen bald beantworten. - Mein lieber Bruder! schreibe mir recht bald, wie [Du] mit meiner Sendung zufrieden bist, wie es Dir und Deinem Geschäfte ergeht, und wie's in Vaduz überhaupt steht. Ist die liebe Mutter immer gesund? ich lasse sie herzlichst grüssen. Was macht Hr: Hofcaplan Fetz? Meine Empfehlung! (Nicht zu vergessen: Befola z' grütza [1]!) -
Das Wetter war hier herrlich bis heute, wo es ein wenig schneit.
Der Peter wird jetzt "förchtig gschied"[2]. Gestern hat er mir von einem Gestirn erzählt, das aus gar keinen Sternen bestehe; und da ich's ihm nicht glaubte: hat er g'schimpft wia Rohrspätzle, was sehr fidel war. Hä, mänst net o [3]? - -
Grüsse mir alle Bekannte, welche nach mir fragen; bleibe gesund, lebe wohl, und schreibe bald Deinem Dich liebenden Bruder
Jos. Rheinberger.
München den 6.3.56.

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[1] Befola z'grütza = Befohlen zu grüssen (Redensart der Mutter, vgl. S.201/Z.33ff.)
[2] "förchtig gschied" = fürchterlich gescheit
[3] Hä, mänst net o? = He, meinst Du nicht auch?