Josef G. Rheinberger erzählt enttäuscht dem Vater von der Absage der Mozartstiftung für ein Stipendium.


Brief Josef. G. Rheinberger an seinen Vater
19. Juni 1856, München


Theuerster Vater!
Hiemit sende ich Ihnen Antwort aus Frankfurt, die, wenn auch ehrenvoll genug, doch nicht das Gewünschte enthält. Eine Abschrift davon zeigte ich den Herren Lachner, Schafhäutl und Maier, natürlich mit Auslassung der 5.-8. Zeile auf der 2ten Seite des Briefes. Man rieth mir allgemein an, dem Anerbieten des Mozart=Vereins Folge zu leisten; demnach werde ich dieser Tage dahin schreiben. Die ganze Geschichte hat mich auf lange Zeit verstimmt. -
Hr: Maier ist nicht mehr Professor am Conservatorium, sondern bei der Kgl: Hofbibliothek angestellt, wie ich höre, mit bedeutendem Gehalt, was ich ihm herzlich wünsche.

Es freut mich sehr, wenn David kommt. Das Mali schreibt mir nur immer, bevor ich nach Hause komme, es weiss schon warum, aber so pfiffig bin ich auch. Ich werde ihm einen ganzen Pack Musikalien mitbringen.
Von Berlin hat mein Dichter noch keine Antwort. - Ich habe wieder eine Menge Sachen in Arbeit, worunter auch die Musik zu Schiller's "Jungfrau von Orléans". - Für die Fakanz (vielleicht auch etwas länger;) Arbeit genug. -
Hr: Lieutenant Menzinger war auf einen Tag hier. Es hat mich sehr gewundert, wie Gotta Sepp [1] auf den Einfall kam, mir zu schreiben. Ich werde ihm auch schreiben; sowie ebenfalls an Hr: Schmutzer. -
Ich freue mich sehr, Theuerster Vater! Sie, und alle uns Angehörigen baldigst, und, so Gott will, recht wohl und gesund zu sehen, welche Hoffnung wohl nicht vereitelt werden wird, wie die Eingangs meines Briefes? Euer dankbarster Sohn
Jos. Rheinberger.
München, den 19.6.56.

(Der Mutter viele, viele Grüsse !!!)

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[1] Gotta Sepp = Gotta mundartl. für Patin, Sepp ist vermutlich der Mann der Patin.