Josef G. Rheinberger schickt eine Kostenauflistung der bestellten Bücher.


Brief Josef G. Rheinberger an Bruder Anton
18. Dezember 1856, Vaduz


Lieber Anton!
Davids Brief zufolge bist Du auf mich (el) böse, well ich Die Deine Bestellungen so la------- nge nicht schicke, auch glaubst Du, ich hätte Dein Geld verlangt; (sehr schmeichelhaft für mich!) Erstens musst Du wissen, dass ich viel zu thun habe und die Bestellungen in I/II Tagen nicht abgemacht werden konnten; auch sind Deine Vieh=löthen (Fileten) schon la-------nge bei Wimmer bestellt; ich bekomme sie erst nach Wein=8ten. Von der G. Lorenz'schen Schriftsetzerei komme ich soeben und bringe Dir ein Preuss=Kuh=Rant (zen) mit, welches ich beilege. Du kannst es behalten, nur ist es gut, dass Du, wenn Du die Wahl getroffen, mir die gewünschten Lettern so genau als möglich bezeichnest, damit Du nicht die Unrechten bekommst. -
Das Buch der Erfindungen beiliegend. Es enthaltet 7 Lieferungen a 18+er = 2 fl 6+er in einem Bande. Die Buchdecken sind nicht so billig, als Du glaubst. Das Dutzend kostet 3 fl, daher habe ich vorerst zur Probe 1/2 Dutzend zu 1fl 30+er beiglegt. Verzierene babe ich noch keine bekommen können. Die Schnitzer, Vieh=Löthen und schriftgegossene=Schreib= Schrift=Lettern werde ich Dir dann zu saamen nach Hause schicken.
Dass Euch die Kochlerjobben [1] nicht gefallen, thut mir leid!!!
"       Ihr Euch etwas anderes darunter vorgestellt, " "     "   !
"         "   zu Euren brrreiten Buckeln die Maasse
                                                   nicht geschickt,   "    "      "  !
"         "    nicht wisst, dass die Joppen zu weit
                  und nicht anschliessend sein sollen,    "    "     "   !
"         ich Davids Schlinge [2] nicht beigelegt, son-
          dern darauf vergessen habe,                     "      "     "  !
"        ich noch keine Anstellung mit 10,000 fl
                                                              habe,      "       "   sehr"!

                                                                        Summa 6 Leider!

Toni's Buch und Bücher=Zettel kosteten zusammen 3 fl 36+er,
also habe ich noch 16 fl 24+er von Deinem Gelde zu Deiner Verfügung.
Ich habe nun nur zwei Schüler mehr, dem ersten gebe ich 2, dem andern 3 Stunden wöchentlich,
Summa 5 Stunderer.
Der andere Schüler war schon gescheid genug und ist nach Würzburg gereiset.
(Schiller I. Band Seite 117)
"Von Mannheim noch keene Nachrichter" dies diene zur Nachricht.
Seit ich hier bin habe ich componirt: ein Streichquartett, eine gr. Klaviersonate, einen 8stimmigen Psalm, den Klavierauszug von "Jephtas Opfer", eine Ouverture zu Schiller's Fiesko. (Wenn ich einmal zu viel Geld habe, lasse ich die Stimmen ausschreiben und bringe sie zur Aufführung im Privatmusik=Verein. Bei Kaulbach war ich bisher noch nicht.
(Ovid II. B. pag: 23)
Schreibe mir bald wegen den Lettern. -
Ist Lisa mit dem Hut zufriedener als die Kochler? Ich hätte aber auch nichts dagegen (gewiss nicht!) wenn sie diese Kopfbedeckelung bezahlen würde. (Wenn es hier schneit, so schneit es schneeigen Schnee!) Jetzt läutet es Mittag, Perstenfeld's Locomotiv schnaubt über die Treppe, und ich habe Appetit! Noch diesen Schluck Bier, - Druck - jetzt ist's vorüber. Wohl gespeisst zu haben! Wie geht es in Vaduz? Die Läden sind auf Wein8ten so schön und honorieuse als wie noch nie, ausgestattet. Samiklos! (die schönen Tage von Aranjuez sind vorüber). Letzthin fragte mich im Oratorienverein ein junger Herr, ob ich mit dem kleinen zornigen Menzinger der in Lautrach gewesen, bekannt sei*. (*Er war bei ihm im Institut, und wusste, dass Menzinger und ich, beide aus Liechtenstein sind). Er meinte den Winck, wi, wie, wie geht es in Vaduz?
Prof. Leonhard heirathet nun auch.
(Kehr um!)
Hiemit schleusse (Bühel Hiltis Schloss [3]) ich den Brief und lasse unsere liebenEltern und Davidseffalisimalipeter herzlichst grüssen; wenn ich über Wianächta dahäm war, hett a dar noch viel z'säga. Wüsch a glöckselig's neu's Johr [4]!
Ich befinde mich immer Dein Bruder
Jos. Rheinberger.
Vaduz den 18.12.56

(NB. Weisst mir rappelts manchmal im Kopfe.)

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[1] Kochlerjobben = Lodenjacke
[2] Schlinge = gestrickte Halsbinde
[3] (Bühel Hiltis Schloss) = Hausname in Schaan, Schloss = Anspielung auf die Ueberreste des römischen Kastells, auf dessen Gebiet das Wohnhaus der Bühel (oder Büchel) Hilti stand?
[4] wenn ich über Wianächta... = wenn ich über die Weihnachtstage zuhause wäre, hätte ich dir noch viel zu sagen. Ich wünsche ein glückseliges neues Jahr!