Josef G. Rheinberger erzählt dem Vater von seinen Aufführungen.


Brief Josef G. Rheinberger an seinen Vater Johann Peter Rheinberger
30. Januar 1857, München [1]


Theuerster Vater!
Soeben erhielt ich durch Ihre väterliche Güte 50 fl, welche ich Ihnen auf Ihren Wunsch sogleich anzeige. Anfangs März wird eine grosse Ouverture von mir im Privatmusikverein aufgeführt. Von Mannheim habe ich leider gar keine Nachricht. Prof. Leonhard will ein Streichquartett von mir im Conservatorium aufführen. Es fehlt hier an einer Gelegenheit etwas von sich überhaupt aufgeführt zu hören, darüber beklagen sich alle jüngeren hiesigen Componisten, deren es hier mehrere recht gute gibt. Da heisst es zuwarten und zuwarten ohne Ende. Mit General=Director ist in diesem Punkte nicht gut reden. Er führt nur ältere, aber ausgezeichnete Werke auf und ist davon nicht abzubringen. Ich war bisher im Punkte der Aufführungen von einigen Compositionen noch einer der glücklichsten der hiesigen jungen Componisten. -
Die Stimmen zu meiner Messe rnuss die Ludwigskirche bezahlen, und da diese die ärmste, folglich sparsamste der hiesigen Kirchen ist, so dauert es so lange wegen der Aufführung. Seitdem Depröss wieder hier ist, bin ich nicht mehr zur Ludwigskirche gerufen worden. (Sein Vater ist ein guter Freund von Pentenrieder und sieht wahrscheinlich seinen Sohn lieber dort als mich, und er hat auch Recht). Übrigens stehe ich mit Pentenrieder auf sehr gutem Fusse. Die Beiträge samt Orat.-vereinsgehalt bringt Perfall alle Monate zu Hr. Maier (bei welchem ich oft zu Tisch geladen bin) mehr weiss ich nicht davon. - Hat Lisi seine Bestellung erhalten, warum keine Antwort? und Toni?
Ich werde nun wieder eine Stunde bekommen zu 36+r und zwar durch Hr. Schafhäutl. (Jetzt ist es 3/4 auf 2 Uhr, um zwei Uhr muss ich Stunde geben, daher die schlechte Schrift). Theuerster Vater! Leben Sie wohl und grüssen Sie die liebe Mutter von Ihrem dankbarsten Sohne

Jos. Rheinberger.

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[1] Datum des Poststempels