Josef G. Rheinberger schreibt seinen Eltern, dass die fragliche Professorenstelle des Conservatoriums vorerst nicht besetzt werden würde.


Brief Josef G. Rheinberger an seine Eltern
3. Oktober 1858, München


Theuerste Eltern!
Ich hoffe, dass Hr. Oberförster und Hr. Adjunct glücklich nach Vaduz zurückgekommen und meine herzlichen Grüsse an Sie ausgerichtet haben werden; auch, dass sie Ihnen von unserer Reise und lustigem Beisammensein in München Bericht erstatteten.
Ich befinde mich, Beste Eltern! wohl und zufrieden. Gestern habe ich das Schulmeistern wieder aufgenommen und hoffe genug Schüler zu bekommen. Von meinen Bekannten traf ich hauptsächlich Hr. Leonhard und Hr. Maier an - Schafhäutl ist gegenwärtig gar nicht hier. In Bezug meiner Angelegenheit vernahm ich, dass - da durch Erhöhung des Unterrichtshonorars die Anzahl der Conservatoriumseleven sich bedeutend verminderte, die fragliche Professorenstelle vorerst nicht besetzt würde. W. Briem äusserte bei seinem letzten Besuche, dass er auch das volle Honorar von 100 fl bezahlen müsse.
Letzte Tage wurde mir die Stelle eines Klavierlehrers bei Fürsten Thurn und Taxis in Regensburg angetragen (auf 2 Jahre, mit jährlich 600 fl) Hr. Prof. Maier bewog mich, sie abzulehnen, weil man in Regensburg dem eigentlichen Musikleben entfremdet würde, weil man von diesem Posten jeden Augenblick entfernt werden könne, und man allenfalls auf Kleidung allein die Hälfte dieses Gehaltes verwenden müsste. Ich bleibe jedenfalls lieber in München. Ist Peter schon in Vaduz? Er soll mir bald einmal schreiben.
Ich wohne wieder bei Perstenfeld's, welche Sie, Theuerste Eltern grüssen lassen. -

Der Chordirector der Theatinerkirche war mit meinem Orgelvertreter äusserst unzufrieden, und war sehr froh, als ich wieder kam.
Das ist so ziemlich alles, was ich Ihnen zu berichten habe. Heute (Sonntag) Nachmittag 2 Uhr beginnt das Oktoberfest auf der Theresienwiese, und da dasselbe vom herrlichsten Wetter begünstigt ist, werde ich, sobald dieser Brief in einem Briefkasten liegt, mich dahin verfügen.

Ich hoffe auf einen baldigen Brief von Ihnen. Dem Lisi, Mali und hauptsächlich David werde ich auch bald schreiben. Indessen verbleibe ich, Geliebteste Eltern! Ihr dankbarster Sohn
G.J. Rheinberger
München, 3.Okt.1858.

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