Josef G. Rheinberger informiert seine Eltern über den Besuch von Herrn Schraml, welcher Finanz-Secretair in Hermannstadt ist.


Brief Josef G. Rheinberger an seine Eltern
4. Dezember 1858, München


Theuerste Eltern!
Das Wichtigste, was ich Ihnen in diesem Monat mitzutheilen habe, ist, dass mich Herr Schraml besuchte. Das war unerwartet! Hr. Schraml ist gegenwärtig Finanz-Secretair mit 1200 fl Gehalt in Hermannstadt. Er kam mit seiner Familie (Frau und 4 Kinder) nach Innsbruck, um selbe dort bei seinem Schwiegervater überwintern zu lassen. Seine alte Mutter blieb in Hermannstadt. Von der Marie erzählte er, dass sie sein eigenes Kind, nicht das seiner Schwester, (welche sich in Pesth sehr unglücklich verheirathete) sei. In Innsbruck traf er Hr. Nagiller, von welchem er erfuhr, dass ich mich seit Jahren in München aufhielte - da kam er auf Besuch herüber. Er schickt an Sie, Beste Eltern! viele 1000 Grüsse, und lasst Ihnen sagen, dass es ihn freuen würde, von Ihnen ein Schreiben zu erhalten. Seine Adresse: Hr. W. Schraml, k.k. Finanz- Secretair in Hermannstadt, Siebenbürgen. Er blieb 1 1/2 Tage hier und fuhr dann über Würzburg, Dresden etc. nach Hause.


Peter's Kochler-Joppe hat in Weesen so gefallen, dass ich schon Bestellungen für drei Weitere bekam.
Toni's, Lisi's und Matscherli's Briefe habe ich erhalten, und werde sie bei Gelegenheit beantworten. Inzwischen sollen sie mit den herzlichsten Grüssen vorlieb nehmen.

Nachträglich habe ich noch zu bitten, einen Gruss von Hr. Schraml an Hr. Schmutzer gelangen zu lassen, obschon er mir keinen aufgetragen. -
Ich habe mit Stunden so viel zu thun, dass mir kaum mehr die Abende zum componiren bleiben. Doch liess ich vor etwa 8 Tagen im Privatmusikverein eine Ouverture aufführen. Welchen Eindruck hat der Tod des Fürsten Alois in Liechtenstein gemacht? Ich ware sehr begierig etwas darüber zu vernehmen. Hr. Pfarrer Wolfinger meinen Gruss. Wie geht es Ihnen, Beste Eltern! - Sie befinden sich doch immer wohl? Mir geht es gut - obschon ich lieber componiren als Stunden geben würde. Nun leben Sie wohl, und erfreuen Sie bald mit einem Briefe Ihren dankbaren Sohn
G.J. Rheinberger.
München, den 4.12.58.
Abend 9 Uhr.

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