Josef G. Rheinberger berichtet, dass er Prof. Schafhäutl und Maier weniger sehe und auch Hr. Pf. Wolfinger von Türkenfeld schon lange nicht mehr gesehen hat. Er habe sich einen Frack gekauft.


Brief Josef G. Rheinberger an seine Eltern
Faschingsdienstag [8. März] 1859, München


Theuerste Eltern!
Ihr letztes Schreiben vom Februar hat mich umsomehr gefreut, als dadurch ein längeres Stillschweigen von meinen lieben Angehörigen in Vaduz unterbrochen wurde.
Sie fragen mich, warum ich nichts von den Hr. Schafhäutl und Maier schreibe. Einfach dewegen, weil ich nichts im Besonderen mitzutheilen habe; ich stehe mit beiden auf dem nämlich guten Fusse wie früher, nur erlaubt meine kurz zugemessene Zeit nicht mehr, sie so oft als früher zu besuchen. Hr. Maier hat mir erst gestern einen Gruss an Sie aufgetragen. Hr. Pf. Wolfinger von Türkenfeld kommt nie nach München und, dass ich auf nur einen Tag von hier fort könnte, daran ist nicht zu denken; daher kommt es, dass ich ihn so lange nicht mehr gesehen. Das Letzte, was ich von ihm gehört, war ein Gruss, den er mir geschickt. Da ich ihm jedoch unlängst geschrieben, hoffe ich auch auf eine baldige Antwort von ihm zu vernehmen. Wenn mich irgendein Vorwurf ungerecht trifft, so ist das der, dass ich mich irgendwie undankbar gegen ihn benehme, das dürfen Sie mir, Theuerste Eltern! glauben. Anbei Mali's Musikalien. Der Toni soll ihm das "Pianoforte-Album" schön einbinden, wenn er nämlich gerade bei schönem Wetter (guter Laune) ist. -
Dem Hr. Lehrer Hinger [1] lege ich das Versprochene bei und mache es dem Kirchenmusikchore zum Präsent. -
Mir geht es gut, nur habe ich das Stundengeben bald satt - habe auch öfter an Kopfweh zu leiden.
Nun habe ich mir auch einen Frack für 20 fl angeschafft, und zwar einen, dass David gewiss tauschen möchte.
Wann kommt unser Fürst nach Liechtenstein zur Huldigung? Da wird sich der David mit seinem neuen Frack nicht wenig brüsten! Wird Peter Oberlieutenant werden? Er hat mir auf meinen letzten Brief noch nicht geantwortet. Wird er mich nach seinem Versprechen im Frühjahr hier besuchen? Haben Sie, Bester Vater! Hr. Schraml geschrieben? Er hat sich ja so sehr nach Ihnen erkundigt.
Nun wird es dunkel und da es zum Licht anzünden noch zu früh und ich auch nichts mehr weiss, so schliesse ich mit der Versicherung für immer zu verbleiben Ihr dankbarster Sohn
G.J. Rheinberger.
München, Faschingsdienstag 1859.

NB. No.1. Wagus treibt sich wieder hier herum, ich habe ihn jedoch noch nicht gesehen.

NB.No.II. Grüsse an gar Alle !!!

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[1] . . .Lehrer Hinger lege ich das Versprochene bei... = vermutlich die Vesper in Es-dur, JWV 104, (für kleine Landchöre) zu 4 Singstimmen und Orgel, die Rh. im August 1858 in Vaduz komponiert hatte.