Franziska von Hoffnaaβ freute sich über David Rheinbergers Brief, und erzählte ihm von ihren Tätigkeiten.


Brief an David
21. April 1867, München

München, 21.IV.67

Lieber Schwager!

Mit herzlicher Freude habe ich Ihren lieben Brief aufgenommen und will nicht säumen, Ihnen dafür meinen besten Dank zu sagen.

Die Ankunft der Papiere wurde von 'ihm' (den ich Kurt nenne, Sie würden errathen auch ohne es zu wissen) mit Jubel begrüsst und uns überreicht, als ich eben gestern beim Frühstück war. Wenn kein wesentliches Hindernis kommt, so ist nun der 'ernste Tag' für nächsten Donnerstag fest gestellt, da die Geschäfte geebnet sind, Dank Ihrer schleunigen Befolgung.

Kurt und ich fuhren gestern zum Notar und von da ins Freie, zu dem Kirchlein nach Harlaching, wo eine eigenthümliche Kunstatmosphäre weht, da vor mehr als hundert Jahren dort ein berühmter Maler seine Heimath aufgeschlagen, um, wie man sagt, Sonnenauf- und Untergang zu studiren. Nun sagen Sie selbst lieber Schwager, kann man einen bessern Ort zu dieser feyerlichen Handlung wählen, als dort, wo man 'Sonnenstudien' machen kann - oder wird Ihnen am Ende bange, dass Ihr Brüderchen eine überspannte Frau bekommt, nach obigen Äusserungen zu schliessen?

Sehen Sie, nun habe ich Sie auch ein bischen geneckt, da Sie mir schrieben, Sie fürchteten den Spott geistreicher Frauen. Könnten Sie mein lustiges Gesicht sehen, während ich dieses schreibe, so würden Sie mir ganz nett Ihre Hand geben und wir wären für immer gute Freunde.

- So sehe ich es in Gedanken.

Heute Nachmittag 2 Uhr waren wir in Begleitung Hauptmann v. Schelhorns und eines jungen Stieler, welcher für heute Stellvertreter von Professor Schafhäutl war, auf dem Pfarrhofe um unsere Verlobung zu feiern. Wir reichten uns die Hände und gelobten uns für ewig Treue. -

Kurt kam heute in tiefem Ernste zu mir! Er sagte, er habe die Nacht nicht schlafen können, so gewaltig sel ihm die Verantwortung und der Ernst dieses Schrittes erschienen - er sel aber selig. Gerade so, wie er es meint, soll diese Handlung genommen werden - diese Auffassung macht ihm alle Ehre. Gott wird uns beistehen, dass wir fest bleiben in alle Zukunft - ich fühle auch mit aller Macht meiner Empfindung und Erfahrung, welche Mission ich unternommen habe und hoffe, dass ich die Kraft habe, sie durchzuführen.

Heute Abend wird meinem künftigen Männchen von seinen Freunden ein Junggesellen Abschiedsfest gegeben - wenn er nur morgen kein Kopfweh davon hat.

Beiliegenden Brief an Schwester Lisa bitte ich Sie freundlichst zu übergeben. Ich schrieb ihn schon vorgestern Abend, er blieb liegen, weil inzwischen die Papiere kamen und sich die Geschäfte drängen. -

Dass ich es warm erstrebe zwischen meinen Eltern und Kurt die besten Beziehungen zu erhalten, können Sie glauben. Es handeit sich hauptsächlich um die Besorgniss meiner Mutter wegen unserer Gesundheit. Die Sache ist ernst in jeder Hinsicht und Gott wird uns hoffentlich nicht verlassen. Kurt benahm sich in der schwierigen Lage äusserst taktvoll.

Den lieben Eltern 1000 Grüsse.

Ich bitte Sie inständig um Ihr Gebet und Ihren Segen - die Brüder und Schwestern um herzliches Vertrauen. Es grüsst Sie Ihre

innig ergebene Fanny.

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