Hedwig von Holstein schreibt an Franziska von Hoffnaaβ und bereitet darin einen Besuch in München vor.


Brief Hedwig von Holstein [1] an Franziska von Hoffnaaβ
24. September 1867, Tegernsee


Sehr geehrte Frau!

Schon wieder ein Blättchen aus dem Holstein'schen! - Ob es eine Doublette ist, weiss ich nicht einmal, da ich meines Mannes Zeilen, die er sich kürzlich erlaubte, an Sie zu richten, nicht gelesen habe. Er trug mir auf, Ihnen unsre Adresse zu schreiben: bei Herrn Postexpeditor Spenger in Tegernsee, In der unbescheidenen Voraussetzung, dass Sie uns tags vorher durch ein paar Worte oder durch den Theaterzettel die Aufführung oder die Absage des Lohengrin wissen lassen würden. Es kommt alles auf die unbezahlte Rechnung, die wir bei Ihnen stehen haben, und die wir höchst wahrscheinlich nie zahlen können. Wir trösten uns mit der Meinung von Ihnen, dass Sie überhaupt nicht rechnen, sondern mit vollen Händen austheilen, und gewöhnt sind, zu geben, mehr als zu nehmen. Tegernsee hat alle unsre Erwartungen übertroffen in Bezug auf den landschaftlichen Reiz. Ich für mein Theil hätte lieber in Egern bei den Bauern gewohnt, das ist nun so mein Specialgeschmack u. Zug der Sympathie, die Meinigen sind aber Städter u. haben eben eine sehr reitzende Wohnung in Tegernsee vorgezogen. Gestern sind wir ohne Weg u. Steg auf einen steilen Berg gelaufen, heute ist aber der Himmel, wie ich zu sagen beliebe, so tragisch, dass man jeden Augenblick eine grosse Kathastrophe erwartet und deshalb nichts unternehmen mag. Doch - das wird Ihnen in Ihrer Residenz sehr gleichgültig sein, verzeihen Sie diese abschweifende Mittheilung. Mit den besten Empfehlungen von den Meinigen an Sie, verehrte Frau, und Ihren Herrn Gemahl,

verbleibe ich mit grösster Hochachtung
Ihre ergebene
Hedwig von Holstein.

Tegernsee, d. 24. Sept. 67

Sollte kurz vorher die Oper abgesagt werden, so wäre ein Telegramm sehr erwünscht! Es macht Ihnen nur freilich doppelte Mühe! -

 

 

 

 

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