Franziska Rheinberger berichtet über Jos. Rheinbergers Gesundheitszustand


Brief von Franziska Rheinberger an David Rheinberger:

Den 26.1.73.

Lieber David!

Curt beauftragt mich, Euch nachträglich noch ein kleines Christkind zu schicken, nähmlich vier Gravuren [1], wovon eine dem Vater, eine Dir, eine dem Peter und eine dem Tony gehören soll.

Es geht ihm heute wieder besser und eben geht er mit dem getreuen Hunde in's Museum zum 'Zeitungsbildergucken' wie er sagt. - Der Arzt hat ihm diese kleine Zerstreuung erlaubt. -

Gestern war er den ganzen Tag zu Bette, da ihm die Morphiumeinspritzung stets etwas Betäubung zurücklässt. Maly, der ich gestern schrieb wird Dir erzählt haben, dass ich Buhl zu Rathe gezogen hatte und dass dieser die Behandlungsweise Dr. Mayers ganz lobte und uns Ruhe, Luft und gut Essen anempfohl. Was in meiner Macht steht, soll er bekommen. Sag nur der guten Mutter, ihr Sohn sei ein wahres Schatzkästlein von Geduld und Ergebung. Gerade in dieser Zeit ist es für ihn eine doppelte Prüfung so still auszuhalten, da an seiner Oper fortwährend studirt wird. Übrigens wird sie am Lichtmesstage [2] nicht Statt finden können, da einer der Hauptsänger eine Hals- Entzündung bekam, was mir heute Hofcapellmeister Levi mit grossem Bedauern sagte. Nun vielleicht ist es für Curt besser, wenn's noch ein paar Wochen dauert, obgleich ihn das Warten innerlich auch aufregt! -

Geduld - Geduld!! -

Maly wird Dir auch erzählt haben, dass Zenger von Carlsruhe wieder fort geschickt wurde. Er soll sich sehr ungeschickt dem Orchester und der Gesellschaft gegenüber betragen haben, so dass ihm der Grossherzog die Entlassung gab. -

Es ist jetzt für mich manchmal eine schwere Aufgabe, Curt immer lustige Sachen zu erzählen, die er doch immer gerne hört - da ist's gut, wenn er sich im Museum selbst Stoff holt. -

Lieber David Paramenten-Meister! Wird's noch nicht bald was mit einer Bestellung für die Vaduzer Kirche [3]? Die Geschichte Schafhäutl ist nicht gerade gegen Curt - ich glaube sie beruht mehr auf einer altmodischen, halsstarrigen Ansicht des allmälig sehr alternden Herrn. Leb nun wohl, lieber David, Curt grüsst Euch Alle von Herzen, ebenso Eure getreue Schwester

Fanny.

Curt will sich auf das neue Vaduzer Blatt [4] abonniren. Soll er es direkt thun, oder willst Du es für ihn besorgen? Lebwohl!

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[1] Vgl. Titelbild (Litographie um1870) in Band III.
[2] 2. Februar.
[3] Als Mitglied eines Parameter-Stickvereins hoffte Fanny auf eine Bestellung aus Vaduz.
[4] Nachdem im Oktober 1868 die "Liechtensteiner Landeszeitung" ihr Erscheinen eingestellt hatte, kam am 24.1.1873 erstmals die "Liechtensteinische Wochenzeitung" als "Amtsblatt des Fürstenthums" heraus