David Rheinberger berichtet von der neuen Kirche in Vaduz


Brief von David Rheinberger an Jos. Rheinberger:


Ich habe immer geglaubt, es werde von einem od. dem anderen Deiner musikalischen Freunde eine theilnehmendere od. anerkennende Recension /Deiner Oper/ in der Augsburger Allgemeinen erscheinen, denn die einzige, bis jetzt erschienene ist nicht sehr sympathisch u. scheint ihr jedes Lob Überwindung zu kosten. Ich habe von Schafhäutl od. von Riehl eine eingehende Besprechung erwartet. Der Text scheint aber wirklich nicht gelungen od. zu breit angelegt gewesen zu sein.

Nächstens sollen die Geschenke von der fürstl. Familie [1] für die hiesige Kirche ankommen, ich wurde gestern hiervon avisirt. Ich glaube, ich habe schon einmal Fany geschrieben, was wir alles bekommen, jetzt kommt noch ein Marienmesskleid dazu. Wie diese aussehen, weiss ich nicht. Seit Anfangs Mai sind Tischler u. Schlosser hier von Wien, um die ebenfalls von Wien gekommenen Kirchenstühle, Beichtstühle, Thüren und verschiedene Gitter aufzuschlagen u. einzurichten. Was von Wien kommt, ist halt besser als anderswoher u. wohlfeiler; wenn die Kirchenstühle hier und von einem hiesigen Meister gemacht worden wären, so wäre des Geschimpfes von oben herunter kein Ende geworden u. den Mann hätte man zum Lande hinausgejagt. Die Kirchenstühle haben eben die 2 kleinen Fehler, dass man nicht hinein kann (eine schwangere Frau schon gar nicht) u. wenn man drinnen ist, so kann man nicht knien; u. hier  ist das Volk während des Gottesdienstes an's Knien gewöhnt u. nicht an's Hocken wie in Österreich. Dann wird die Hälfte des Volkes kaum auf den Hochaltar sehen.

Altäre sind noch keine da, wann sie kommen, weiss ich nicht, wenn sie nicht besser ausfallen als die Stühle, so brauchen sie gar nicht zu kommen, damit man sich nicht von neuem ärgert. Dem Preis nach darf man nicht viel erwarten, denn was kann man um 6000 fl. für 3 Altäre von Wien erwarten, da die Stühle schon 8000 fl. gekostet haben! Es ist nur gut, dass nicht auch die Orgel in dieser Schandelbudik gebaut wird, da würde etwas schönes herauskommen. Hast du nicht erfahren, bis wann sie fertig sein wird? Kontraktgemäss sollte es Ende Juni sein, wird aber, denk ich, wohl später werden, sonst würde Herr Steinmaler eine Ausnahme in der Zuverlässigkeit machen. Wenn die Orgel bis September aufgestellt ist, ist es auch noch früh genug. Am meisten Anstände gibt es mit dem Ausmalen; denn die grauen Wände, wie sie sind, würden doch zu trostlos sich ausnehmen, wenn sie so bleiben sollten u. der Fürst will sich zum Ausmalenlassen nicht entschliessen, bis er die Kirche selber gesehen habe, u. das dürfte bei seiner Unentschlossenheit wohl noch lange hingehen. Aber er lässt sich in dieser Beziehung nicht drängen.

Gehst Du heuer nach Kreuth od. nach Wien. Bis wann gedenkt ihr herzukommen? Ihr solltet es doch so einrichten, dass Ihr heuer länger dableiben könnt, als früher.

Wie geht es denn auch mit Deiner Hand? Die wird jetzt doch wohl gesund sein. Seit Deiner anderen Krankheit im Winter habt ihr nichts mehr davon geschrieben. Wie geht es Fanny, ist sie gesund u. gut aufgelegt?

Wir sind gesund bis auf die Mutter, welche seit Toni's Hinscheiden an einem Schleimfieber leidet, aber jetzt Gottlob wieder auf Besserung  ist. Bettlägerisch war sie nie.

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[1] Fürst Johann II. von Liechtenstein hatte für die Anschaffung von Paramenten und kirchlichen Geräten 3185 Gulden bewilligt. Da jedoch von Mitgliedern der fürstlichen Familie verschiedene Geschenke dieser Art an die neue Pfarrkirche gingen, wurden nur 1919 Gulden für Ankäufe gebraucht.