Franziska Rheinberger versucht Johann Peter Rheinberger Trost zu spenden über den Verlust seiner Gattin


Brief von Franziska Rheinberger an Johann Peter Rheinberger:


Sonntag, Rosenkranzfest, München 5. 10.1873

Innig geliebter Vater!

So hat also Gott der Allmächtige die theure, geliebte Mutter zu sich in die ewige Heimath genommen!

Theurer Vater, welch eine harte Prüfung für Sie und uns Kinder - und doch, welch ein Trost, dass der theuren Mutter langjährige Leiden erspart blieben, wie sie hätten eintreten können. Heute ist das Rosenkranzfest, am heutigen Tage wollte die liebe Mutter=Gottes, zu der Sie so oft zusammen gefleht, die liebende treue Seele bei sich im Himmel haben!!-

Mein theurer Vater! Wir haben jetzt Alle im Himmel an der Mutter eine heilige Fürsprecherin; sie wird uns in allen kommenden Nöthen beistehn und unser nicht vergessen!

Mein armer Mann ist noch nicht von der Kirche zu Hause und weiss noch nichts von dem Tode der Mutter! Ich will ihm nun, so gut ich es vermag, nicht nur Frau, sondern auch Mutter sein und für ihn sorgen, dass ich ihn einst im Himmel in die Arme der Theuren legen kann. Sind wir doch alle unzertrennlich in Gott vereint!

Dass dieser Trauertag gerade mit dem grossen Feste in Vaduz [1] zusammentreffen muss, ist ein harter Schlag und es ist mir furchtbar weh, mir Ihren Gram in Mitte dieser äussern Freude vorzustellen.

Ich danke Gott auf den Knien, dass wir die Theure noch sehen durften!!-

Heute in aller Frühe habe ich für sie die hl. Communion empfangen.

Geliebter Vater! Gott tröste Sie!

David möge bald schreiben.

Ihre treue Tochter
Fanny.

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[1] Weihe der neuen Pfarrkirche in Vaduz am 5. Oktober 1873.