2. Tagebuch von Franziska Rheinberger Fortsetzung vom 13.07.1870 - 24.11.1873


Tagebuch der Franziska Rheinberger:

/T.B.2,20/ Mittwoch, 13. Juli 1870.

Es sind gewaltige Kriegsaussichten zwischen Frankreich und Preussen, welche bereits Curt die Lust am Componiren nehmen. Ich arbeite heute den 4. Akt der Barden für Franz Lachner fertig und schreibe an David [1], damit die trüben Vaduzer auch eine kleine Freude haben.

14. Juli.

Kriegsaussichten!

15. Juli.

Kriegserklärung Frankreichs an Preussen.

16. Juli.

Brief an Forberg. Er nimmt doch die Mannerchöre [2] trotz der Kriegsaussichten. Curt hat sie ihm ohne Honorar gegeben, da er sie jetzt druckt.

17. Juli.

Zwei Schüler Curt's aus Sachsen sind bereits einberufen wegen des Krieges. Anderen droht
anderes Unheil.

Curt spielte Abends seine synfonische Sonate [3].

Es ist keine gute Zeit zum Arbeiten, jetzt. -

18. Juli.

Curt arbeitet an der Instrumentirung von Justina /aus der Musik zu Calderons "Der wundertätige Magus". /

Im Ganzen liegt auch ihm der bevorstehende Krieg in den Gliedern.-

19. Juli.

Curt hat Justina fertig. Er hat nicht viel innere Ruhe zum Arbeiten. Wir waren viel im Freien. Abends spielte er wunderschön seine melancholischen 4-stimmigen Liedes Gedächtnisses [4]. Ein Exemplar davon schenkte er Peter Cornelius, der zufällig auch das Media vita [5] componirt hatte.

/T.B.2,26/

Curt hat bisher noch niemals Jairi Töchterlein gehört, obgleich es so vielfach schon gegeben wurde.

Es gibt jetzt auf der Strasse sehr erregte Kriegsgesichter und viele traurige Abschiede! -

Samstag, 23. Juli /1870/.

Heute speiste Johannes Brahms bei uns. Er kam zum ersten Male in unser Haus. Vor Tisch spielte er mit Curt seine ungarischen Tänze. Dann spielte ihm Curt aus der Partitur sein Requiem [6] vor. Recht munter waren wir bei Tisch, und Brahms erzählte manches Interessante. Er findet Curt so geistesverwandt mit Franz Schubert. Ich glaube, es liegt in den plötzlich sehnsüchtigen Zügen, in dem tiefen Aufathmen, die Curt fast in jeder Composition hat.

Nun sind schon so ziemlich alle Componisten zu Curt gekommen: Friedrich Kiel, Otto Grimm, Auber, Holstein, Lachner, heute Brahms, etc. Curt ist von allen weitaus der Jüngste.

Sonntag, 24. Juli /1870/.

Die Kriegsverhältnisse lassen keine frische That aufkommen. Gleich Gewitterwolken lagern sich die feindlichen Heere langsam - je länger die Sammlung, je schrecklicher der Ausbruch. -

In Zürich wurde Curt's Wallenstein/s/ Lager [7] gegeben.

Den 25. /Juli 1870/.

Curt hatte Prüfungen. Sehr heisser Tag.

Den 27. /Juli 1870/.

Curt sitzt Vor- und Nachmittags in den Prüfungen. Seine Schüler haben sie vorzüglich bestanden und er wurde vielfach darüber beglückwünscht. Im Übrigen interessirt ihn natürlich die Politik am meisten. –

September

Lange Pause. Sieg der Deutschen - Napoleon gefangen. In Frankreich Republik. Heute erst am 9. September /1870/ hat Curt wieder etwas componirt, nämlich in einem Athemzug ein Scherzoso /op.45, Nr.1/.

/T.B.2,26/ /9. September 1870/.

Wie wir in Kreuth lebten, sagt mein Tagebuch vom Monate August und auch vom herrlichen Tag, den wir in Tutzing zubrachten. Ja! das war wahrhaft schön. Die Ossians- Natur in Bernried, die "musikalische" Kirchhofsecke an der Mauer mit dem alten Fenster und epheuumrankten Wappen - mit dem Sturme auf dem See und dem Vollmonde. Es war herrlich!

Heute wurde Curt von Bernhard Scholz besucht; auch erhielt er ein Programm eines Concertes in Zürich, wo H. Nägeli die Jagd [8] von Rheinberger spielte.

Den 10./September 1870/.

Curt arbeitet an einem Männergesang. Es würde mich freuen, wenn er das Schlachtgebet [9] von Mosen aufnähme, das er schon früher einmal in Musik gesetzt /hat/.

/T.B.2,30/.

Wir sind betrübt, weil wir hörten, dass Theodor Auracher verwundet sei. Ein hartes Geschick, diese Ungewissheit!

11. /September 1870/,Sonntag.

Curt nahm heute das Schlachtgebet vor, spielte es auf meiner Orgel und fand es so entsprechend, dass er es mit ein paar kleinen Änderungen an die Verlagshandlung Sonderegger in St. Gallen schicken wird, da ihn diese um eine Männergesangscomposition ersuchte. In Leipzig wurde "Wallensteins Lager" in einem Volksconcerte zu Ehren der Verwundeten aufgeführt. Es freute mich.

12 /September 1870/, Montag.

Heute erschien die Concertfuge [10], welche Rubinstein gewidmet ist /op.33/; auch kamen die Druckbogen des Clavierquartetts [11] /op. 38/.

13. /September 1870/, Dienstag.

Curt reiste in seine Heimath [12], um, wie alljährlich, seine alten Eltern zu besuchen. Ich schrieb an Fritzsch und legte die Correcturbogen bei. Curt ging ungerne fort.

18. /September 1870/, Sonntag.

Von Vaduz zurückgekehrt fand Curt heute Morgen beim ersten Aufschlagen der neu ausgegebenen Händel 'schen Partitur ein Thema, das ihm so wohl gefiel, dass er darüber eine Clavierfantasie [13] zu schreiben begann. Abends hörten wir zusammen mit theilweise herzlichem Wohlgefallen die neue Oper: Morgiane von B. Scholz, hier zum 1. Mal gegeben. -

19. /September 1870/, Montag.

Die Chorlieder 1. "Alt Heidelberg", 2. Lind duftig" von Scheffel /op.44/ und der Zopf von Chamisso sind angekommen und im Druck erschienen. Er machte aus jedem Liede ein Heft. Curt bekam je 6 Exemplare.

Das Chorlied "Schlachtgebet" /op.48,l/ heute an die Sonderegger'sche Verlagshandlung in St. Gallen eingeschickt. Curt arbeitete das Capriccio über das Händel'sche Thema /op.45,2/ vollständig fertig und schreibt sie eben in das Reine.

1. October /1870/.

Durch die frische und liebenswürdige Art der Gesangsakademiker angeregt, hat Curt nun wieder zwei neue Lieder componirt, wovon das eine Mailied [14] von Scheffel ist. Ich suchte ihm dann einen Text von Lingg aus: "Heerbannlied der Deutschen" [15], welches Curt sogleich componirte. Es wird eine heilige Freude sein, diese Lieder von den jungen Leuten singen zu hören, die noch aus der Schlacht Zurückkommen.

Heute ist eine Besprechung des "armen Heinrich" [16] in dem Musik/alischen/ Wochenblatt, die uns sehr heiter stimmte.

Ich bin begierig, ob Forberg die Passions-Musik [17] drukken wird, Curt schickte ihm auch die 2 Clavier-Vorträge: Scherzoso und Capriccio /op.45/. Nun wird die Opuszahl wohl im nächsten Jahre die Zahl 50 erreicht haben.

/T.B.2,34//3. October /1870/.

Kaum hatte Curt das Heerbannlied fertig, so fing er schon ein neues Chorlied an, das ich Elegie [18] nennen möchte. Es ist zu Hermann Lingg's Gedichte: einem Todten. Curt hat es der Erinnerung des jungen, blühenden Landwehrlieutenants Hofmann gewidmet, der als Held vor Sedan fiel. Er war der Vorstand des akademischen Gesangvereins.

Forberg will den Passionsgesang drucken /op.46/.

10. /Oktober 1870/.

Als beiliegender Brief kam, suchten wir im Notenschrank nach Manuskripten, doch waren wir gleich einer Ansicht, dass nehmlich die sinfonische Sonate zuerst nach Hamburg wandern sollte und ich verpackte dieselbe, da sie bereits copirt war.

Curt schrieb an die Verlagshandlung nach St. Gallen, weil er gerne das Schlachtgebet wieder zurückbekäme, um es den andern Chorliedern beizugeben. Diese wären dann ein opus: 1) Schlachtgebet von Mosen; 2) Heerbannlied von Hermann Lingg; 3) Einem Todten von H/ermann/ Lingg; 4) Mailied von V. Scheffel aus dem Trompeter von Säckingen.

Vorigen Montag, den
11. /Oktober 1870/,

hatten wir zum ersten Male wieder Oratorienverein und wir sangen Brahms & Rheinberger. Von letzterem zum erstenmale die 5 Quartetten im Volkston [19] und die Lieder des Gedächtnisses. In letzteren ist der schwermüthige Ton vortrefflich ausgeprägt. Wie reizend, wie wahrhaft schön, wenn man im Frieden Ort und Stelle kennt und miterlebt hat, wo und wie solche Werke entstanden.

13. October /1870/.

Curt hat heute einen neuen Flügel bekommen. Einen Stutzflügel von Blüthner [20] aus Leipzig. Möge er lange und glücklich darauf spielen und schöne Einfälle bei ihm haben. Das erste Stuck, das er auf ihm spielte, war das "Waldmärchen" [21]. Er triumphirte, dass ich in die Meistersinger ging und er mittlerweile zu Hause spielen konnte. -

Etude & Fugato op. 42, bei Schmidt in Nürnberg & München verlegt, /ist/ angekommen; /es/ kam in neuen rosenroten, gelben und grünen Gewandunqen an. Die sinfonische Sonate bekommt den Opustitel 47. -

Curt arbeitet gegenwärtig an der Instrumentirung des Thales des Espingo [22] und frug mich heute um Rath. Ich kann ihm durch meine Kritik, die ich doch nur von ihm gelernt babe, bisweilen nutzen. Ich glaube, dass dies ein sehr gelungenes Werk wird. -

15. /Oktober 1870/.

Heute wurde ich wieder feierlich von Curt eingeladen, die letzte Note an seinem Thal des Espingo zu schreiben. Wie freue ich mich, es zu hören, wo es auch sei! -

Curt schrieb an E.W. Fritzsch und hot ihm das Thal an, da er es schon vorher ohne Instrumentirung in Händen gehabt.

Heute kamen auch die Correcturstimmen des grossen Clavierquartetts [23].

Curt, der Nimmersatt-Componist, hat bereits angefangen, das Hermann Lingg'sche Lanzknechtslied (sic) [24] zu componiren. Ich freue mich so, dass ich beim Thal des Espingo gegen den Schluss hin einen guten musikalischen Rath geben konnte! -

T.B.2,35/ 17. October /1870/.

II. diessherbstliche Probe im Oratorienverein. Die Herren kommen spärlich. Viele sind noch im Kriege. Leipold Vater und Sohn haben sich angemeldet. Wir studirten heute Mendelssohn's Psalm [25]: Wie der Hirsch schreit nach Wasser. Es wurde gut gesungen. An Marie Schmidtlein haben wir einen guten Alt gefunden. -

Curt spielte heute sein Variationen-Clavierwerk [26] durch. Es ist doch sehr schön. Lieber Brief der Klosterfrauen aus Beuersberg, die so entzückt sind über den Rheinberger Margarethen-Lobgesang [27]. Sie wollen dort für ihn beten - bitten aber noch um weitere Musik; vielleicht schreibe ich ihnen eine Litaney coll'ajuto di Dio e del caro Kurri. -

Copie des Briefes an Fritzsch, wegen Thal des Espingo.

Mittwoch, 26. /Oktober 1870/.

Ich habe Curt vorgeschlagen, ich wolle ihm sein Clavierquartett 4-händig arrangiren; er glaubte aber, ich könnte einige Stellen nicht bezwingen und hat nun gleich selbst angefangen, es zu bearbeiten. Gestern spielten wir zusammen auf 2 Flügeln. Ein reizender Genuss. Erst Curt's Duo [28], dann des ewig jungen Mozart ewig schöne, gemüthvolle, klare, tiefe, humorreiche Clavier-Concerte, die in einer Pariser Ausgabe für 2 Pianos erschienen sind.

Montags (= 24. October 1870) sangen wir zum ersten Male im Oratorienverein einen Theil von Curt’s grossem Requiem [29]. Man ahnte die Intention des Componisten, aber nach und nach, mühsam, wie Alles in diesem Leben erkauft und errungen werden muss, wird man erst zum vollen Genusse kommen. Curt war sehr geduldig, aber ich empfand es mit ihm, wie viel Gewalt er sich anthat, seine Gedanken so vorbuchstabirt zu bekommen. - Es meldeten sich wieder neue Mitglieder zu dem Vereine.

27. /Oktober 1870/, Donnerstag.

Curt hat am Clavierquartett-Arrangement gearbeitet und mich von Zeit zu Zeit zum Spielen geholt, ob es gut und bequem spielbar ist.

Angefangen, das Clavierduo von Hiller zu spielen, aber aus Ursachen nur wenige Seiten gespielt. Es ist Gernsheim gewidmet - wahrlich ein schlimmer Gefallen - sollte es Sarcasmus sein von Seite Hillers? Einen solchen Bombast kann er doch selbst nicht für ernst nehmen. Abends mit Curt in einem Wohlthätigkeitsconcert, das uns Heimweh nach Bülow [30] machte und uns garnicht wohl that,

/T.B. 2,37/ denn Fräulein Aub spielte das Es-dur-Concert von Beethoven. Sie kam mir vor wie Kinder, die auf Pferden Sprünge machen und keine Ahnung haben von der eigentlichen Kraft und Bedeutung - oder wie solche, die mit einer Muschel einen See ausschöpfen wollen und keine Ahnung von dessen Tiefe haben. Das übrige Programm bestand aus Mondschein und, wie Ett von Donizetti sagte, aus gezuckerter Wassersuppe. Lieder von Abt, Esser, Wüllner, und Horn-Solo von Strauss! Wir schoben zeitig ab. Fast hätte uns Scarli die Schande angethan, in den Saal zu laufen; bereits murrten die Diener im Vorzimmer.

29. October 1870.

Ein netter Zufall, dass ein paar Stunden nach Abgang der deutschen Gesänge ein Brief von Forberg kam, worin er Curt ersuchte, ihm von nun an all seine Manuskripte zumVerlage zu senden. Curt war froh, dass er ihm die Lieder bereits geschickt hatte, denn es wird ihn freuen. Ich habe heute wieder viel Material gesammelt für meinen Orlando. Ich bin gerechtfertigt durch den Erfolg, dass ich Curt die Passions-Musik und die deutschen Gesänge eigenmächtig verpackte.

Halb und halb war davon die Rede, dass wir heute Abend ins Volkstheater gingen, zu "Gute Nacht, Herr Pantalon", Curt ist aber so unendlich gerne zu Hause, dass er nicht gehen mochte. Wir spielten auf zwei Clavieren die Chaconne von Raff (unsympathisch) und das Duo von Rheinberger. Curt hat heute an seinem Clavierquartett arrangirt. Wir konnten bereits den ersten Theil des ersten Satzes spielen.

November

Curt arbeitet am Clavierarrangement seines Quartetts. Es gewährt uns grosse Freude, die Mozart'schen Clavierconcerte im Herbert'schen Arrangement für zwei Flügel. zu spielen. Curt improvisirt da ganz wunderschöne Cadenzen und hilft mir auch liebenswürdig bei den Tutti mit. Forberg wird wahrscheinlich die "Deutschen Gesänge" [31] drucken.

Wenn es nur keine Unannehmlichkeiten mit Sonderegger in St. Gallen gibt. 

/T.B.2,40/, Sonntag, 6. November 1870.

Curt hat den ersten Satz des Clavierarrangements vom Quartett [32] fertig geschrieben und das ganze Fritzsch ohne Honorarforderung zum Druck angeboten, weil er ja auch die Partitur des Quartetts druckte. -

Das Musikalische Wochenblatt enthält eine Kritik der Hymne für 4 Stimmen und Harfe [33] von Rheinberger.

Curt's Abscess eitert noch immer. Ich fange an besorgt zu sein. Wäre nur Nussbaum [34] hier.

Gegen Abend spielten wir ein Clavierkonzert von Mozart zu zwei Flügeln.

Montag, 7. November /1870/.

Heute Abend war der Oratorienverein stark besucht. Wir sangen Curt's Requiem ganz durch und es rief unter den Singenden eine tiefe Begeisterung hervor. Das Werk ist edel und Herz und Verstand haben dabei ihr volles Recht! Die herrlichen, heimatlichen Worte! Ich könnte mich dem Genusse noch vollständiger hingeben, wenn ich mir nicht immer sagte, dass ich ja nicht partheiisch sein, Curt nicht überschätzen will. Hätte es ein Anderer gemacht, so dürfte ich laut und voll mein Entzücken aussprechen. Die Stelle in Sopran supplicante ist einzig. Gebe Gott, dass wir gesund bleiben bis zur Aufführung. -

/T.B.2,42/.

Nachmittags trafen auch die bei Fritzsch gedruckten Freiexemplare des Clavierquartetts /op.38/ ein, das Curt Nussbaum gewidmet hat. O käme er doch bald zurück, dass man für Werke des Friedens wieder die rechte, wahre Begeisterung haben könnte. -

13. November 1870.

Heute besuchte Carl Genth aus St. Gallen Curt. Curt hatte etwas Kopfweh!

Curt schrieb heute noch an Fritzsch, dass das Quartett ein paar Druckfehler enthalte.

Mittwoch, 16. November /1870/.

Es kamen die Druckbogen von Forberg; nehmlich Passionsgesang [35] nebst Stimmen und die zwei Capriccio [36] für Clavier in A-moll und zum Alexander-Balus-Thema. Curt corrigirte sie und ich verpackte sie dann an Forberg. Curt war sehr überrascht über die prompte Fertigung von Forberg. Novitäten von Holstein in das Haus bekommen, von denen Curt gerade nicht entzückt war, besonders nicht über die sehr schlechte Declamation der Lieder.

Abends war Max Stahl da, um sich mit Curt wegen seiner Oper zu besprechen. Wir nahmen die einzeinen Figuren durch und suchten ihnen mehr Farbe zu geben. Z.B. soll der Wildenbrandt nicht ein leer dahergelaufener Bursche sein, sondern ein genialer junger Goldschmied, oder sonst Kunsthandwerker, der sich in Gertraud verliebt, dessen Liebe sie aber nicht begünstigt, weil sie so sehr an ihrem Vater hängt, der etwas abgeschieden von der Welt als Thürmer ein mehr betrachtendes, in seiner Art philosophisches Leben führt. - Das Mädchen darf garnicht coquett sein, sondern, als Tochter ihres etwas eigenthümlichen Vaters, einen kleinen schwärmerischen Zug haben, der ihr wohl ansteht, da sie ihre ganze Kindheit auf dem Thurme zubrachte und nicht wie andere Kinder in die Schule ging. Ihr Vater hat sie allein unterrichtet. Sie hat aber doch eine Neigung zu Heinrich.

Die Scene in dem Thurmzimmer muss möglichst komisch werden - besonders wie sich Wurzel in die Glockenkammer flüchtet und dort auf einen Balken zu sitzen kommt, der sich plötzlich bewegt, wie die Uhr zu schlagen anfängt. Heiterkeit und Gemüth müssen in dieser Oper vorherrschen. Ich bat Stahl, Curt hie und da in lustige Herrengesellschaft zu holen, weil er doch sehr empfànglich ist für solche anregenden Eindrücke; wenigstens entstanden viele seiner Werke in Folge einer gehabten Anregung. -

/T.B.2,44/ 17. /November 1870/.

Für die sinfonische Sonate zahlte heute Forberg 24 Thaler.

Die 7 Raben waren für heute im Hoftheater angesagt, wurden aber in die Lustigen Weiber von Windsor getauscht, weil Frl. Stehle sich im Tannhäuser am Sonntag überanstrengt hatte.

21. November /1870/.

Morgens mit Curt in der Cäcilienfeier der Theatinerkirche gewesen. Sie sangen ein süssliches Offertorium von Lachner, das mit der katholischen Anschauung n i c h t s gemein hat. Nachmittag gingen wir zusammen in der Maximiliansstrasse spaziren. Die vielen "aufgedonnerten", neugierig starrenden Personen wurden uns bald zuwider, sodass wir in eine Nebenstrasse bogen und den englischen Garten suchten. Dort wurde es uns plötzlich so wohl, denn obgleich der Herbst schon fast vorüber ist und die Wiesen kaum mehr grün sind, so rauscht doch das Wasser so wie es Gott gewollt, die Möwen umflattern es und tauchen in fröhlichem Leben kreischend ihre Flügel ein und fliegen dann wonnig unter dem blauen Horizont. Curt sah ihnen sehnsüchtig zu und beneidete sie, dass sie fliegen können. Nur selten zeigt er in Worten den sehnsüchtigen Drang seines Innern, desto concentrirter ist seine Musik.

Vormittags hatten wir im Kunstverein ein vollendetes Bild von Anton Seitz gesehen, dem Münchener Meisonnier. Curt war ganz entzückt davon und beklagte, dass ein Musiker seine Schöpfung nicht auch in so vollendeter Weise ausstellen könne, wie ein Maler sein selbstgeschaffenes Bild. Auch eine Landschaft von Meermann hängt oben, "Parthie bei Regensburg", die in ihrer poetischen Stimmung etwas sehr Anziehendes für Curt bot. Ich muss ihn bitten, mir ein Clavierstück darüber zu schreiben, das "Morgen" heisst.

/T. B. 2,46/.

Abends war ich allein in der Zauberflöte, sehnte mich aber dabei nach Curt, denn ich glaube, unter allen, wenn auch entzückten Zuhörern hätte e r doch das meiste Verständnis für die naive Unschuld Mozart's, für seine wahre Empfindungsweise gehabt. Was kann man sich kindlich-gläubigeres denken. Mir fielen Riehl's Worte ein, die er zu Curt sagte, als er ihm die Ouverture zum armen Heinrich [37] vorspielte: Die Componisten geben dann ihr Bestes, wenn sie sich auf den Standpunkt der Kinder stellen.

/T.B. 2,46/.

Als ich heimkam, plauderte ich noch lange mit Curt über Mozart. –

Die 7 Raben sind wieder (wesshalb?) vom Répertoire gestrichen! – Curt kaufte sich heute Schafhäutl’s Prachtbuch [38]: Der ächte Gregorianische Gesang.

24. /November 1870/, Donnerstag.

Geistlicher Rat Niessl von der Johanniskirche war da, um in seinem und des Erzbischofs Namen für die Widmung von Jairi Töchterlein [39] seinen Dank auszusprechen und zugleich seine Chorknaben für den Oratorienverein anzubieten. Vielleicht für das übernächste Concert, weil es uns diessmal am Raum fehlen wird. -

Gestern nachmittag war Riehl da und Curt spielte ihm zu dessen Entzücken seine beiden Hefte Kindermusik vor. Auch spielten wir ihm Curt's Duo, wobei ich anfänglich aus Angst vor Curt umschlug. Das Andante (Canon) mussten wir zwei mal spielen. Riehl war ungemein lustig und lud Curt ein, nächstens mit ihm in eine Gungl-Soirée in der Westendhalle zu gehen, wo sie oft hübsche Serenaden von Mozart oder sonst selten Gehörtes spielen. -

25. November /1870/.

Brief von Fritz Gernsheim aus Cöln, worin er Curt ersucht, ihm künstlerische Auskunft zu geben, was Curt umgehend that. Es handelt sich um das Gernsheim'sche Clavierconcert, das dieser hier in einem Odeonsconcerte spielen möchte. Nächstes Tonkünstlerkränzchen wird in Cöln Curt's Duo für 2 Claviere bringen. Die neue Zeitschrift für Musik bespricht die letzten Lieder Curt's (an Hedi Pacher) lobend. -

26. /November 1870/.

Curt componirte zwei neue Orgeltrios, weil das 8te von Herzog für ein Schulheft benutzt wird. Statt einem componirte er gleich 2 nach. Mittags war sein ehemaliger Lehrer Julius Jos. Maier da, dem Curt sein Thal des Espingo [40] spielte und ich die Hedi- Lieder [41] sang. Sie bringen mir die Vergangenheit vor die Seele; denn diese Lieder sind doch alle nur für mich und wegen mir geschrieben. Maier war besonders entzückt von dem kleinen: [im Original befinden sich hier der Text mit Noten] Was in der Brust mir schlägt, das ist mein Herz nicht mehr …(op.26/2)

Heute Donnerstag, den 8. Dezember /1870/

war die erste Qrchester-Correkturprobe des Requiems. Cavallo und ich hörten zu mit der Partitur in der Hand und verfolgten mit grosser Wärme jede Note. Als die Probe beendet war, brachen die Hofmusiker in lautes Bravo aus, was für diese bequemen musikverhärteten Manner staunenswert ist. Die Instrumentation ist geistvoll und innig. Wie freute ich mich, das Ganze zu hören. Der treue Cavallo blieb bis zum Schluss und half die Noten aufzuräumen, da unser Diener nicht da war. Vorher hatte ich in der Theatinerkirche ein Ave Maria [42] von Curt mit Hieber's Begleitung gesungen, das ein paar Choristinnen zu Thränen rührte.

Abends war Carl Stieler [43] da. Von Zeit zu Zeit seh ich "den Alten" (er ist zwar noch jung) gern. Heute waren abermals die "Sieben Raben" auf dem Répertoire, wurden aber wegen plötzlichen Unwohlseins (Bockbeinigkeit) Herrn Kindermanns, welcher leidend wurde, als man seine Tochter nicht als Papagena auftreten liess, aufgeschoben.

/T.B.2,49/ 11. Dezember 1870.

Reiche Tage von Sonntag Morgen bis Montag Abend. Sonntag, den 11ten, Vormittags 11 Uhr, Hauptprobe im Oratorienverein des grossen Requiems. Der Gesamteindruck war überwältigend. Orchester, Sänger und Zuhörer brachen nach dem Schlusse in begeistertes Bravo aus.

Ich sah nächst den Noten fast nur auf Curt, der ganz durchgeistigt und blass an seinem Dirigentenpult stand. Beim Benedictus zuckte es durch ihn wie ein elektrischer Strom. Er sagte mir, es habe ihn plötzlich gepackt. Die Chöre gingen vorzüglich. Eine Dame im Saale kam derartig ins Weinen, dass sie den Saal verlassen musste. Alle Musiker und Schriftsteller waren im Saale vertreten. Ich habe das Gefühl, dass dieses Werk noch oft und vor vielen Theilen der gebildeten Welt erklingen wird. Ich hatte leider scharfe Migräne, sang aber doch aus Leibeskräften mit. Den übrigen Tag war Curt recht erschöpft und das Warten auf die Oper peinigte ihn. Wir gingen zusammen auf die Galerienoble und hatten unsere Plätze neben Franz Lachner und Moritz Schwind. Es war hier in München die V. Vorstellung der 7 Raben.

Fräulein Stehle war geradezu himmlisch, so geistvoll, edel, warm, innig und seelenvoll in Gesang und Spiel, dass sie unser Ideal erreichte. Man kann Unschuld und Treue nicht liebenswürdiger darstellen, als sie es thut von Anfang bis zu Ende. Das liebreizende, anmutige Geschöpf. Sie hatte sehr grossen Beifall. Auch Frau Diez und Herr Vogl waren eminent in ihren Leistungen, obgleich Frau Diez sich einmal verspätete - gerade im Quartett des letzten Aktes (dem Zankapfel Kindermanns), dass sie in Folge dessen auch schlecht sangen. Die Chöre gingen sehr schlecht und waren schwach besetzt, ebenso die Ausstattung des Marsches so mager und schofel, dass sich eigentlich Perfall in die Haut vor uns schämen müsste - wenn man sich nicht zur Beruhigung sagen könnte, dass man hier gleiches Loos mit Fidelio hat!- Die Schlussdecoration war übrigens reizend u. der Schluss-Chor riss die Leute zu grosser Begeisterung hin. Wie müsste es wirken, wenn Chor und Orchester so reich besätzt wären wie Wagnersche Opern. So aber haben sie nur die Hälfte der Mitglieder bei "gewöhnlichen" Vorstellungen. Und das thut natürlich einigen Eintrag. Aber die Leute gingen doch sehr befriedigt heim. Es war ein reicher Tag. [44]

Lustige Monatskneipe im Akademischen Gesangverein, wobei sich Curt sehr unterhielt. Viele von den jungen Leuten stehen in diesem Augenblicke vor Paris! Die jungen Leute freuten sich über Curt's Gegenwart.-

/T.B. 2, 53/ 12. Dezember 1870.

I. Aufführung des Requiems von Rheinberger durch den Oratorienverein.

Sopransolo: Fräulein Leonoff

Alt: Fräulein W. Ritter

Tenor: Herr Secr. Gebhardt

Bass: Herr Rüber.

Es ging vorzüglich und zündete. Mehr kann ich nicht sagen. Paul Heyse's Brief [45] mag einiges andeuten. Bei jeder besonderen Stelle sah mich Curt an. -

Nur wer so glaubt wie Curt, und wer so viel gelitten hat wie Curt, kann so schreiben.

Nach dem Concerte waren Buonamici aus Florenz [46] ("Credevo, essere in paradiso"; sagte er) und Guido Stieler [47] da. Curt bekam einen neuen, stolzen Pelzrock zum Geschenke von Mietz [48], der ihn sehr freute.-

Alle geistigen Notabilitäten waren im Concerte: Riehl - Kaulbach - Heyse - Lachner - Schwind - Windscheid und viele andere. Die Hofmusiker boten sich an, das Werk bei anderer Gelegenheit, ohne Honorar zu beanspruchen, zu wiederholen.

Das Jahr 1870 im lieben Freundeskreis beschlossen. Meine Mutter war da, Dr. Guido Stieler und seine Mutter. Der letzte Ton, den wir in diesem Jahre spielten, war ein Intermezzo aus der Unheilbringenden Krone [49] und dann der Tanz. Vorerst spielten wir den Sturm aus Magus [50]. So war auch das Jahr. Stürmisch und für uns doch friedvoll.

Curt hat in diesem Jahre zahlreiche Werke componirt und verlegt und sein Requiem zur Aufführung gebracht. Durch sein langes Leiden also künstlerisch nichts verloren - seelisch desto mehr gewonnen. Zum Schlusse des Jahres wurde er noch Inspektor des theoretischen Orgel- & Clavierfaches an der kgl. Musikschule.

Gott, wir danken Dir für alle Gnade, die Du uns in diesem Jahre gewährt hast! –

/T.B.2,59/

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"Zu Deiner Ehre, o Gott, möge dieses Jahr verfliessen". Gib uns Gesundheit an Leib & Seele, gib uns Willenskraft und in schweren Tagen Ergebung und Geduld. Erleuchte Curt mit Deinem ewigen Geiste, dass er seine Kunst zum Bessten wende - dem Vaterlande aber gieb Frieden!

J a n u a r

2. /Januar 1871/.

Curt hat von Stahl den fertigen Stoff [51] zur komischen Oper bekommen. Glaubst Du, dass ich Talent für Comik habe? frug er mich. Ich kann ihn nur auf den armen Heinrich und auf den "Der Zopf, der hängt ihm hinten" /op.44, Nr.3, "Tragische Geschichte"/, hinweisen! -

Heute Abend hat er Oratorienverein. Ich habe Kopfweh & Husten und durfte nicht mit, brachte zu Hause Rechnungen in Ordnung etc. - 

3. /Januar 1871/.

 Curt hat bereits eine Menge Motive für seine komische Oper notiert. Jetzt ist es Abend, da liest er Auerbach's Barfüssele [52].

Mittwoch, 4. /Januar 1871/.

Brief von Forberg. Das Honorar zu 24 Thalern für die Fantasie über die Zauberflöte [53] ist gegeben und die zehn Orgeltrios [54] kamen bereits im Druckbogen. Curt freut sich, an Forberg einen so prompten Geschäftsmann gefunden zu haben. Curt gab heute viele Stunden und hat sonst nichts gearbeitet. - Auch von Holstein Briefe bekommen. -

Donnerstag, 5. /Januar 1871/.

Die Orgeltriodruckbogen wieder an Forberg zurückgeschickt. Curt componirte schon heftig an seiner "Gertrud" und auch ich wurde bereits mit ein paar Änderungen betraut. Ich werde es vor Max Stahl verantworten können, da mich dieser selbst um meine Mithülfe bat. Der Intendant gratulirte heute nochmals Curt zu Requiem und gut im Stande stehenden Oratorienverein und erkundigte sich, wie weit Curt mit der comischen Oper sei, auf die er sich freut. Wir waren im englischen Garten spazieren und erfreuten uns an der Winter-Märchenpracht des Waldes; besonders entzückten uns Eingangs des Gartens einige niedere, junge Tannenbäumchen, welche wie Christbäumchen in weissem Flaumkleide aussahen. Wir blieben stehen und sahen sie liebend an. Dieser Friede hier - diess Elend aussen. Man nennt bereits600 Erfrorne in Frankreich. - Gott, wie lange noch?!! -

Curt's Vater fängt zu siechen an!!! Er ist 81 Jahre!! -

Heute wurde Curt in seiner neuen Würde als halbseitiger Direktor [55] den Schülern und Lehrern der Musikschule vorgestellt. -

/T.B.2,60/ 10. Januar /1871/.

Curt hat heute 2 Stunden eifrigst an seiner Oper componirt und ein lebensfrisches Stuck geschaffen. Es wechselt prachtvoll ab. Als ich heimkam, spielte er es mir in vollem Jubel vor. Es sind herrliche Momente.

Inzwischen den Componisten Gernsheim kennengelernt, der Curt viel vorspielte, auch sein neuestes Werk: Nordische Sommernacht. -

Donnerstag,12. Januar 1871.

Curt hat wieder stark an seiner komischen Oper gearbeitet. Er war aber mit dem ersten Auftreten der "Rothkopfin" nicht zufrieden und ich musste ihm schnell einen neuen "Ratschtext" schreiben, den er auf dem Flecke componirte.

Freitag, 13. /Januar 1871/.

Generaldirektor Lachner war da und bat Curt, ihm etwas vorzuspielen. Curt spielte ihm die 24 Präludien-Etuden [56] und Lachner lobte sie ungemein. Die Passacaglien nannte er ein Meisterwerk, ebenso staunte er über die eine Etude, die man ganz mit unveränderten Noten auf zweierlei Rhythmus spielen kann. Lachner sagte, es seien ihm schon vielfache Kunststücke vorgekommen, allein ein solches noch niemals. - Er lobte bei aller Kunst technischer Behandlung den Reichthum und die Klarheit der musikalischen Ideen Curt's. -

22. /Januar 1871/.

Es kamen von Forberg aus Leipzig die Druckbogen der Improvisation über Themen aus der Zauberflöte, die ich sogleich, nachdem sie gepackt waren, wieder zurückschickte. Ich neckte Curt damit, dass ihn die Critik über seine Verarbeitung des Paminathemas mit Recht vermeubeln würde trotz aller Geistreichigkeit. Spöttisch weinerlich frug er mich: warum ich ihm das nicht früher gesagt? Wollen sehen, ob ich recht habe.

Julius Jos. Maier war da, um mit mir über den Ossiantext zu sprechen, der ihm theilweise sehr gefiel. (Dem Maier gefällt alles nur theilweise). Er sagte, Curt solle doch ja eine komische Oper schreiben, besonders, solange in der grossen Oper die W a g n e r - E p i d e m i e herrsche. Ein prächtiger Ausdruck! -

/T.B. 2, 61/ Donnerstag /26. Januar 1871/.

Morgens /d.i. 25.1.1871/ erhielt Curt beiliegenden Brief [57] von Martin Greif in Wien; Nachmittags componirte er den Text und jetzt ist er bereits auf der Rückfahrt nach Wien. Ich copirte das Lied nur schnell in das Buch.

[Im Original folgen Noten.]

So einfach es scheint, hat Curt doch ernst darüber nachgedacht und mir zugesprochen, ihm da und dort meine Ansicht zu sagen. Ich habe jetzt noch ein kleines Bedenken - es ware vielleicht hübsch gewesen, den 6. Takt nach a-moll gehen zu lassen:

[Im Original folgen Noten.]

Curt findet es aber so strammer und für eine Hymne geeigneter.

Drei Hymnen hat Curt nun für verschiedene Gelegenheiten gemacht und bis jetzt für seine Bereitwilligkeit wenig Dank geärndtet. Die erste Hymne wurde zur Göthe- Enthüllungsstatue (sic!) vom König bestellt, die zweite zur Enthüllung der Madonna auf dem Marienplatz (sic!) vom Magistrat und der Geistlichkeit bestellt und mit Grobheit belohnt - und diese von Künstlerhand erregt - was wird sie für Früchte tragen? - Die schönsten wären es, wenn das deutsche yolk sie sänge...

Man erwartet täglich die Capitulation von Paris. Wäre es so!

/T.B.2, 66/ Sonntag, 29.1. /1871/ abends.

Heute war gegen Abend Wüllner da und brachte Curt eine Composition von sich mit der Bitte, Curt möge sie durchsehen, bevor er sie in Druck gibt. Den umgekehrten Fall könnte ich mir nicht denken. Mir brachte er einen Psalm mit der Bitte, ihn aus dem Latein zu übersetzen.-

Curt hat für Krempelsetzer [58] bei Heyse gesprochen und von ihm 10 fl. erhalten. Curt gibt auch 10 fl. "Wir lassen Dich nicht darben, lieber Freund", schrieb ihm Curt in rührendster Weise.

Die Strassen Münchens sind alle beflaggt und folgendes Telegramm angeschlagen:

PARIS CAPITULIRT,

Waffenstillstand für 3 Wochen mit Ausnahme der Armee Bourbaki's und Belfort's. Paris zahlt 200 Millionen Fanken.

Die Tragweite ist nicht zu fassen. Man steht wie am Fusse eines hohen Berges und hat so keine Übersicht des Riesigen. -

Erst wenn man den Ereignissen ferner steht, kann man sie übersehen.

Heute den 31. Januar 1871 vom Drucke angekommen von Forberg:

1. Vier deutsche Gesänge für Männerchor /op.48/;

2. Sinfonische Sonate für Clavier /op.47/;

3. Improvisation über Motive a.d. Zauberflöte /op.51/;

4. Zwei Claviervorträge /Johannes Brahms gewidmet/ op.45/

5. Passionsgesang /op. 46/

6. 10 Orgeltrios /op. 49/

Zum Schlusse des Januar /1871/ wurde Curt heute geimpft.


F e b r u a r


/T.B.2,66/ 2. /Februar 1871/.

Grosse Stadtbeleuchtung. Siegesfest [59]. Wir hatten ein Transparent: Fiat pax. -

3. /Februar 1871/, Freitag.

Es kamen Druckbogen vom Thal des Espingo in Partitur (Fritzsch), dann Druckbogen der 7 Lieder "Zeiten & Stimmungen" [60] sowie das Capriccio giocoso für Clavier [61] (Siegel). Curt freute sich herzlich darüber, ich auch - s e h r. Curt schrieb heute ein Briefchen an Brahms mit Zusendung der 2 Claviervorträge, und auch an Forberg mit Meldung und Dank des überschickten Cyclus der neuen Compositionen. Ich arbeite jetzt an der Übersetzung von 6 lateinischen [62] Hymnen, die druckfertig daliegen. Auch will Curt sein Variationenwerk bald erscheinen lassen. Morgen heirathet Johnie Mayer [63] in Wien.

14. /Februar 1871/.

Es sind Recensionen aus der Berliner Musikzeitung gekommen. Aberids machte Curt ein Clavierstück .fertig, wobei ich ihm rathen durfte, während ich neben dem Clavier auf dem Boden sass. Später kam Buonamici. Wir wollen ein paar Quartette von Curt in das Italienische übersetzen. Er war so heiter und liebenswürdig. Ich habe heute auch ein Sonett von Petrarca in das Deutsche übertragen in Sonettenform.

19. /Februar 1871/.

Soeben habe ich die Übersetzung der 6 lateinischen 4- stimmigen Hymnen beendet. Curt bezeichnet sie als op. 52. Es sind:

1) Omnes de Saba. 2) Prope est Dominus. 3) Diffusa est. 4) Jesu dulcis memoria. 5) Justus ut palma. 6) Veni sponsa Christi.

M ä r z

/T.B.2, 79/.

Das II. Concert des Oratorienvereins 1871 fiel sehr gut aus. Besonders Frl. Ritter gefiel mit dem Sonett von Petrarca vom alten Reichardt componirt ausserordentlich. Das Regina Coeli von Caldara, die Lieder von Sachs und Riedel, sowie der Psalm von Marcello und das Quintett von Jahn sprachen sehr an. Es wurde vom Chor nicht ein halber Fehler gemacht. -

3. /März 1871/.

Curt schrieb an Siegl und zeigte den Empfang von op.41, Lieder (Zeiten und Stimmungen, Frl. Ritter gewidmet) und das Capriccio giocoso für Clavier, welche Ende Februar gekommen waren, an, zugleich die Bemerkung machend, er habe gehört, die Aufführung der Hymne im Gewandhausconcert sei einer Hinrichtung gleichgekommen. Ein Componist rnüsse sich so etwas gefallen lassen; angenehm sei es eben nicht.

An Forberg schrieb er, ihm das Requiem antragend, und an Riedel, das Requiem zu Forberg zu schicken. Wollen sehen, welche Erfolge das hat! -

/T.B.2,83/ 6. März /1871/.

Soeben kommen wir von der Oratorienvereinsprobe heim. Wir sangen die Chöre von Händel 's Saul durch und begeisterten uns daran. Wie passt das so ganz in die neueste Zeit! Heldenchöre - Tod & Preisgesang! -

Den 9. März /1871/.

Abends in der Quartett-Soirée ein Sextett von Brahms gehört, dessen letzte Sätze ganz verschabt wurden. Die Münchener Zöpfe, die nur bei Haydn den Kopf wiegen, flohen vor dem Namen Brahms. Uns that die Lebenswärme wohi, die darin pulsirt. Die Phantasie hat dabei ein schönes Feld. -

Brief von Forberg, dass er doch nicht den Muth fühle, das Requiem zu drucken, da es so umfangreich sei. Curt war darüber geärgert - ich gab mir Mühe, ihn zu trösten. - Auch war es noch nie sein Schaden, wenn etwas nicht auf das erstemal angenommen wurde. Es wäre nur gut, wenn es im Norden einmal gehört würde.

Den 11. März /1871/.

Curt's schmerzlich und räthselhaft geschwollene Hand erlaubt ihm noch immer nicht zu schreiben. Da es ihn doch drängte, ein neues Liederheft zusammenzustellen, suchten wir in unserm musikalischen Tagebuche und fanden sehr lyrische Skizzen. Er arbeitete zwei Lieder um: Fahr zu mein kühnes Boot [64], von Th. Moore (von mir übersetzt) und den "Letzten Wunsch" von W. Hertz. Ich schreib abends die Lieder aus. -

Heute waren in allen Kirchen Requiems für die Gefallenen und abends von 6 - 7 /Uhr/ feierliches Friedesgeläute von allen Thürmen. Wie ergreifend! -

Im Musikalischen Wochenblatt sind Curt's 4 deutsche Männerchöre [65] günstig besprochen. -

An Forberg geschrieben, er möge das Requiem zurückschicken.

16. März /1871/.

Heute bekam Curt durch Postanweisung 20 Thaler für seine 4 lateinischen Sopranhymnen von Simrock geschickt. Fritzsch lässt garnichts mehr von sich hören. Er schickt das längst angekündigte Thal des Espingo nicht und ist auch seit langer Zeit sämmtliche Honorare schuldig. -

Wüllner und Zenger sind mit ihren Siegeswerken durchgefallen. -

/T.B.2,85/ 17. März 1871.

Heute ist Curt's lieber Geburtstag. Ich schenkte ihm einen "Italien-Baedeker" und schrieb ihm ein Lied aus "Des Mädchens Geständniss", welches wir in ein neu herauszugebendes Heft Lieder als eines der sieben aufnehmen wollen. Das Heft habe ich "Aus fernen Tagen" getauft. Es enthält lauter Lieder, die in unserem eigenen Leben eine wahre, glühende Rolle gespielt haben, wie überhaupt Curt's Compositionen unser gemeinschaftliches Tagebuch sein könnten.-

28. März /1871/.

Drei Claviervorträge [66] op. 54 Breitkopf & Härtel zum Verlage Angeboten à 20 Thlr=60 Thlr.-

30. März /1871/.

Gestern Abend war ein Schüler Kiel’s [67] bei uns, Herr Heinrich Barth aus Berlin-Potsdam: ein ausgezeichneter Clavierspieler, welcher uns auch als Mensch sehr gefiel.

/.../

Ich habe mit ziemlicher Anstrengung in wenigen Tagen das ganze Requiem von Franz Lachner zu dessen grosser Zufriedenheit über- und untersetzt.

Curt componirte heute und gestern Gesangsquartetten ohne Begleitung, weil diess die Hand am wenigstens anstrengt zu schreiben.

Curt hat vom 31. März bis 2. April fünf neue Quartette für gemischten Chor componirt. Sie heissen: Im neuen Frühling. /op. 52/.

/T.B.2, 89/ 4. April 1871.

Die Lieder "Liebesleben" an Forberg in Leipzig geschickt und dafür 35 Thaler verlangt. Fritzsch schickte 50 Thaler, wofür ihm die 4hd. Arrangements zum Wunderthätigen Magus und zur Unheilbringenden Krone in Abrechnung gebracht wurden. Breitkopf & Härtel schickte 60 Thaler für op. 53 [68] und Forberg schickte 35 Thaler für op. 55 [69].

/T.B.2,89/ 5. April 1871.

An Fritzsch geschrieben und ihm angezeigt, was noch alles rückständig sei, nämlich

Quartett & Concertfuge ---- 35 Thlr.

Thal des Espingo ------------50 Gulden

Lieder des Gedächtnissses - 40 Gulden.

Ihm ein sehr schönes Facsimilie von Orlandus Lassus geschickt: Ennie d'enonie en vie. /…/

Curt ist jetzt mit seinem grossen Variationen-Clavier-Werk [70] beschäftigt. Da er an der rechten Hand lahm ist und sein Schüler Buonamici an der linken, so spielten sie mit den guten Armen zusammen zweihändig. Es war lustig und traurig zugleich. Buonamici hat ein Pater noster componirt u. dasselbe an die Cherubini-Gesellschaft, d.h. an die Directrice Madame Laussot, geschickt. Es war ganz geschickt. Er war ganz glücklich darüber.

Den 6t. April /1871/. Gründonnerstag.

Curt erhielt heute vom Wiener Männer-Gesangverein einen "Ehrendukaten" für Aufführung des "Jung-Werner" [71]. Nette Idee!- Abends führte der Oratorienverein das Miserere von Riegel auf. Ich sang mit, obgleich ich noch im Hals entzündet war. Es that mir aber eher gut, glaube ich.

Riegel (Kantor an der protestantischen Kirche) war schon vor der Strassenthüre um 6 Uhr, als Curt kam, und drückte ihm dankbarst die Hände. Wie freute es mich, dass Curt so collegial gegen Andre ist. Das wird ihm Segen bringen. Nur kein neidischer, engherziger Künstler.

Es scheint sich übrigens an der Hand ein Abscess zu bilden. So wäre doch Hoffnung auf Ableitung.

Curt arbeitete heute an einem 4-stimmigen Liede mit Clavierbegleitung, wozu er den Text und das Motiv des Liedes nimmt:

[Im Original folgen Noten.]

Gegen Abend kam ihm aber die Idee, ein Miserere für Frauenstimmen  [72] mit Begleitung von zwei Celli und Violen zu componiren. Ich hoffe, er hält daran fest.-

Den 7t. April, Charfreitag.

Curt antwortete heute dem Wiener Männer-Gesangverein, bestätigte den Empfang des Ehrendukaten und dankte, dass sie seinen Namen durch Aufnahme in ihre Programme ehren. Abends war Miserere von Allegri in der Basilika, welches so gut ging, dass wir nicht um einen Viertels-Ton sanken. Ich stand wieder dicht neben Curt's Pult. Es machte mir Freude.

/T.B.2, 93/ Curt hat plötzlich den Entschluss gefasst, sein Requiem morgen Bote & Bock nach Berlin zu schicken, obgleich dieser nicht sonderlich ausstattet. Allein es ist doch eine sehr grosse Firma. Charsamstag, d. 8. April.

Das Requiem genau durchgesehen und dann dasselbe nach Berlin an Bote & Bock geschickt. /.../

Als wir gegen Abend in die Basilica gingen, wollte Scarli /Rheinbergers Hund/ mit. Curt that es und drohte ihm mit dem Stocke, vor dem Thore zu warten. Als wir auf dem Chore standen und in das Schiff hinuntersahen, sahen wir von ferne um alle Säulen "Zippi, Zappi, den Schweinehund!" Chasse â la suite "schnupp in die Luft machen".

13. April /1871/.

Gestern wurde das Quartett "Die Nacht" op. 56 mit Streichtrio- (od. Harmonium-) Begleitung fertig. Ich habe heute die ganze Partitur copirt.-

Curt war heute wegen seiner hochgeschwollenen Hand bei Prof. Buhi, welcher anderer Ansicht als Nussbaum ist und sagt, das vorjährige Leiden sei im Zusammenhang mit dieser Geschwulst. Seine Lunge sei ganz gesund; er rieth das Jodbad Adelheidsquelle [73].

14. April /1871/.

Curt hatte heuer sehr, sehr grosse Freude. Sein Lieblingsschüler Adolf Stroll ist wieder mit heiler Haut aus dern Feldzug nach zahllosen Schlachten und harten Tagen glücklich zurückgekommen. Anton Deprosse besuchte Curt. Er erzählte von all' seinen Machinationen und doch hat er es noch zu nicht viel gebracht!-

11. Mai /1871/.

Curt noch immer leidend an der Hand.

15. Mai 1871.

/.../ 

Unser III. Oratorienvereinsconcert fand statt unter Curts Leitung (trotz der wehen Hand). Es war Saul von Händel. Die Soli sangen Michal & Hexe Frl. Leonoff, leider zum letztenmale! Merab und eine Sopranpartie des David: Frau von Belli di Pino. David: Frau Koch aus Frankfurt, Jonathan: Herr Postsecretär Gebhardt, Saul: Herr Rüber und Samuel: Herr Bürkel. Die Chöre waren famos, nicht ein Nötchen fehlte.

/.../

16. Mai 1871.

An Bote & Bock in Berlin die 5 Motetten (op.40) für gemischten Chor abgeschickt. Honorar wurde vorläufig nicht angegeben.

Den 19. May /1871/.

An Schott in Mainz op. 52 abgeschickt, die fünf Gesangsquartetten für gemischte Singstimmen. Preisangabe des Honorars 40 Thaler. - Curt hat nun schon bei 12 Verlegern Verbindungen angeknüpft.

Wir waren heute wieder bei Nussbaum. Die Hand eitert ziemlich stark, doch soll nur mehr zwei Mal täglich ein Umschlag gemacht werden. -

Den 22. May /1871/.

An Forberg in Leipzig 6 Hymnen für 4 gemischte Singstimmen zum Preise von 30 Thalern geschickt.

23. May /1871/.

Curt kam ganz entrüstet von dem Mallinger-Concert nach Hause. Er sagt, "aus diesem Munde" hätte er es nicht ertragen, Mozart's Veilchen zu hören, desshalb ging er früher fort. Ihre brutale Coquetterie, die Unreinheit ihres Tones, der Vortrag und die Composition des Taubert - Liedes, mit welchem sie das Publikum haranguirte, hatten ihn vertrieben und dazu das dumme Publikum. Curt rief ganz schmerzlich aus: Ist man nicht ein Narr,einem solchen Publikum, das sich so an der Nase herumführen lässt, seine heiligsten Gefühle zu geben?

Wirklich - ich begreife, dass der alte Bach mit Wonne Stösse von Musik nur für seine Notenschränke schrieb.

/T.B.2,100/ Den 26. May /1871/.

Bote & Bock schickten die Motetten, Forberg die sechs lateinischen Hymnen zurück. Curt sandte heute sein Variationenwerk (für Claviersolo) mit dem Angebot von 30 Thalern an Siegl in Leipzig.

Den 27. May /1871/.

Curt schrieb an Capellmeister Schmidt in Leipzig, um zu erfahren, welche Entschliessung bezüglich der 7 Raben, welche er vor einem Jahre nach Leipzig eingeschickt, geschehen?

Curt hat nun 6 Löcher im Knochen der Hand (beim Zeigefinger, d.h. dessen Wurzel), welche stark eitern, dennoch fing er an, ein Clavierstück zu arbeiten.

Pfingstmontag, den 29. May /1871/.

Curt entschloss sich (auf mein Zureden) sein Requiem an Schott in Mainz zu schicken. Er schrieb, sie möchten das Werk wenigstens genau ansehen. Ich leugne nicht, dass es mich h e r z l i c h freuen würde, wenn es gedruckt würde und habe dasselbe daher mit Vergnügen gepackt. Armes Requiem, wärest Du eine décaltirte Polka, so hätten Dich längst die Verleger in die Arme gedrückt. Mir ist es um den Eindruck zu thun, den dieses Werk auf Seelen üben soll. - Draussen läutet es in milder Mainacht das "Ave Maria"! Es tönt so wehmüthig tröstend zum Fenster herein. -

In Paris ist der interessanteste Stadtteil ein Aschenhaufen, das Louvre, die Tuilerien, das Palais Royal, Fabrique des Gobelins sind mittelst Petroleum-Feuerregen abgebrannt.

J u n i

Vorabend des Dreifaltigkeitssonntags (= 3. Juni 1871).

Es ist Abend. Curt & ich wie alltäglich allein zu Hause. Ich holte mir Notenpapier, um eine einstimmige Messe zu skizziren und habe eben angefangen.

Da holt es Curt trotz seiner wehen Hand, und während ich hier einschreibe, ist das ganze 47 Takte lange Kyrie nebst Begleitung fix und fertig! Um 3/4 8 Uhr setzte er die Feder an - um 8 Uhr sang ich es schon mit der kleinen Orgel.

Perfall sagte gestern, dass der General-Intendant von Hülsen in Berlin Einsicht zu nehmen gewünscht habe in die Oper der 7 Raben. Curt schrieb daher an von Hülsen, sich auf Perfall berufend, und schickte 1. Partitur der Oper, 2. Partitur der Ouverture, 3. Clavierauszug der Oper und das gedruckte Textbuch mit. -

Siegl-Linnemann schickte die Claviervariationen mit Entschuldigungen wieder zurück.

Heute waren wir wieder bei Generalarzt Prof. Nussbaum. Er sagte, das Leiden würde noch ein halbes Jahr dauern. Also bis zum November! - Gott!! Gib Du uns Gnade und Stärke! -

Sonntag, 4. Juni /1871/.

Heute war das erste diessjährige Prüfungsconcert an der Musikschule. Am besten war der kleine Violinist Mayerhofer, Curt's Schüler Mossmayer mit einem Orgelpräludium von Bach und Frl. Keyl mit einer Schubert-Fantasie. Abends componirte mir Curt noch einen lieben, lieben einstimmigen Hymnus [74]. -

/T.B.2,106 ohne Datum, ca.5.-15. Juni 1871/.

Wieder ein Opus fertig gemacht, nämlich: Wache Träume, 7 Lieder für eine mittlere Singstimme mit Clavierbegleitung (der Lieder siebentes Heft). op. 57. Dieses Opus in Folge einer Anfrage nachstehender Firma: An Litolff in Braunschweig, mit dem Angebot von 50 Thalern gesendet, und zwar am

17. Juni /1871/.

Schott in Mainz wird Partitur, Stimmen und Clavierauszug des Requiems stechen. Wir arbeiten nun mit erneuter Kraft an dem Clavierauszug und ich habe unter die ausgeschriebenen Stimmen den deutschen Text zu schreiben. So hat sich wieder ein musikalischer, ernster Wunsch erfüllt - leider hat Curt in diesem Monate wieder sehr starken Husten. Die Hand bekommt immer grässere Löcher, doch spielt er etwas Clavier.

18. Juni /1871/.

Im II. Prüfungsconcerte der Kgl. Musikschule sangen sie Curts "All' mein Gedanken" [75] ganz prachtvoll. Es klang so jung, und besonders nach vorhergehendem, schmachtenden Gade [76] so frisch, urkräftig, decidirt u. gemüthvoll.

Ich hatte so viel zu schreiben am Clavierauszug und an den verschiedenen Stimmen-Eintragungen, dass ich das Tagebuch darüber vernachlässigte. Der Clavierauszug ist ganz fertig und sämtliche Requiem-Stimmen sind nach Mainz /an den Schottverlag/ geschickt.

Curt wurde am 30. Juni /1871/ zum Ehrenmitglied des akademischen Gesangvereins ernannt. Das Fest war ungemein anregend und das Heerbannlied [77] gefiel sehr, besonders den Sängern.

/T.B.2, 112/.

Vom 7.-8. Juli 1871 componirte Curt eine grosse Fantasie- Sonate für Orgel [78]. Wir wollen sie an Novello in London schicken. Vorher hat Curt für mich zu den monatli. Anbetungen der Erzbruderschaft eine einstimmige Messe [79] geschrieben: Kyrie, dann Verbum aeternum als Graduale, Sanctus & Agnus Dei, das ich bereits in diesem Monat sang.

den 13. Juli /1871/.

Curt componirte 2 dreistimmige Männerchöre [80] für eine Sammlung dreistimmiger Gesänge, wozu Präfect Schaller vom Chorknaben- Institut ihn einlud.-

Reizende Gedichtsammlung von "Lemcke" entdeckt, die sehr viel Musikalisches enthält.

In der Stadt ist jetzt Jubel und Fest-Vorbereitung. Herrlich für Glückliche. Aber die Todten und Trauernden?!! Litollf schickte die Lieder "Wache Träume" wieder zurück. Die Begleitung sei zu schwer, sonst gefielen sie gut. Leichte Waare hat Curt nicht.-

Die Hand eitert noch immer stark!!!

den 19. /Juli 1871/.

Heute hat Curt unter - für eine Hauptstadt von 188.000 Seelen - unglaublichen Schwierigkeiten seine Fantasie- Sonate an Novello nach London geschickt. Von Pontius zu Pilatus, von /T.B.2,113/ Paketschalter zu Briefschalter geschickt, wog das Paquet hier 15, dort 17 Lot, was unter Personal und Briefschaft-Aufgebern grösste Unruhe verursachte - "Ja, mein Herr, das Paquet müssens besser verpacken, sonst stehen mir für nix!" (Es war in Wachsleinwand mit leider 3 Sigein und hatte leider nur 3 Begleitscheine!)." Wenn Sie's riskiren wollen?....!“ - Curt rief:" In Gottes Namen, riskiren's mir's halt, vielleicht kommt's doch an-" und zahlte 2 fl 45 Xr. Porto! -

(Was mag wohl Mozart an Porto gezahlt haben, da es ihm sogar gelang, eine Claviersonate his Amsterdam zu schikken! -).

Curt hat gestern ein kleines Clavierstück "Erinnerung" [81] für ein Album von Mohr (es ist doch nicht etwa der Sohn des alten Mohr, auf dessen Grabstein steht: "Hier liegt ein Mohr, was kann er davor?") geschrieben.

Heute kam eine Aufforderung von Berlin für eine Besprechung der Sieben Raben für die Zeitung von Bote und Bock.

1. August 1871. Letzter Tag in München vor der Abreise nach Bad Kreuth.

Curt hatte in den letzten Tagen viel zu thun mit den Prüfungen der Kgl. Musikschule. Heute Abend ist das letzte Concert und morgen gehen wir, wenn niemand Kopfweh hat, nach Bad Kreuth, wohin es Curt alljährlich zieht. An seinen Schülern hatte er sehr viel Freude und es ist besonders Max Meyer aus Weimar, der sich durch die gute Composition für Streichorchester auszeichnete, und Buonamici, der sich eine Preisbelobigung errang, sowie Glötzner durch sein Orgelspiel, welche Curt grosse Befriedigung gewähren. Er selbst hat durch die wehe Hand einen grossen Aufenthalt in seinen Arbeiten; /T.B.2,117/ dennoch gab er seit einem Jahre so viel heraus, dass er nur voranschritt.

1. October 1871. München.

Die zwei Monate Ferien sind vorüber; erst 4 Wochen in Kreuth, wo Curt Sir Julius Benedict aus London kennenlernte, dann 8 Tage in seiner Heimath Liechtenstein, wo ihm die Bestellungs-Vermittlung einer neuen Kirchenorgel aufgetragen wurde, dann noch 3 Wochen in Bad Büchl bei Benedictbeuern, wo Curt ausschliesslich der Pflege seiner kranken Hand lebte. Die Wunden sind noch offen, doch scheint jetzt ein Fünkchen von Hoffnung, dass sie sich mit der Zeit schliessen werden.

Im August componirte Curt auf Bitte der Sonderegger'- schen Buchhandlung in Chur "Lasset uns sterben"[82], "Rosen im Haar" [83], "vaterländischen Gesang" [84] von Lemcke, und als er wieder zurückkam, componirte er gleich ein Clavierstück, das ich "Zum Abschied" [85] taufte und sogar an einer Stelle nach meinem Geschmack änderte. -

Gelächelt weil Fritzsch in seiner Zeitung durchaus aus Peter Cornelius einen berühmten Mann machen will. Hätte Curt einiges Talent gezeigt, ein Wagnerschleppträger zu sein, so wäre ihm wahrscheinlich ein ähnliches Glück wiederfahren.

/T.B.2, 121/ 14. October /1871/.

Curt hat schon mehrere Scenen am Clavierauszug, d.h. an der Composition der komischen Oper. Wenn er daran arbeitet, darf ich nicht aus dem Zimmer gehen, weil beständige Textänderungen erforderlich sind. -

An den Verein dramatischer Autoren in Leipzig den Beitritts- Betrag von 5 Thalern gesendet.

Curt arbeitet an der III. Scene des 1. Aktes seiner komischen Oper "Rathaus & Thurm" [86]. Es müssen sehr viele textliche Änderungen gemacht werden.

Vorgestern kaufte er sich für 100 fl. eine neue Taschenuhr, an der er sich hoffentlich noch 3 Jahrzehnte [87] gründlich erfreut.

16. October /1871/.

Die Druckbogen des Clavierarrangements des Nussbaum- Quartetts [88] sind gekommen. Wir spielten es genau durch und fanden, dass gar kein Druckfehler darin sei. Während des Spielens kam Curt die Idee, im Laufe des Winters eine Matinée zu geben, in welcher er Compositionen seiner Hand (Kammermusik) zur Aufführung bringen will. Es würde mich freuen - aber die Gesundheit? - Er will diese Matinée nur vor eingeladenen Gästen geben.

Stahl war da und Curt spielte ihm seine ganzen Scenen vor. Er war glückselig über die Frische und den kerngesunden Humor derselben. Curt sagt, das Componiren daran sei überhaupt weitaus das Lustigste und Befriedigendste - zumal wenn man an die Launen der Theaterprinzen denkt. Wir konnten übrigens heute Nacht Beide nicht schlafen, so sehr waren wir von der Oper hingenommen.

/T.B.2, 123/. Ich räumte heute Curt's Notenkasten auf. Welch ein Heer von Compositionen hat er schon! -

Am 5. October hat Curt die ersten Takte der Introduktion seiner neuen komischen Oper: Thurm & Rathaus geschrieben, und heute

Sonntag, den 22ten October

ist der ganze erste Act componirt und im Clavierauszug geschrieben! Soeben haben wir's durchgenommen. Curt componirte heute das Duett-Finale. Wir fühlten Beide, dass es sehr dramatisch ist und werden uns hoffentlich nicht täuschen. Vor 4 Wochen noch in Bichl - und jetzt ein ganzer Akt - der dritte Teil der Oper, componirt! Es ist unfasslich!- Curt sagt, das Componiren sei das Lustigste an solch einem Werke.-

25. October /1871/

Curt ist colossal fleissig. Er hat schon 2 Scenen des II. Actes componirt und ist gegenwärtig an der 3., da Frau Rothkopfin hereinkommt und das Mädchen ausschilt. Jetzt kommt dann der grosse Chor der Rathsherren etc.

/.../

Wir studiren gegenwärtig mit grosser Begeisterung an Händels Theodora, die wir zur erstmaligen Aufführung in Deutschland bringen wollen. Von Curt's Thätigkeit lässt sich schwer eine Schilderung machen. Die Wunde an der Hand ist noch offen, macht aber doch den Eindruck, als wenn sie sich in diesem Jahre noch schliessen wolle. Geduld, Geduld, Geduld!-

/T.B.2,123/ 28. October /1871/.

Warum soll ich es nicht niederschreiben? Ich habe geschluchzt wie ein Kind, als mir Curt soeben den Chor

"O Du mein lieber Herregott,

bewahr' die Stadt vor Angst und Noth" [89]

vorspielte. Auch Curt hatte Thränen in den Augen, und konnte dann nicht mehr schreiben, so dass er den Hut nahm und in's Freie ging.

Heute Abend wird im Hoftheater zu Mannheim die Wallenstein- Sinfonie gegeben.

Es ist Abend. Curt schreibt noch immer unermüdlich. Nun ist er bereits bei der Schlussscene im Sitzungssaale, wo das Volk den Einzug der Schweden meldet. Die nächste Woche wird "der Lyrik auf dem Petersthurme" geweiht. Ich freue mich darauf!-

/T.B.2,125/ Den 4. November schickte Curt den Clavierauszug zum Thal des Espingo, den Cavallo unter seiner Leitung anfertigte, an den Männergesangverein in Wien. Er componirte den ganzen Tag. Gestern dichtete ich noch 40 Zeilen zum Quartett-Finale des II. Aktes. Curt componirte es heute.

5. November /1871, Allerseelensonntag./

Curt ist mit dem 2. Akte der Oper fix und fertig. Am 22. Oktober fing er den 2. Akt an und heute liegt er fertig da. Wir hatten ernste Unterredungen mit Stahl, der den III. Akt nicht gerne ändern wollte; nun sind wir aber im Reinen und ich hoffe, zum Vortheil der Sache. Einen Abend war Buonamici da, Curt spielte ihm die ganze Sache vor und Buonamici sang die Tenorparthie aus der Oper und konnte sich nicht genug über die köstliche Sangbarkeit wundern. "Sehen Sie", sagte Curt zu ihm, " Sie gehen zu den Deutschen in die Schule, und ich zu den Italienern".

Wir haben in meinem Zimmer das prachtvolle Colosseumsbild aufgehängt, welches Curt von Bülow aus Florenz geschickt bekam. [90]

Heute kamen die Druckbogen des grossen Requiems.

Der junge Hieber will morgen in der Theatinerkirche das kleine Requiem [91] /op. 84/ Curt's aufführen. Da hatten wir heute Probe . Der Chor vom Volkstheater und von der Theatinerkirche, einige Studenten, Theodor Auracher, Buonamici etc. und ich sangen die Probe in dem Übungszimmer des Odeons. Ein eigenes Gefühl, so etwas zum erstenmale zu hören.

6. November /1871/.

In der Theatinerkirche kam heute Curt's kleines Vokalrequiem zur erstmaligen Aufführung. Hieber hatte es sehr gut einstudirt und Alle, selbst der Volkstheaterchor, sangen gern und gut. Curt hörte es draussen und kam zur Überzeugung, dass eine Umarbeitung des Requiems nicht notwendig sei.-

Er componirte heute den ersten Chor des III. Aktes - den Schwedenchor - sehr lustig!

10. November /1871/.

Die Druckbogen der Requiem-Partitur nach Mainz zurückgeschickt. Es wird ein reizender Stich.

12. /November 1871/.

Curt arbeitet ungeheuer scharf. Heute hat er bereits die Ensemble-Scene von Wildenbrandts Verurtheilung componirt. Er klagte, dass die Scene so lang sei, wie ein Bandwurm. Glücklicherweise konnte ich ihm durch einen Rath zu gutem Schlusse verhelfen, indem ich ihm sagte, er solle nach Wildenbrandts Befreiung gestern folgende Melodie singen lassen:

[Im Original folgen Noten.]

Diese Melodie stammt aus alter Zeit und ich habe sie einst die Donau hinunter für mich gesungen zwischen Linz und Wien. Curt fand den Einfall gut und ich schrieb auch gleich die passenden Worte dazu. Draussen fiel der erste Schnee, Curt und ich arbeiteten in höchster Zufriedenheit und Einigkeit, in herzlichstem Glücke daheim. Es war kostbar. Es sind wahrhaft schöne Stunden. -

/T.B.2, 130/.

Am 5. October 1871 hat Curt die Composition seiner 3-aktigen, komischen Oper begonnen, und heute Abend,

den 16. November /1871/

durfte ich die Schlussnote des III. Aktes setzen. Nur ich weiss, was er in dieser Zeit geleistet hat. Leider hat er viel Zahnweh.

17. November /1871/.

/.../ Curt hat vom Könige einen Auftrag bekommen: Die Musik zu Racine's Esther zu componiren. Curt antwortete erst, warum Wagner die Musik nicht componire, und wird sich jetzt die Bedingungen überlegen.

18. /November 1871/.

Curt kam zur Überzeugung, dass der III. Akt zu kurz sei. Er hatte den guten Einfall, noch eine Scene vorhergehen zu lassen. Ich dichtete den Text dazu. Es muss nämlich ein abgetheilter Kerker sein, darin Wurzel und Heinrich Wildenbrandt schlafen und dann beide "Lieben" ans Gitterfenster kommen, um Trost zuzusprechen. Es giebt dies Stoff zu einem hübschen Quartette. Vier Seiten gedichtet von 1/2 9 bis 10 Uhr. Stahl kam mittags und war ganz einverstanden.

19. November 1871.

Wie ein Kind hatte ich mich gestern Abends gefreut, mit Curt zu dessen ehemaligen Lehrer /J.J.Maier/ zu gehen und dabei zu sein, wie er seine Oper vorspielte. Da ich es nicht ausgehalten hätte, während dieser Zeit neben Frau Maier auf dem Canapee zu sitzen und über Haushaltung und Catarrh sprechen zu hören, rückte ich mir einen Stuhl hinter Curt und musste schon über die kleinliche Vorbereitung Maier's lächeln, wie er die Lampe aufstellte (wie umständlich), dann einen Lichtschirm an das Licht zwängte, sich selbst eine andere Brille aufsetzte, den Stuhl ins Quadrat auf den richtigen Platz auf den Boden einbaute, eine enorme Prise nahm, räusperte, und es dann losgehen liess! Der deutsche Professor vorn Bilderbuch - lauter Kritik und Verstand, nicht ein Quäntchen Gemüth - nach Aussen!-

Curt einfach, lieb, ohne Praetension und Anmassung, spielte von A - Z die Oper ... und ich wunderte mich nur, dass er nicht mitten drunter auffuhr, das Buch zuschlug und sagte: i mag nimmer. Bei den lyrischen Stellen keine Bewegung des Kopfes von Seiten Maier's - bei den komischen kein Lächeln, bei den fugierten kein Zucken. Als Curt beendet hatte, liess er seine Einwände los: hier um 6 Takte länger - hier einen Übergang statt eines Abschlusses, dort die Strophe eines Liedes weg.- Das war Alles, was er sagte - hatte aber glührote Backen und unter dem Stuhle lag eine Fuhr Schnupftabak, der ihm aus der Nase gefallen war. "Es ist Ihnen heiss geworden", bemerkte ich ihm, um doch etwas zu sagen.

"Ja, das kommt, weil ich eine schärfere Brille aufgesetzt habe." (Ja nicht aus Anregung der Musik - Gott bewahre.) Nachher wurde zur Nacht gegessen und viel von Haushaltung und praktischen Einrichtungsgegenständen gesprochen, auch von Hauptmann's Briefen.-

Als wir auf die Strasse kamen in die helle, frische Winternacht mit den beschneiten Dächern, den Sternen am Himmel und dem einsamen Licht auf dem Petersthurme oben, quoll mir das Herz über. Ich sagte Curt, wie abgeschmackt es von Maier sei, dass er nicht ein ermuthigendes Wort gesagt habe, wie mir Buonamici's warme Theilnahme so gut gethan etc. - Curt lächelte. "Wie kann man Maier und Buonamici vergleichen wollen,"sagte er. "Ja wohl, das ist wie Kühleborn und Petrarca." Heute sagte Curt lächelnd zu mir: "Nun wirst Du würdigen können, was das heisst, drei Jahre bei Maier als Schüler auszuhalten. Ausser mir hat auch keiner ausgehalten!" "Ich hätt's auch nicht ausgehalten", rief ich. "Das glaube ich auch", erwiderte Curt.-

Zu den Mitteln, aus Peter Cornelius "einen berühmten Mann" zu stempeln, gehört auch das, dass in einem Berichte über die Kgl. Musikschule in München steht, Peter Cornelius sei der erste gewesen, der den Muth gehabt, das Lehrsystem nach Hauptmann einzuführen. (Cornelius hatte, als er angestellt wurde, Curt dringend gebeten, ihm zu zeigen, wie man überhaupt unterrichte!) Ich brachte diese Zeitung von der Staatsbibliothek heim und war froh, dass Curt eine "Berichtigung" an die Redaction der NZfM [92] schickte, worin er erklärt, dass er das Buch eingeführt. Diese Unverschämtheit geht zu weit.

den 25. Nov. 1871.

Curt hat nun das von mir gedichtete Quartett dem III. Akte vorgesetzt, fertig componirt und bereits an der Partitur angefangen. Er schrieb seit gestern 13 Partitur- Seiten.

Curt ist vom Zahnweh befreit, seit ihm Dr. Beroz behandelt, der wahrscheinlich den Nerv tötet.

Sonntag, 26. November 1871.

Curt hat heute 12 Partiturseiten an seiner Oper geschrieben.

[An dieser Stelle findet sich in Franziska Rheinbergers Tagebuch eine längere Eintragungspause. In diese Zeit Fällt ein Besuch des Ehepaares Franz und Hedwig von Holsteins aus Leipzig anlässlich der Münchner Erstaufführung der Oper "Der Haideschacht" von Franz von Holstein am 26. November 1871 im Hoftheater.]

/T.B.2, 132 / 11. Dezember 1871.

Erste Aufführung in Deutschland von Händels Theodora durch unsern Oratorienverein!

Nach zahllosen Hindernissen brachte Curt es dahin, dass heute Abend das Concert stattfinden konnte. Es ging vorzüglich und begeisterte Sänger und Hörer. Vergangenen Samstag sagte Frl. Salburg ab, weil sie krank wurde, nachdem sie die Theodora herrlich studirt hatte. Am Samstag noch trat Frau von Beili ein, der die Parthie ganz fremd war, und ihr Eifer und Curt's Mühe brachten es dahin, dass sie die ganze Parthie heute schön und ohne alle Fehler sang. Bei der Hauptprobe war Scholz nicht gleich da, weil er sich rasch einen Zahn hatte ausnehmen lassen, und plötzlich kam ein Diener aus dem Theater, die Orchestermitglieder könnten morgen nicht spielen, da sie zum Ballet müssten! Curt lief nach der Hauptprobe mit Legationsrath Mayer zu Perfall, der ihm sogleich das Orchester zugestand.

Gestern und heute ging nun Curt zu Frau von Belli, und mit grosser Besorgnis harrten wir auf den heutigen Abend... aber die guten Geister waren mit uns. Dieser ehrenvolle Abend wird uns unvergesslich bleiben.

/…/

17. Dezember /1871/.

Curt schickte endlich an Rubinstein in Wien seine grosse Concertfuge [93], die er ihm gewidmet hatte.

Curt ist fertig mit der Partitur des ersten Actes der komischen Oper /Thürmers Töchterlein/.

27. Dezember 1871.

Heute war Lachner da, um den ersten Akt von Curt's komischer Oper zu hören und trank vorerst behaglich mit uns Cafè. Dann spielte Curt und es war interessant, die Theilnahme und das Falkenauge des Altmeisters zu beobachten, der mit solchem Verständnisse die Partitur überflog. Sein Urtheil war höchst befriedigend. Sowohl der Text als auch die Composition gefielen ihm ausnehmend. Er sagt, die Situationen seien plastisch komisch und höchst wirksam, auch ohne Worte. Über Curts komisches Talent staunte er. Es war ihm diese Seite seines Könnens ganz neu. Er meint, Curt solle doch die Parthie der Rothkopfin der Frau Diez geben; denn für diese sei sie wie geschaffen.- Curt, der den ganzen Akt aus der Partitur spielte, war auch ganz zufrieden von dem Eindruck, den er davon empfing. Die eingelegten Scenen statt der Dialoge thun gar gut. Ich habe noch die Scene auf dem Thurm zu machen.-

Adio, Jahr 1871.
 

/T.B.2, 140/

1 8 7 2

Montag, den 1. /Januar 1872/.

Die erste That des neuen Jahres ist, dass Curt dem Verleger Seitz in Weimar seine fünf Motetten [94] um den Preis von 25 Thalern überlässt. Die erste Motette heisst: Was toben die Heiden [95]? -

Die zweite That war, dass Curt die II. Scene des II. Actes seiner komischen Oper in Partitur setzte, er schrieb heute neun Seiten. Gebe ihm nur Gott die Gesundheit, dass er das Werk ausschreiben kann, Er hatte massenhaften Besuch von Schülern und Collegen. Zum Glück ist auch in seiner Heimath alles wohl.

Dienstag, 9. Januar /1872/.

Heute wurde Curt's Ouverture zu den 7 Raben in Dresden aufgeführt; s'wird wohl gerade vorüber sein und der sächsische Hasché /?/ seine Glacés beim Applaudiren nicht verrungenirt haben, weil mich seine Schwiegermutter hasst.

Curt schrieb an Haase in Leipzig, er möge ihm die Partitur der 7 Raben zurückschicken, da er nach 2 Jahren noch keinerlei Bescheid aus Leipzig bekommen.

Die 25 Thaler von Robert Seitz für die Motetten sind eingelaufen, folglich werden letztere gedruckt.

Mittwoch, 10. Januar /1872/.

Heute bekam Curt von Reinecke [96] ein hübsches Stückchen: Gigue, gewidmet mit anliegendem Briefe [97].

Curt instrumentirte heute das Terzett des II. Aktes "0 Vaterlieb', du Gottessegen". Ich sah ihm dabei in stillem Glücke zu. Hoffentlich kann er die Oper ohne Störung zu Ende schreiben.

Freitag, 12. Januar /1872/.

Curt componirte heute noch die Scene auf dem Thurme, wo die doppelte Brautwerbung stattfindet, die dann an das Quintettfinale schliesst. Ich hatte ihm die Worte dazu geschrieben.

Abends war er dann noch so lieb, mir in die einstimmige Messe das noch fehlende Benedictus zu componiren, während Mama und ich am Tische, wo er sass, ungenirt plauderten. Er hatte sich dabei folgende Beschränkung auferlegt: 1) Das Benedictus muss in einer halben Stunde componirt sein, 2) Es darf kein Schreibfehler gemacht werden und keine Note falsch geschrieben sein, 3) es darf nicht länger als eine Seite (eng geschrieben) sein, 4) es darf in der Stimmlage nicht über eine Oktave Umfang haben, es muss leicht spielbare Orgelbegleitung sein. -

Ich bat ihn dringend, mir zu erlauben, dass die Messe für unsre Vereinsandachten gestochen würde.

/T.B.2, 146/ 23. Januar 1872.

Curt bekam Nachricht von Hofmeister, dass er sein Variationen-Studienwerk [98] stechen werde. "Wieder ein Ladenhüter weg", sagte er ganz trocken komisch.

Er arbeitet jetzt an der II. Scene des III. Aktes, nachdem er die grosse Arie Wildenbrandt 's auf meinen Wunsch geändert hat. Sie trägt jetzt mehr den Charakter des jungen Menschen - schwärmerisch - leidenschaftlich, von einem Extrem in das andere fallend.

Den 26. /Januar 1872/.

Julius Jos. Maier ist der Ansicht, dass Curt einen ganz energischen Brief an die Leipziger Theaterdirektion mit Androhung gerichtlichen Einschreitens schreiben soll, um endlich Antwort oder Rücksendung der Partitur der 7 Raben zu erlangen. Am 26. Mai 1870 schickte Curt die Partitur ein, am 26. Mai 1871 frug er bei Capellmeister Schmidt an und vor 4 Wochen schrieb er an Haase. Keiner antwortet. Es ist eine unerhörte Flegelei. -

Curt arbeitet gegenwärtig am Schwedenchor des III. Aktes. Er hat bereits weitere Pläne im Kopfe und lud mich ein, ihm irgendeinen sagenhaften Text zu dichten. Ich denke an die schöne Legende des hl. Christof.

Gestern übersetzte ich für Franz Lachner sein Stabat Mater und schickte es ihm. Da es achtstimmig und im lateinischen ungleich deklamirt ist, war die Mühe des Übersetzens gross. Curt's arme Hand ist noch nicht ganz geheilt.

/T.B.2,.148/ den 27sten Januar /1872/.

Es fehlen noch zwei Seiten, dann ist der Schwedenchor fertig geschrieben. Manchesmal bedaure ich Curt um all die Mühe und rufe ihm zu: Armer Curri! "Ja, da hilft jetzt alles nichts. Durch muss ich!'' antwortet er und schreibt weiter. Er hat grosse Energie. Er freut sich aber auch sehr auf Überwindung des Ganzen.

/…/

/T.B.2,154/Sonntag, den 4. /Februar 1872/.

Curt und ich sassen am stillen Sonntag Morgen bei der Arbeit, Curt an seinem Schreibtische, ich am Stickrahmen; da brachte der Postbote ein grosses Paquet; ich dachte erst, es sei die Partitur der 7 Raben. Doch nein, das gro- sse Requiem kam. Ein ergreifender Augenblick, dieses Werk, an dem wir Beide so lange gearbeitet, das an all die herben Verluste des grossen Krieges schmerzlich erinnert - gedruckt vor uns liegen zu sehen. Gedruckt mit schönen Titelblättern und nun reisefertig, um in die Welt zu ziehen und an die Herzen der Menschen zu pochen!

Wie nahe stand es, dass Curt die Ankunft dieses Werkes nicht erlebt hätte.

Und wie wäre mir dann?! Herr ich danke Dir!

/T.B.2,155/ 16. Februar /1872/.

Nun hat Curt wirklich die letzte Note an der Composition seiner Oper /Thürmers Töchterlein/ geschrieben. Seit ich zuletzt hier einzeichnete, hat er die Ouverture nicht nur componirt, sondern auch ganz in Partitur ausgeschrieben. Wenn sie nicht gut ist, fällt ein Teil der Verantwortung auf mich; denn ich habe (auf seinen eigenen Wunsch) viel dreingeredet. Inzwischen war auch der Regisseur Grandauer da , dem Curt sein Werk vorspielte und auf dessen Vorschlag er auch einige Änderungen machte. Nämlich statt drei Akten 4, damit die Theaterdekoration mit ihrer Beleuchtung möglichst gut vorbereitet werden kann. Ferner riet er Curt, in den Schwedenmarsch ein Trio einzulegen, damit der doppelte Kerker möglichst gut entfernt werden könne. Curt dachte dann, dass hier als Trio ein schwedisches Nationallied am Platz wäre; ich ging deshalb auf die Staatsbibliothek, holte ein Buch und noch am selben Tage war die Partitur dieses Trio's notiert

Das Lied heisst so: Mån stenbocks visa.

[Im Original folgen Noten.]

Als das fertig war, componirte er noch ein paar Melodrame, da Grandauer glaubt, es mache sich das Sprechen nach dem Terzett des III. Actes (0 Vaterglück) zu trocken.

Heute kam uns noch die Idee, ob es nicht doch recht vortheilhaft wäre, wenn der Thürmer auch ein selbständiges, behagliches Lied sänge. Ich wäre sehr dafür, da solch ein Lied, wenn es gelingt, ein wahres Volksgeschenk ist.-

Curt hat einen herrlichen Gewinnst im Kunstverein gemacht. Eine Alabasterbüste von Hauptmann, griechisch-ideales Weib darstellend. Er betrachtet es als Belohnung für Vollendung seiner Oper.

/T.B.2, 160/.

Curt schickte die Partitur der Oper ein.

"Jetzt heisst es, moralische Wasserstiefel anziehen", sagte er zu Stahl. -

Wieder ein Lebensabschnitt. -

/T.B.2,160/ /27. Februar 1872/.

Tüchtig gearbeitet am Clavierauszug. Wahrscheinlich werden wir Ende Februar noch fertig mit dem I. Acte des Clavierauszuges. Wenn nur die arme Hand endlich - endlich heilen möchte! -

/T.B.2,162/ /29. Februar 1872/.

Der Schalttag des Monats Februar wurde benutzt um das Requiem an Prof. Jul. Stern in Berlin zu schicken.

Curt schreibt dazu. Ob es Erfolg hat?

Es ist mein Wunsch, dass Curt sein Requiem dem König übersenden soll. Curt glaubt, nein...

Doch hoffe ich, ihn dazu zu bestimmen und will das Buch schön in schwarzem Samt mit Silberecken binden lassen.

Heute, am 2. März, erhielt Curt ein Schreiben von der Hoftheater-Intendanz, dass seine Oper "Thürmer's Töchterlein" angenommen sei und dafür pro Aufführungsrecht 200 fl geboten würden. Wenn nicht im Laufe des Sommers, so käme die Oper jedenfalls im Herbste l/aufenden/ Jahres dran. Ich brachte Curt diese Nachricht selbst an seine Schule. Nun habe ich wieder mehr Lust am Clavierauszug zu arbeiten.

/T.B.2,162/ 16. März 1872.

Gestern führte Curt Lachner's Requiem im Oratorienverein auf und Händel's "Trauerhymne" [99]. Die Soli des Quartetts von Händel "Wessen Ohr sie hörte, der pries selig sie" und des Requiems wurden gesungen von Frau Grill (schlecht), Frl. Hedwig Kindermann, Herren Gebhard, Niklitschek & Rüber. Die Chöre gingen sehr frisch und schön. Das Concert war stark besucht. Ich bin für Curt froh, dass es vorbei ist. Er leidet ohnedies viel an Kopfweh. Wenn alles gut geht, gehen wir Mittwoch nach Prag. Ich habe das Requiem von Curt prachtvoll in Samt & Silber binden lassen. Er bekommt es zu seinem morgigen Geburtstag. -

/T.B.2, 165/.

Reise nach Prag

Der Vorabend (21.März 1872) des Reisetages war uns sehr unbehaglich. Wir nahmen's innerlich tragisch und schwiegen drum. Wenn man's zu Hause so gut hat, geht man nicht gern auf die Wanderung. -

Als wir am 22. März (Freitag) Morgens auf den Bahnhof kamen, standen Curt's Schüler da, Glötzner, Hohenegg, Grossmann, Buonamici, Kliebert und Bussmeyer, um ihm glückliche Reise zu wünschen. Ein reizender Gedanke von den Kerls. -

Nach dreimaligem Wechseln endlich ein gutes Coupé gefunden, wo wir uns etablierten. Zwei nette, norddeutsche junge Leute fuhren mit. Der eine zog als lecture ein Opernlibretto heraus: "Die Stumme von Portici"! Kein Zweifel - er kam von München! In Regensburg gefiel uns vom Bahnhofe aus das Profil der alten Stadt so sehr gut. Die Thürme des Domes. Curt freute sich, auf dem Rückwege ein paar Tage in der schönen Stadt zu bleiben. In Schwandorf wurde die Gegend ungewöhnlich. Die Farben und Linien des bayerischen Waldes waren uns sehr .fremd, aber in ihrer eigenthümlichen Weise und der etwas fremdartigen /T.B.2,166/ Einsamkeit die Gegend anziehend.

Von Furth nach Prag sind die Stationen sehr lang und man freut sich, wenn man wieder Dörfer und Menschen sieht. Es macht so recht den Eindruck der Fremde. Curt hat Kopfweh.

Er besuchte sogleich Krejći, der ihn aufforderte, Nachmittag seine Sinfonie zur Probe zu dirigiren. Ich sah inzwischen die Stadt an, die ich herrlich finde. Es zog mich in die Kirche. Wie bangte ich, dass Curt krank würde. Er kam sehr zufrieden von der Probe heim; die jungen Geiger haben einen merkwürdigen Schwung, sie spielen mit Leib und Seele. Curt machte Besuch bei Graf Waldstein, dem indirekten Nachkommen des alten Wallenstein, dessen altes Palais er noch bewohnt. Er lud Curt zu Tische ein. Curt schlug es aus, weil ich bei ihm war. "Ich bin kein reisender Virtuos, der sich einladen lässt, indessen die Frau im Hotel sitzt", sagte er zu mir ganz stolz; "meine Frau gehört zu mir". Waldstein sei etwas frappirt gewe- sen und Krejći habe sich in böhmischen Bücklingen gewunden. - Curt schlief schlecht, hatte heftiges Kopfweh und Husten, was mir Sorge machte.

Es war ein nebliger, düsterer, winterlicher Palmsonntag (24. März 1872). Vormittags ging ich theilweise allein, während Curt einige Besuche bei Peche, Bärenreither, Krejći etc. machte, Nachmittag aber führte er mich auf den Hradschin. Wie seltsam die breite Treppe hinter der Mauer /T.B.2,172/ hinauf, wo von 6 Stufen zu 6 Stufen Bettler kauern, die an Armseligkeit in München ihresgleichen nicht haben.

Oben war es ... wie es eben am Hradschin allein ist: grossartig, herrlich, imponirend von Geist, Natur, Geschichte, Erinnerung! - Auch den Dom angesehen, und die kleine Wenzelscapelle, wo es so überreich an Schmuck, so kostbar ... und so melancholisch ist; denn aus allen Juwelen und kostbarem Gestein gähnt einem der Tod entgegen. Gegen Abend besuchte uns der liebenswürdige Fasanenspender, Herr von Peche. Still im Hotel geblieben, da sich Curt unwohl fühlte. -

Montag (25. März 1872).

Den Tag der Besichtigung der herrlichen Stadt und der Hauptprobe gewidmet. Es ging vortrefflich. Graf Waldstein kam herunter zu uns. Während der anderen Probenummern setzte sich Curt neben mich und da es kühl war, legte ich ihm den Plaid über die Knie - so lauschten wir, bis es ihn traf.

Am nächsten Tage, Dienstag (26. März 1872), war die Aufführung. Den Tag über schwiegen wir viel. Curt war erregt.

Aufführung der Wallenstein-Sinfonie in Prag.

Curt wurde mit Applaus empfangen, als er erschien. An seinem Pulte hing ein Lorbeerkranz, den ihm seine Schüler an das Pult gelegt hatten (von München aus geschickt). Das Werk fand eine vortreffliche Aufnahme. M i r war es eine ernste Feier, es wieder zu hören, spielt es doch in meiner Leidensgeschichte eine so grosse Rolle: "Im letzten Satze", sagte mir Curt einmal, "ist Deinethalben jede Note mit meinem Herzblute geschrieben". (Krankheitszeit!).

Wir waren den Abend noch ganz still zusammen, weil Curt keine Einladung angenommen hatte. So sind wir in Leid und Freud immer allein zusammen! Mir wurde selbst im Werke heute erst manches klar. So das Zögern Wallensteins woran sich das Befragen der trügerischen Sterne reiht. Eine tiefe Bedeutung.-

/T.B.2,172 Forts./.

Als wir andern Tags, Mittwoch, 27. (März 1872) am Morgen auf die schöne Bastey gingen, die Vögel sangen und der keimende Frühling sicht- und hörbar wurde, war uns recht weich und dankbar zu Muthe. Nicht übermüthig lustig, sondern recht weich. So eigenthümlich friedvoll in der fremden Stadt, so unbeschreiblich. Es war eine ganz musikalische Stimmung. Photographien gekauft. Nachmittag, nachdem wir bei Peche's ein köstliches Diner gehabt, das Wallenstein- Palais besucht und dann, da uns ein bei Peche's anwesender Gast seinen Wagen überlassen und dem Kutscher Weisung gegeben hatte, wohin er uns .fahren soll, eine prachtvolle Fahrt über den Hradschin, die hohen Anlagen und Carolinenthal gemacht. Leider bekam Curt solches Kopfweh, dass ich in der Nacht die ernste Besorgnis hatte, er möchte sehr krank werden. -

Donnerstag (28. März 1872)

wurde es besser. Wir fuhren nach Dresden. Die Gegend ist /T.B.2,173/ durch die sächsische Schweiz sehr romantisch, theilweise aber arm. Dresden machte uns einen köstlichen Eindruck. Nur die Luft ist schlecht und Curt hat immer Kopfweh. Die Brühl'- sche Terasse besucht, dann die beiden Capellmeister, Rietz & Krebs, und dann die schönen Kirchenfeierlichkeiten des Gründonnerstag mitgemacht. So schön. In der Fremde diese katholische Heimat. Wir wohnten im reizenden Hotel Bellevue. Vor den Fenstern steht das Gerüst des neuen Theaters. Hoffentlich erleben wir es, dass innerhalb dieses Raumes noch einmal Rheinberger gespielt wird. Graf Platen sei sehr gegen alle Neuerung und neue Opern. Wir wollen sehen.

Die Kohlenluft bekam Curt auch in Leipzig nicht gut, wo wir uns sonst wegen Holstein's, deren künstlerisches Interieur uns entzückte, sehr wohl befanden.

Die musikalische Kleinstaaterei kam uns allerdings dort komisch vor. Es interessirte mich, Curt's viele Verlagsfirmen augenscheinlich kennen zu lernen. -

Ostersonntag (31. März 1872)

feierten Curt und ich als Catholiken in der katholischen Kirche. Dann, nach verschiedenen schönen und lustigen Eindrücken, fuhren wir Ostermontag (1. April 1872) nach Regensburg und als wir Dienstagmorgen unter der Halle der "einzigen" Walhalla standen, wurde uns das Herz sehr weit und gross. Dieser frohe Frühling - Vogelgesang - Gottes und Menschengeist - überstandene Kunstreise, der majestätische Fluss zu Füssen, die blauen Bergeslinien in der Ferne... das war eine gottbegnadete Stunde! Dann in die Heimath zurück!-

Auch die Hotelrechnungen bewahrt Fanny in ihrem Tagebuch: "Schwarzes Ross", Prag: 28 Gulden 55 Kr.

"Bellevue" Dresden: 6 Thaler, 12 Gr. 

/T.B.2,176/ 7. April /1872/

Grosses Diner mit sämmtlichen Schülern Curt's, die ihm den Lorbeerkranz geschickt hatten. Es war zu hübsch. Meine blaue Grotte war festlich hergerichtet. Blumen auf dem Tische, schön gedeckt, recht frisch und neu alles. Neben mir sass der junge Prager Kliebert, ein wohlerzogener, liebenswürdiger Mensch. Auch meine Mama war dabei. So heiter und glücklich sah alles aus. Curt war sehr. nett anzusehen mit seinem ehrlichen, gemüthvollen Gesichte.

19./April 1872/.

An die Familie Waldstein die schön gebundene Partitur der Sinfonie Wallenstein geschickt. Ich dichtete ein Sonett für das Titelblatt. Verdruss mit dem ungeschickten Buchbinder.

Curt allein in der Passionsmusik von Bach gewesen. Er kam durchgeistigt, aber erschöpft heim.

/T.B.2,176/ 19. April /1872/.

Vor einigen Tagen auf Verlangen an den Präfect des Knaben- Instituts in Augsburg (St. Stephan) die Instrumentation von Jairi Töchterlein [100] geschickt. -

Heute schreib ich trotz geschwollener Backe 13 Seiten am Clavierauszug der Schwedenoper [101]. - Curt brachte mir zum Lohn die Groschenbüchlein: Calderon's "Das Leben ein Traum" und Kotzebue's "Kleinstädter". -

Curt war heute sehr angestrengt mit Stunden. -

21. April /1872/, Sonntag.

Am Clavierauszug der Schwedenoper gearbeitet. Curt linirte vor bis zum letzten Takte. Er wird dann Zeitlang haben, wenn die Oper fertig ist. In der Dämmerung lag er auf dem Sofa beim Fenster in seinem Zimmer und ich spielte Einiges aus den 7 Raben, was mich fast traurig machte. Curt ist strenge in der Kritik gegen sich, spricht niemals renomirend oder klagend - schweigt also auch darüber, dass diese Oper so eingeschlafen ist, und doch muss ich es sagen dürfen, dass die Musik wahrhaft lyrisch und schön ist, so rein und zart - das Finale erinnerte mich so lebhaft an die grosse Wonne, als ich es zum erstenmale hörte. Curt hat aber doch die Überzeugung, dass die Oper noch eine Zukunft hat. -

/T.B.2,185/ /Ende Mai 1872/.

Das dritte Concert des Oratorienvereins, dessen Zusammenstellung Curt vieles Nachdenken verursacht hatte, fiel ausgezeichnet aus und trug ihm viel Ehre ein. Hermann Lingg [102] war ganz entzückt über die Composition der Wasserfee [103] und kam sogleich zu Curt, um ihm zu sagen, das Gedicht habe ihm nie ganz genügt, jetzt erst sei es ein vollständiges Bild geworden durch die wunderschöne tiefe musikalische Auffassung. Auch Riehl kam sogleich nach dem Concert auf das Podium gesprungen um Curt die Hand zu schütteln. Nach dem Concerte kamen Hermann Scholz, Buonamici, Auracher & Beyer zu uns und wir brachten die Nacht grossentheils in äusserst behaglichen Reminiscenzen zu. Curt war ungemein heiter und liebenswürdig. "Das ist ein seliger Abend" murmelte Scholz vor sich hin und Buonamici lachte so froh und glücklich, dass das Zimmer widerhallte.

/T.B.2, 1872/.

Curts Büste wird nun gemacht. Professor Zumbusch sah öfter nach, während Leudner daran arbeitete und war sehr befriedigt von Leudner's Auffassung. Es geschieht nur, damit der arme Mensch auch eine Unterstützung und gleichzeitig Beschäftigung hat, die ihn in der Kunstwelt wieder ein Stückchen voranbringt. Er sieht ohnedies so jammervoll und melancholisch aus. -

Bülow ist angekommen um die Wagner'schen Opern Holländer und Tristan zu dirigiren. Seinen Reden nach scheint er sehr an Curt zu hängen. Man ist diesen Leuten gegenüber aber nie ganz dans son assiette. Man weiss nie, wie weit man ihnen trauen darf. Die ganze Wagnerclique trägt diesen Stempel zweifelhaften Charakters. Vielleicht ist Bülow sehr edel - aber sein Verfahren ist kaum zu fassen.

Es kamen die Clavierauszüge des Clavier-Quartetts [104] an. Dieses scheint sich raschen Weg durch Deutschland zu bahnen. Es wurde jüngst auch in Hamburg gemacht und soll bei Gelegenheit des Allgemeinen Deutschen Musiker-Tages auch in Cassel zur Aufführung kommen.

Ich habe für Curt einen Cyclus von Mädchenliedern: "Maitag" gedichtet, da er, angeregt durch die im Oratorienverein aufgeführten Bargiel-Lieder Frauenterzette componiren will. Vier sind schon fertig; fehlt noch das fünfte.

Wie reizend das Zusammenleben, Schaffen und Bearbeiten ist, kann nur der fassen, der in ähnlicher Lage wirklich ist, oder sich nach ähnlicher Lage sehnt! Das ist sicher! Sogar bei der Composition darf ich meine Meinung abgeben, und notirte sogar für das Pfänderspiel das heitere Thema:

[Im Original folgen Noten.]

/T.B.2, 189/ Juni 1872.

Curt hat viel Verdruss wegen einer dummen Geschichte an der Musikschule. Wüllner war sehr grob gegen eine Sängerin, deren sich dann die jungen Leute annahmen. Sie schrieben einen Protestationsbrief an Wüllner, in Folge dessen jedoch das Prüfungs-Concert im letzten Augenblick abgesagt werden musste, was natürlich Eclat machte. Nachmittag kamen sie sogar in corpore zu Curt, um ihr Benehmen zu erklären. Curt machte ihnen den Standpunkt ihres Unrechtes klar. Es grämte sie, besonders Buonamici, sehr, als sie sahen, dass sie durch ihr Benehmen Curt Schmerz gemacht hatten. "Wenn wir das gewusst hätten - wir hätten lieber geduldet" - rief Buonamici in italienischem Pathos, aber doch treuherzig aus. -

Nachdem Curt sie ordentlich zurechtgewiesen, rieth ich ihm, an Perfall einleitend zuschreiben, was er auch that [105].

Juli 1872.

Seit ich zuletzt geschrieben, ist die Tristansündfluth eingebrochen, die eine Menge von langhaarigen, abgebleichten Enthusiasten nach München schwemmte, die, wenn sie nicht in Liebestrank oder Bier oder brünstiger Sehnsucht ersäuften oder verglühten, wohl wieder weiter gewandert sind. Auch Holstein's waren gekommen, um die tragische Geschichte zu hören und zu sehen, waren aber so angegriffen davon, dass sie andern Tages wie Mücken im Winterschlaf mit gebeugten Köpfen auf der Bank im englischen Garten sassen.

Wir lernten auch den neuen Münchener Capellmeister Levy aus Carlsruhe kennen, der nun seit Neuestem durch Perfall dem Wüllner vor die Nase gesetzt wurde. Levy scheint kühl und für sich umsichtig zu sein. Er tritt mit Bewusstsein auf und wird sich seine Stellung möglichst angenehm zu machen wissen. - Bisher ist er nicht berühmt. Wir gingen mit ihm und Holstein's in die Schack'sche Galerie.

/T.B.2,190/.

Als III. Prüfungsconcert wurde im Volkstheater die Zauberflöte aufgeführt. Ganz köstlich.

Curt hat nahezu den Cyclus Frauenterzette, zu welchem ich ihm die Gedichte machte, fertig componirt. -

Jetzt hat er soeben die Partitur der Ouverture zur Zähmung der Widerspenstigen neu instrumentirt, weil Volkland in Leipzig sie machen will. Auch kommen oft Anfragen um Männerchöre.

14.7. /1872/.

Heut'schrieb er an Fritzsch, ob er die Partitur dieser Ouverture stechen wollte. -

Prof. Riehl und seine Frau war da. Curt spielte ihnen und sang ihnen seine ganze Oper vor, die den Riehl ungemein interessierte und entzückte, so, dass er ein vorzügliches Prognostikon stellte. Er hat nur den Titel auszusetzen und wünschte, dass die Oper nach meiner Wahl "Schwedensprüche" hiesse, oder "Gertrud vom Petersthurm". Es war köstlicher Genuss: Curt hören und Riehl sehen. Wie reizend ist es, einem verständnisvollen Freunde seine fertige Schöpfung vorzuführen.

/Ende Juli 1872/.

Curt ist jetzt sehr angestrengt mit den Schlussprüfungen an der kgl. Musikschule. Vorgestern war Concert, und da sangen sie zum erstenmale "Es glänzt die linde Maiennacht" [106], Gedicht von Carl Stieler, welches grenzenlos melancholisch klingt. Wirklich herzwehmachend. Curt hat's jahrelang erlebt, wie’s thut, darum kann er es so gut schreiben.-

Im Musik. Wochenblatte sind seine fugirten Clavierstücke [107] besprochen und bemerkt, wie wohl es thäte, einem Künstler zu begegnen, der nur der Kunst zu Liebe schriebe und dabei solche Formgewandtheit habe. -

/T.B. 2,191/.

Curt hat seine Ouverture zur Widerspenstigen Zähmung neu in Partitur geschrieben und angefragt, ob Fritzsch die Partitur stechen wollte, als Concert-Ouverture. Es kam noch keine Antwort, denn in Leipzig ist jetzt grosse Zeitungsschlacht und die Redacteure gehen nicht mehr ohne Revolver auf die Strasse. Auch hier fängt's ein bischen so an; doch hat ein grüngelber Junge erst tüchtig Klapse bekommen, was vielleicht nachhält und nachwirkt. -

Curt sehnt sich krampfhaft nach Kreuth.-

Auch das Schlussconcert fiel vorzüglich aus. Anderntags hielt die Schule eine Abschiedsfeier in Haarkirchen bei Starnberg. Wir gingen Nachmittags nach, um den jungen Leuten, deren einer nach Buenos Ayres reist, eine Freude zu machen.-

Leider hatten wir dabei fast das Leben eingebüsst, da am Heimweg ein Zusammenstoss der Bahnzüge war. Curt nahm mich in die Arme: "Jetzt komm', Mietzi", sagte er, dann prallte das Locomotiv an unsern Waggon an - zwei furchtbare Stösse - aber Gott liess uns nicht tödten! -

/T.B.2, 197/ Ende September 1872.

Von Bad Bichl, wohin Curt wegen seiner noch nicht geheilten, kranken Hand zum Jodgebrauch geschickt worden war, zurückgekehrt, versendete er folgende Werke zum Verlage:

Verlagshandlung Kohlke, früher A. Habermann's Nachfolger in Danzig:

"Orgelsonate (Phantasiesonate) [108]"

zum Angebot von 40 Thaler. Op.65.

"Zum Abschied", Studie für Clavier, op.59,

an Verlagshandlung André in Offenbach

auf dessen Verlangen.

"Am Walchensee", op.63

8 Lieder für gem. Chor zu 4 Stimmen,

gedichtet von Carl Lemcke (jüngstens componirt)

an Verlagshandlung Breitkopf & Härtel.

Ferner die Partitur der Ouverture zur "Zähmung der Widerspänstigen" nebst Stimmen an Volkland in Leipzig, welcher sie in einer der Euterpe-Concerte aufzuführen wünscht.

/T.B.2, 198/.

Zur Ankunft von Bichl wurde mir die grosse Freude, den fertig gestochenen "Messgesang" [109]vorzufinden.

Unlängst kamen auch die 5 Motetten [110] für 4 Singstimmen, bei Robert Seitz gestochen, an. Das geht alles so schnell mit Curt's Werken. -

Im "Album deutscher Componisten", herausgegeben von Mohr in Berlin, erschien in der 10. Lieferung (Juli 1872) die Biographie Rheinberger's mit dessen Portrait und einem vollständigen Verzeichniss seiner Werke. Seitdem ist schon die Messe gestochen, und anderes folgt wohl bald nach. -

Heute (den 27. September 1872) war der 79-jährige Flötist Böhm [111] da, der Curt etwas Neu-Arrangirtes zeigte und dann vorblies. Der gute, fleissige alte Mann, mit dessen Sein sich manche liebe Jugenderinnerung meinerseits verknüpft, ist mir werth und theuer. -

Die Sammlung Terzette für Männerstimmen [112], herausgegeben von Pustet in Regensburg und gesammelt von Rubenhauer, wozu Curt zwei Lieder componirte: "S'ist Friede" und "Namensfeyer" ist auch erschienen und wurde Curt die ganze Sammlung nebst Stimmen gegeben. -

Die 10. Lieferung des Albums Deutscher Componisten enthalt Curt's 4-stimmigen Männerchor, "Rosenbekränzt zieh'n wir zum Schlachtfeld [113]" (Gedicht von Carl Lemcke).

/T.B.2, 201/ 10.10.1872.

Endlich die Nachricht bekommen durch den Vorstand der Genossenschaft /dramatischer Autoren und Componisten/, dass die Partitur /der "Sieben Raben"/gefunden ist und der weiteren Winke Curt's harrt. Sie war also einfach im Theater gelegen!- Ob man sie aber in Leipzig aufführt - darüber kein Wort.

Die Partitur der 7 Raben am 17. Oktober nach Carlsruhe geschickt und gleichzeitig an den dortigen Regisseur Bruillot geschrieben. Da nun Zenger nach Carlsruhe als Capellmeister kommt, wird nicht viel Aussicht sein, dass die Oper dort gegeben wird. Collegialität jibt's nisch.-

Levi hat seine Hofcapellmeisterlaufbahn hier eröffnet mit Vorführung der Zauberflöte, die auch vorzüglich ging. Levi wird auch das "Thürmers Töchterlein" dirigiren und mit einstudiren - wahrscheinlich gibt Curt sogar schon die erstmalige DIRECTION ab.

Levi war da, und als ihm Curt heute Gegenbesuch machte, glaubte jener, die Oper bis zum 20. November, also in ca. 4 Wochen, herauszubringen.- Wollen sehen.-

/T.B.2,201 Forts./.

Curt hielt gestern, den 22. October /1872/ die erste, diess- saisonale Oratorienvereinsprobe. Wir begannen mit Händel 's Salomon, der geradezu colossal ist. Schon bei flüchtigem Durchsehen drängt sich diese Überzeugung auf.-

Die Mädchenlieder [114] sind nun auch fertig. Dem letzten überschrieb ich den Petrarca'schen Sonettentext "Dodici donne onestamente lasse anzi dodici stelle, e'n mezzo un sole vidi in una barchetta."- Das gibt so recht die echte Mondscheinstimmung und warmen Hauch. -

Da André urkomischer Weise das ihm übersendete Clavierstück wieder zurücksandte, weil es zu schwer sei, und Curt, wenn auch nicht "trivial", so doch "viel leichter schreiben müsse, um sich auch mit seiner Claviermusik bei den Damen beliebt zu machen", so schickte Curt diese Clavierstudie an Breitkopf & Härtel, welche sie auch nebst den Walchenseequartetten stechen. -

Ich werde die Orgelphantasie [115] noch zu 4 Händen bearbeiten und dann Beides an Kohlke in Danzig schicken. Böhm übernimmt die Mittheilung. 

Zeitungsausschnitt:.

"Die Oper des Prof. Rheinberger 'Des Thürmers Töchterlein', Text von Stahl, soll im nächsten Monat zur Aufführung gelangen; die Parthien sind bereits vertheilt und werden eben einstudirt. Frl. Stehle wurde mit der Titelpartie, Herr Vogl mit der Tenorpartie, Herr Meyer mit der komischen Partie des Stadtschreibers betraut. Frl. (!) Vogl übernahm die Partie der alten Haushälterin (graziös) und zeigte damit eine Willfährigkeit, welche Anerkennung verdient (!)."

/T.B.2, 204/

In den "Neuesten Nachrichten" stand heute, den 24. Oct. obige Mittheilung. Der graziöse Styl lässt die knorrige Feder des Turndirektors Weber vermuthen.

Nachmittags war ein feines Gesangsquartett da; die Damen Frau v. Belli & Frl. Schmidtlein, dann die Herren Rüber & Gebhardt. Wir sangen die Quartette "Am Walchensee", "Die Nacht", welche zauberhaft klingt, dann den Cyclus 3-stimmiger Mädchenlieder. Es waren kostbare Stunden und alle Betheiligten sehr glücklich.

[21. November 1872.]

Curt schickte an Robert Seitz in Leipzig den Cyclus Frauenlieder und verlangte dafür 100 fl.

Die Oper Thürmer's Töchterlein ist wieder verschoben bis zum Januar, da Frl. Stehle in Urlaub nach Berlin geht. Es soll im Dezember mit dem Einstudiren begonnen werden. Levi brachte einen herrlichen Abend bei uns zu, indem Curt ihm sein Requiem vorspielte und Levy es recensirte. Prächtig. -

Es war ein förmlicher Dichtercongress bei uns. Paul Heyse, Hermann Lingg und Veltheim. Curt musste aus seiner Oper vorspielen und that es mit grösster Leidenschaft, sodass die Dichter jubelten. Es war hübsch, wie sie ihm Alle ins Gesicht sahen vor Begierde, kein Wort zu überhören. Heyse ist nun beruhigt, dass die Oper

[Im Original folgen Noten.]

Curt macht gegenwärtig (21. November 1872) das 4-händige Arrangement seines Requiems und ich das 4-händige Arrangement seiner Orgelphantasie. -

/T.B.2,214/ 25. November 1872.

In den letzten Tagen hat sich in Kurt's Kunstleben Manches gerührt, /…/. Die Nachricht der Aufführung der 7 Raben in Carlsruhe freute ihn sehr. Als ich gestern, Sonntag Mittag, von einem Trauerbesuche nach Hause kam und in sein Zimmer ging, sass er in seinem Amerikanerstuhl am mittleren Fenster seines Arbeitszimmers, ein Blatt in der Hand haltend. "Stehen bleiben!" rief er mir zu. Und nun las er mir das Schreiben der Generaldirektion vor.

[116]

Er freute sich besonders wegen des Reflexes darüber, den diese Annahme auf die Münchner Intendanz haben wird. Gegen Abend spielten wir dann Ouverture und Finale der Oper durch und ich glaube, er war selbst ergriffen von der Fülle der Musik, die darin enthalten; wenigstens sagte er, obwohl ganz ruhig und ernst: Diese Oper wird noch oft gegeben werden.

Ein reineres Glück, als Curt's Compositionen allein mit ihm am Claviere in seinem Arbeitszimmer durchzunehmen, kann es auf Erden nicht geben.-

28. November 1872.

Heute kam endlich die seit 3 Jahren verloren gewesene Partitur der 7 Raben ganz beschmutzt und abgegriffen an. Wo mag sie gesteckt haben? Haase habe sie an die Direction abgeliefert.

Curt las in drei Berliner Zeitungen, dass sein Chorlied "All meine Gedanken" [117] stürmisch applaudirt und dacapo verlangt wurde. Curt besuchte heute seinen Schüler, den kranken Baron Reinlein aus Wien.-

/T.B.2,223/ 20. Dezember 1872.

Es sind für Curt und mich zum Schlusse des Jahres noch schwere Tage hereingebrochen, indem sein Kopfweh, an welchem er in den letzten Wochen noch mehr als gewöhnlich litt, sich zu so hohen Graden gesteigert hat, dass zweimal Nachts der Arzt gerufen werden und ihm zur Milderung des wahnsinnigen Genickschmerzes Morphium-Injektion in den Arm gegeben werden musste. Es ist fürchterlich, wie sehr er litt! Er weinte wie ein Kind und hülflos jammerte er: Wenn ich nur wüsste, wie ich meinen Kopf halten sollte - wenn ich nur schlafen - schlafen könnte! Herzzerreissend war es mitanzusehen. Heute sind es 8 Tage, dass er wenig ausser Bette und gar nicht vor das Haus kam. Der Arme!!! -

Heute zwang er sich, ein Recitativ Kindermanns /Gustav Adolf/ seinem Schüler Cavallo zur Instrumentation anzugeben. Er hat es schnell gemacht, und ich copire es.

Es werden wohl melancholische Weihnachtstage werden. Beiliegender Brief [118] zeigt auch die Veränderung mit seiner Oper, die nun am 20. /Januar 1873/ sein soll.-

/T.B.2,227/ den 23. Dezember 1872.

Heute hatte der arme Curt wieder einen schlechten Tag und musste zweimal Morphium-Injection bekommen. Jetzt ist er ruhiger. Um 11 Uhr Abends will der Doctor noch einmal kommen. Ich war den ganzen Tag sehr sorgenvoll. Es sind schwere Zeiten für uns Beide. Es seinem Beispiele nachgeahmt, indem ich mich in Arbeit versenkte. Von Regensburg war ihm vor 14 Tagen der Wunsch nach einer Herz - Jesu – Hymne [119] zugegangen. Ich suchte nun in seinen Manuskripten,

ob sich nichts fände, wozu sich allenfalls ein neuer Text dichten liesse. Auch wirklich einen Balde-Hymnus gefunden, den Curt zu der neuen Einweihung der Mariensäule auf dem Marienplatze componirt hatte. Diesen 4-stimmigen Männergesang legte ich dem "Herz-Jesutext" unter, den ich selbst dichtete. Curt war so zufrieden damit, dass ich ihm das Lied sogar noch auf meiner Orgel spielen musste.

Der Text trägt den Stempel der jetzigen Leidenstage.

31. Dezember 1872.

Es ist ein trauriger Abschied dieses Jahres. Curt liegt mit Morphium-Injection zu Bette und schlummert in Betäubung hinüber in das neue Jahr, dessen geheimnissvolle Zukunft uns erbeben machen könnte nach all den schmerzlichen Erfahrungen. Dennoch liegt auch manch schöne Erinnerung hinter uns, und dies Tagebuch zeigt, wie Curt's Schöpfungen nach allen Weltgegenden geflogen sind und vielfach die Herzen eroberten. Leider ist sein Körper in diesem Jahre nicht kräftiger geworden, wenn auch die Hand heilte. Mögen unsre Freuden & Schmerzen zu Gottes Ehre und unserm Heile gewesen sein.

Mehr lässt sich nicht sagen.

1 8 7 3

/T.B.2, 233/.

Zweiter Sonntag nach Epiphanie (19. Januar 1873) wurde in der Allerheiligenhofkirche zum erstenmale Curt's Messe in D-moll [120] aufgeführt. Es klang sehr schön und feierlich. Seine Oper ist auf Donnerstag, den 30. Januar angesetzt. Gott sei Dank scheint er sich nach und nach zu erholen. Ich kann es noch kaum fassen! - Wenn es nur stetig besser würde! Heute war Prof. Buhl mit Mayer da, um zu beschliessen, dass Curt nach Aufführung seiner Oper auf 14 Tage nach Venedig solle - oder sonst wohin - Curt wird sich drein fügen. Vorerst muss er aber gesund werden! -

Am 27. Januar 1873 bittet der Münchner Zeitungsträger Eduard Hinkofer den Komponisten um eine Freikarte zum Besuch von "Thürmers Töchterlein", "als Erholung von des Tages Mühen und Plagen". Fanny schreibt dazu in ihr Tagebuch:

Nebenan ausgesprochene, naive Hoffnung des Zeitungsträgers auf Aufführung von "Thürmers Töchterlein", muss sich auch dehnen lernen. Hindernisse über Hindernisse! Im November vorigen Jahres vor allem der Urlaub Frl. Stehles! Nach Weihnachten (abgesehen von Curt's schwerem Leiden) war die Oper schon dreimal angesetzt, da bekam Baritonist Mayer, der die Rolle des Actuarius Wurzel zu singen hat, Halsentzündung. Die Stumme von Portici wurde einige Male eingeschoben. Hierauf war Alles gesund; eine Clavierprobe fand statt, der sogar Curt beiwohnen konnte - da erkrankte Levi. Er ist 14 Tage krank. Wiederhergestellt, hat das schon vorher abgemachte Gastspiel von Frl. Aglaja Orgeni und Frl. Schröder zu beginnen; nachdem dieses beseitigt, Levi wieder wohl ist, gehen Frl. Stehle und Vogl für den Monat März in Urlaub, sodass man jetzt vom April spricht. Also, lieber Eduard Hinkofer, den ich zwar nicht kenne: "Dulde, gedulde dich fein!"


Über die Uraufführung von Rheinbergers zweiter Oper "ThürmersTöchterlein" verlautet wenig, Franziskas Tagebuch enthält neben eingeklebten Zeitungsausschnitten und dem Programmzettel, folgendes Notizblatt:

/T.B.2, 268/.

Donnerstag, den 17. April /1873/: Clavierprobe mit Soufleur um 10 Uhr

Freitag, den 18. /April /: Arrangierprobe um 10 Uhr vorm.
                                       Arrangierprobe um 6 Uhr Abends.

Samstag, den 19. /April/: Sitzprobe um 10 Uhr Vormittags

Hauptaufführung: am jüngsten Tag.

/gez./ Stahl, qua Durchfall, vulgo Perfall.


/T.B.2, 288/.

Auf Verlangen der Theaterdirection des Theaters "an der Wien" heute, den 18. Mai 1873, die Partitur von "Thürmers Töchterlein" nach Wien geschickt.-

Heute kam aus Graz die Anfrage um "Thürmers Töchterlein".

Die nachstehende Notiz ist ohne Datumsangabe:

Curt hat das wundervolle "Laudate" von W.A.Mozart [121], das bisher ungedruckt blieb, herausgegeben; d.h. einen Clavierauszug gemacht. Ich übersetzte und untersetzte es und wir sandten es an Simrock nach Berlin. Dieser will es drucken, aber kein Honorar zahlen, worauf Curt antwortete, dass er es als Sakrileg betrachten würde, ein Honorar dafür zu verlangen, und dass er es sich als Ehre schätze, diess Werkchen herauszugeben.- Wie Curt an Mozart hängt, weiss Niemand. Er sagte mir heute, er freue sich dreimal so stark auf das Erscheinen dieses Laudate, als je auf ein eigenes Werk.

J u l i 1873

/T.B.2, 293/.

Curt hat nach längerem innerlichen Widerstreben und Widerwillen doch seine neue Oper theilweise umgearbeitet und nun eine längere Cantilene am Schluss des I. Aktes gemacht, so wie Franz Lachner es ihm anempfohlen; dann ein ganz neues Finale für die Rathausscene gemacht, sodass nun mit einem brillanten, revolutionären Chöre der Akt schliesst.

Der Librettist, der uns in letzter Zeit durch Hin- und Hergetraatsch vielfach geärgert, ist zum Glücke in preussische Dienste gegangen, sodass wir carte blanche hatten, den Text zu ändern: eine Arbeit, die mich sehr anstrengte.

An neu gestochenen Werken sind wieder eingelaufen:

Drei Vortragsstücke für Klavier [122]

drei geistliche Lieder [123].

darunter mein Liebling: "Bleib bei uns, denn es will Abend werden. [124]"

Dazu das: Morgenlied [125], das Curt ebenfalls 1855 componirte, und: "Tui sunt coeli" [126].

Alle drei bei Simrock in Berlin.-

Auch von Russland schöne Beweise der musikalischen Achtung bekommen, in welcher Curt dort steht!-

/T.B.2, 311/ /24. Oktober 1873/.

Auf Verlangen des Redakteurs Richard Wüerst schickt Curt ein Lied für das Unterhaltungsblatt des Bazar nach Berlin und zwar eines, das in meiner Sammlung seiner Jugendarbeiten sich vorfand zu einem Gedichte von Carl Stieler: "Vöglein, was singst du im Lenze so weich [127]". Er arbeitete Melodie und Begleitung ein bisschen um, ohne das Hauptmotiv zu verändern:

[Im Original folgen Noten.]

und schickte es heute noch nach Berlin ab, am nämlichen Tage, als die Anfrage kam.

"Jeder Takt 1 fl. 24 Kr. ist besser bezahlt, als die Verlage zu bezahlen pflegen", sagte er scherzend. - 

/.../ 

André in Offenbach hat den Verlag obengenannter Lieder [128] eingegangen und das Honorar geschickt.

/T.B.2, 326/. 14. November /1873/.

Gestern abend brachte Curt die halbe Nacht bei Hermann Levi zu, der ihn eingeladen hatte und zu ihm Julius Stockhausen [129], Componist Röntgen [130], die Hoftheater-Intendanten Perfall und Baron Loen aus Weimar, dann Hofcapellmeister Lassen aus Weimar. Es sei ein sehr anregender, äusserst hübscher Abend gewesen und Curt kam sehr vergnügt um 1 Uhr heim. Perfall sagte ihm, dass morgen acht Tage Die sieben Raben gegeben würden, und Levi versicherte ihm, dass er mit der Umänderung von Thürmers Töchterlein äusserst zufrieden sei, und dass er sich grosse Wirkung davon verspreche. Frau Diez sänge aber nicht mehr und es bliebe wohl nur Frau Possart zur Besetzung der Cordula.

Heute, den 14. November sandte Curt seine Partitur der Ouverture nebst Stimmen zur "Zähmung der Widerspänstigen" [131] an Hofcapellmeister Erdmannsdörffer in Sondershausen.-

In Petersburg wurde das Clavierquartett [132] aufgeführt. Es ist schön, dass sich die Sachen so ganz von selbst Bahn brechen. Curt hat sein Manuskript op. 74 beendet: "In der Zechstube". Fünf Lieder für 4-stimmigen Männerchor.

1) Der Jonas kehrt im Walfisch ein,

2) Schmetterling wie freu ich mich,

3) Bauregel,

4) Mucker und Schlucker, von Reinick (alle 4)

5) Lob des Seeweins von Hermann Lingg. -


/T.B.2, 327/ 21. November /1873/.

Von gestern auf heute componirte Curt eine Ballade [133] von Reinick für 4 Singstimmen und Clavierbegleitung: Jung Niclas fuhr aufs Meer. Ich glaube, dass sie gut ist - in lang gehaltenen Tönen. Ich durfte ihm rathen. Gegen Abend begann er eine zweite Ballade [134] von Reinick neckischen C'harakters. -

Morgen ist die Hauptprobe zu den Sieben Raben, welche Sonntag sein soll. Wollen sehen. – Die Regie hat zu meiner Freude wieder Sigl, nicht der langweilige Grandaur.

[T.B.2, 330.] 

Finis coronat opus. Deo gratias. [135]

23. /November 1873/.

Die Vorstellung ist soeben beendet. Alle Sitze und Stehplätze des Theaters waren genommen, der Applaus ganz enorm. Nach jedem Zwischenakte wurden die Sänger gerufen und nach den Akten zwei- und dreimal. Am Schlusse wollten sie durchaus Curt auf der Bühne sehen, der aber nicht ging. Wir waren sehr glücklich in unserm Parquet, wie immer zu zweit allein. Besonders im letzten Akte waren wir beide so ergriffen, dass wir uns fest die Arme aneinander drückten.

Es ist unsagbar, wie vortrefflich die Stehle und Vogl waren, als sie sich im Kerker Lebewohl sagten und dann noch einmal auf dem Richtplatz. Wie die Stehle bedeutete - sie dürfe nicht reden, und dabei mit beiden Händen wie flehend vor die Lippen fährt. Herrlich. Dass durch das ganze Stück ein so vollkommen unschuldiger Hauch geht, der auf die Hörer zündend wirkt, ohne dass die Spur von Reclame vorausging, ist in unsrer Zeit tröstlich.

/T.B.2, 327/ /24. November 1873/.

Heute machten wir bei den verschiedenen Solisten der gestrigen Oper Besuche. Fräulein Stehle sagte, sie seien überschüttet worden mit Lobeserhebungen über die gestrige Aufführung. "D'Leit ham g'sagt, jetzt soll man uns aber nur mit dera - wie heischt se - Genovefa von Schumann vom Leib bleibe, die wolle mer jetzt nimmer höre". - Dann hatten sie sich gewundert, dass die Musik, die ihnen zwar vor 3 Jahren sehr gefallen habe, ihnen jetzt so viel schöner schien. (Es ist eben sein Name gewachsen, und da kann man es eben beruhigter schön finden). Bei Frl. Meisenheim, der kleinen Fee (Holländerin), Besuch gemacht. Sie sagte: "0 Herr Professor! Verzeihen Sie - ich habe wieder die 'weissen Hemdlein' nicht im Takt gesungen!" (Sie hatte im I. Recitativ etwas gefehlt). Ihre Mutter versicherte, Todesangst um ihre in den Luft schwebende Tochter ausgestanden zu haben! "O! componiren Sie doch meiner Tochter etwas - eine Rolle! Aber (und hiemit streifte sie mit den Händen den Stubenboden) machen Sie ihr etwas auf dem Boden!" Es war zu komisch. Lachend zogen wir ab. Abends Herakles [136]. Viele, viele neue Mitglieder, ein wahres Gedränge von Männern. -

______________

[1] David Rheinnberger, Bruder des Komponisten in Vaduz.
[2] Drei vierstimmige Männerchöre (1. "Jung Werner" Text: V. Scheffel, 2. "Alt Heidelberg" Text: V. Scheffel, 3. "Tragische Geschichten" Text: A. v. Chamisso), op. 44.
[3] Klaviersonate Nr. 1 C-dur ("Sinfonische Sonate") op. 47, komp. 1864.
[4] Vier Lieder des Gedächtnisses für vierstimmigen Chor, op. 24.
[5] Peter Cornelius "Mitten wir im Leben sind von dem Tod umfangen", Geistliches Lied von Notker Balbulus/ Martin Luther, für Männerchor, op. 9 Nr. 3. Komponiert 1869.
[6] Requiem für Soli, Chor und Orchester. Das 1869 vollendete Werk erschien 1872 mit der Widmung: "Dem Gedächtnis der im Deutschen Kriege 1870-1871 gefallenen Helden."
[7] Scherzo (3. Satz) aus der Wallenstein-Sinfonie op. 10.
[8] "Die Jagd" (Impromptu) aus Drei kleine Klavierstücke, op. 5.
[9] "Schlachtgebet" (Julius Mosen) aus Vier deutsche Gesänge für Männerchor, op. 48.
[10] Präludium und Fuge zum Konzertvortrag für Pianoforte, op. 33, Anton Rubinstein gewidmet; ein Autograph des Werkes (im Josef Rheinberger-Archiv Vaduz) trägt die Widmung: "Herrn Mortier des Fontaine in Hochachtung und Verehrung zugeeignet ...".
[11] Quartett in Es-dur für Pianoforte, Violine, Bratsche und Violoncello, op. 38.
[12] Vaduz, Liechtenstein.
[13] Capriccio (über ein Thema von Händel) aus Zwei Klaviervorträge; op. 45. In dem von ihr geschriebenen Werkverzeichnis schreibt Fanny Rheinberger: "Das Thema ist dem Händel'schen Oratorium "Alexander Balus" (1747) entnommen".
[14] Nr. 4 in Vier deutsche Gesänge, op. 48, für Männerchor.
[15] "Heerbannlied" op. 48 Nr. 2.
[16] "Der arme Heinrich", Komisches Singspiel für Kinder, Text von Franz Bonn, op. 37.
[17] "Zur Feier der Charwoche" Passionsgesang für vierstimmigen Chor und Orgel, op. 46.
[18] "Einem Todten" op. 48 Nr. 2.
[19] Fünf Lieder für gemischten vierstimmigen Chor a cappella, op. 31 (?).
[20] Das Instrument befindet sich nun als Leihgabe der Familie Rheinberger im Josef Rheinberger-Archiv (Rheinberger-Haus/ Liechtensteinische Musikschule) in Vaduz.
[21] Konzertskizze für Pianoforte, op. 8.
[22] Ballade für Männerchor und grosses Orchester, op. 50.
[23] Op. 38.
[24] Verschollen.
[25] "Der 42. Psalm" für Chor und Orchester, op. 42, von Felix Mendelssohn-Bartholdy.
[26] Thema mit 37 Veränderungen für Klavier, op. 61; komponiert 1860, später umgearbeitet.
[27] "Lobgesang in mem. Margarete Maria Alacoque" für 3 Kinderstimmen (!) und Orgel, komponiert 17.2.1865 (JWV 143).
[28] Duo in a-moll, op. 15, für zwei Klaviere.
[29] Requiem für Soli, Chor und Orchester, op. 60.
[30] Hans von Bülow (1830 - 1894), der mit Rheinberger befreundet war, hatte 1869 München verlassen (vgl. Brief von Hans von Bülow an Josef Gabriel Rheinberger vom 12.06.1869)
[31] Op. 48.
[32] Klavierquartett in Es-dur, op. 38.
[33] "Hymne nach dem 83. Psalm" für vier Frauenstimme und Harfe oder Pianoforte, op. 35.
[34] Der berühmte Chirurg Prof. Dr. Johann Nepomuk Nussbaum war Hausarzt und Freund Rheinbergers. Ihm ist das Klavierquartett op. 38 gewidmet.
[35] "Zur Feier der Charwoche" op. 46.
[36] "Zwei Klaviervorträge" op. 45 (1. Scherzoso, 2. Capriccio [über ein Thema von Händel]).
[37] "Der arme Heinrich". Komisches Singspiel für Kinder, Text von Franz Bonn, op. 37.
[38] "Der ächte gregorianische Choral in seiner Entwicklung bis zur Kirchenmusik unserer Zeit. Ein Versuch zu Vermittlung in der Streitfrage: Welche ist die wahre katholische Kirchenmusik." Vom Conservator u. Professor Dr. Schafhäutl. München 1869.
[39] "Das Töchterlein des Jairus" Cantate für Kinder mit Klavierbegleitung, op. 32.
[40] Vgl. [22].
[41] Sieben Lieder für eine mittlere Stimme mit Klavierbegleitung, op. 26, Fräulein Hedwig von Pacher gewidmet.
[42] Op. 54 Nr. 4 (?).
[43] (1842-1885), Münchner Dichter, Duzfreund Rheinbergers.
[44] Vgl. Max Stahls Einladung an Josef Gabriel Rheinberger.
[45] Paul Heyse (1830-1914) Dichter und Übersetzer, Mitglied des Münchner Dichterkreises.
[46] Schüler Rheinbergers.
[47] Schüler Rheinbergers.
[48] Kosename Rheinbergers für seine Gattin Fanny.
[49] Neun Stücke aus der Musik zu Raimund's "Die unheilbringende Krone" op. 36.
[50] Nr. 3 aus "Sieben Stücke aus der Musik zu Calderons "Der wunderthätige Magus" op. 30.
[51] Textbuch "Thürmers Gertrud" nach einer Erzählung von Franz Trautmann.
[52] Berthold Auerbach (1812-1882) "Barfüssele", Stuttgart 1862.
[53] Improvisation über Motive aus der Zauberflöte für Pianoforte, op. 51.
[54] Zehn Trios für Orgel, op.49.
[55] Nachdem 1869 Hand von Bülow aus den Bekannten Gründen (vgl. Band III, bspw. Bülows Abschiedsbrief bezüglich der Musikschule vom 06.08.1869) München verlassen hatte, wurde Freiherr von Perfall, der schon vorher die Oberaufsicht über die Musikschule geführt hatte, zu dessen Nachfolger bestellt. Bis zur endgültigen Neuordnung 1874 wurden verschiedene kleinere organisatorische Reformen durchgeführt.
[56] Vierundzwanzig Praeludien in Etudenform für Pianoforte, op. 14.
[57] Vgl. Brief von Max Greif an Rheinberger vom 24.01.1871.
[58] Georg Krempelsetzer, Opernkomponist und Freund Wilhelm Buschs.
[59] Am 18.1.1871 fand im Schloss zu Versailles die Kaiserproklamation statt. Zum gleichen Zeitpunkt wurden die Friedenspräliminarien festgelegt und von der beschleunigt gewählten französischen Nationalversammlung angenommen. (Die Unterzeichnung des Friedensvertrages zwischen dem Deutschen Reich und Frankreich fand am 10.5.1871 in Frankfurt am Main statt).
[60] Op. 41.
[61] Op. 42.
[62] Sechs Hymnen op. 58.
[63] Freund Rheinbergers in Wien. Ihm ist die Tarantella op. 13 für Pianoforte zu vier Händen gewidmet.
[64] "Treib zu, mein kühnes Boot" aus "Liebesleben" (Ein Zyklus von acht Liedern für Sopran mit Klavierbegleitung) op. 55.
[65] Vier deutsche Gesänge für Männerchor a cappella, op. 48.
[66] Recte: op. 53.
[67] Friedrich Kiel (1821-1885), Komponist, Professor an der Kgl. Hochschule für Musik in Berlin.
[68] Drei Klaviervorträge.
[69] "Liebesleben" (Liederzyklus).
[70] Thema mit 37 Veränderungen, op. 61.
[71] Op. 44 Nr. 1.
[72] Vermutlich nicht ausgeführt.
[73] Bei Benediktbeuren.
[74] Unbekannt.
[75] Op. 2 Nr. 1.
[76] Niels Wilhelm Gade (1817-1890), dänischer Komponist. - Das Thema der Fughette op. 23 Nr. 12 von Rheinberger besteht aus der Tonfolge G-A-D-E.
[77] Op. 48 Nr. 2.
[78] Fantasie-Sonate Nr. 2 in As-Dur für Orgel.
[79] Kleiner und leichter Messgesang für eine Singstimme und Orgel (oder Harmonium) op. 62.
[80] Es könnte sich um die zwei Terzette für zwei Tenöre und Bass nach Texten von A. Wismayr "Friede" (WoO 39) und "Zum Namensfest" (WoO 40) handeln. Allerdings tragen die beiden Manuskripte in der Bayerischen Staatsbibliothek München das Datum "17.1.1871".
[81] Op. 66 Nr. 1 (in: "Drei kleine Vortragsstudien für Klavier).
[82] Verschollen.
[83] Verschollen.
[84] Op. 73/5.
[85] Studie für das Pianoforte op. 59.
[86] Gemeint ist die Szene in der Oper "Thürmers Gertrud" (später: "Thürmers Töchterlein").
[87] Tatsächlich starb Josef Rheinberger fast genau 3 Jahrzehnte später am 25.11.1901!
[88] KLavierquartett es Es-dur, op. 38, Prof. Nussbaum gewidmet.
[89] "Thürmers Töchterlein" 2. Akt.
[90] Vgl. Brief von Bülow an Rheinberger vom 04.10.1871.
[91] Requiem in Es-Dur, op. 84, für vierstimmigen Chor a cappella.
[92] Neue Zeitschrift für Musik.
[93] Praeludium und Fuge zum Konzertvortrag für Pianoforte, op. 33, Anton Rubinstein gewidmet (vgl. Tagebucheintrag vom 12.09.1870, Fussnote 10 sowie den Dankesbrief Rubinsteins vom 31.12.1871).
[94] Fünf Motetten für gemischten Chor, op. 40.
[95] "Warum (nicht: "Was") toben die Heiden" ist in der gedruckten Fassung op. 40 Nr. 2.
[96] Carl Reinecke (1824-1910), Komponist und Dirigent (1860-1895 am Gewandhaus in Leipzig).
[97] Vgl. Brief von Reinecke an Rheinberger vom 08.01.1872.
[98] Thema mit 37 Veränderungen, op. 61.
[99] Trauerode (Funeral Anthem) auf den Tod der Königin Caroline (1737).
[100] "Das Töchterlein des Jairus" op. 32.
[101] "Türmers Töchterlein".
[102] Hermann Lingg (1820-1905), Dichter.
[103] "Die Wasserfee" (Gedicht von Hermann Lingg) für vier Singstimmen oder kleinen gemischten Chor und Pianoforte, op. 21.
[104] Op. 38, Klavierauszug zu vier Händen vom Komponisten.
[105] Vgl. Brief von Rheinberger an Perfall vom 16.06.1872.
[106] Recte: "Es glänzt die laue Mondennacht" op. 31 Nr. 1 (Fünf Lieder für gemischten Chor a cap.).
[107] "Sechs Tonstücke in fugierter Form für Pianoforte" (Erste Folge), op. 39.
[108] 2. Orgelsonate in As-dur, op. 65.
[109] Kleiner und leichter Messgesang für eine Singstimme und Ogel, op. 62.
[110] Op. 40.
[111] Theobald Böhm (1794-1881), Flötenvirtuose, verbesserte sein Instrument (Böhm-Flöte) und schrieb Stücke dafür.
[112] "Friede" WoO 39 und "Zum Namensfest" WoO 40 (vgl. Tagebucheintrag vom 13.07.1871, Fussnote 80).
[113] WoO 81.
[114] "Wache Träume". Sieben Lieder und Gesänge für eine mittlere Singstimme und Klavierbegleitung, op. 57.
[115] Fantasiesonate op. 65.
[116] Vgl. Brief von Heinrich Schütz an Rheinberger vom 24.11.1872.
[117] Op. 2 Nr. 1.
[118] Vgl. Brief von Hermann Levi an Franziska Rheinberger vom 21.12.1872.
[119] "Herz meines Jesu, träufle Tröstung nieder" (WoO 41) für vierstimmigen Männerchor.
[120] Missa brevis (für vierstimmigen Chor a cap.) op. 83.
[121] Rheinberger gab das "Laudate Dominum" aus Mozarts "Vesperae solennes de confessore" KV 339 in einer Einzelausgabe mit unterlegtem Klavierauszug heraus. Fannys Bemerkung, dass das Werk ungedruckt sei, stimmt nicht, da es in Einzelausgabe schon früher bei Diabelli in Wien erschienen war.
[122] Drei Klaviervorträge, op. 53.
[123] Drei geistliche Gesänge für gem. Chor a cap. op. 69.
[124] Op. 69 Nr. 3, 1855 komponiert.
[125] Op. 69 Nr. 1, 1858 komponiert.
[126] Op. 69, Nr. 2, 1864 komponiert.
[127] Komponiert am 26.6.1862 (JWV 136/5), gedruckt im "Berliner Bazar" 1873.
[128] Vgl. Brief von Rheinberger an André in Offenbach vom 03.11.1873.
[129] Julius Stockhausen (1826-1906), Komponist.
[130] Engelbert Röntgen (1829-1897), Konzertmeister beim Gewandhausorchester und Lehrer am Leipziger Konservatorium.
[131] Op. 18.
[132] Op. 38.
[133] "Jung Niklas" op. 75 Nr. 1.
[134] "Diebstahl" op. 75 Nr. 2.
[135] Dies bezieht sich auf eine Kritik aus einer unbekannten Zeitung bezüglich der Aufführung der "Sieben Raben" vom 23.11.1873.
[136] Von Georg Friedrich Händel.