Arthur Gordon Weld berichtet von seiner Überfahrt in die vereinigten Staaten und von seiner Entscheidung, von New York nach Boston zu ziehen.


102 Boyiston Street

Boston, Mass.

Sehr geehrter Herr Professor,

Wir sind endlich so weit mit unsere Einziehen hier im Hause, dass ich einige Minuten habe, um Ihnen unsere Ankunft anzukündigen. Wir haben eine sehr schlechte Überfahrt gehabt, 16 Tagen mit eine Cyclone oder Wirbelwind, welche eine ganze Woche dauerte und den Schiff sehr viel Schaden that; beinahe alle Booten waren verloren, ein Mastbaum, viele Segel, Tauen, etc. Kurz, alles was Wind und Wasser brechen konnte, war weg; und wir sehen wie ein Wrack aus, als wir in New York Haven ankamen. Ich war fürchterlich seekrank, aber meine Frau und die Kinder waren sehr munter die ganze Zeit. Endlich in New York angekommen, musste ich zuerst die grosse Frage entscheiden, ob ich dort bleiben oder hierher kommen sollte, und nach vielen Kopfzerbrechen habe ich endlich für Boston entschieden, und es scheint, dass ich richtig gewählt habe. Aber nachdem ich entschlossen hatte, kam erst recht das allerschrecklichste - nämlich ich musste zwei volle Wochen lang Häuser und Wohnungen ansehen, bis ich etwas richtiges finden konnte. Aber jetzt freut es mich, dass ich nicht zu bald etwas nahm, da wir hier sehr schön placirt sind; mit den Park uns gegenüber und in den allerbesten Viertel.

Ich war schon in vielen Concerten, und nämlich die Symphonie Orchester ist wirklich die gewaltigste Concert-Orchester, das ich je gehört habe.

Vorige Woche spielte Herr Bährmann[1] im Symphonie-Concert die Schumann Concert und errang eine von die grossartigste Erfolge, das man seit sehr vielen Jahren in Boston gesehen hat; er spielte es wirklich colossal schön. Und was den Orchester selbst angelangt, es ist wirklich garnicht zu beschreiben: die Präcision der Streicher; und die tadellose Reinheit der Bläser ist etwas, was ich mich vorher kaum denken konnte; insofern ist Gericke ganz famos; das heisst, als Disciplinariner, aber in seiner Interpretation weicht er sehr oft weit von die allgemeine Tradition ab (nämlich mit Beethoven), und das gefällt mir garnicht. Er wird wahrscheinlich meine Suite diesen Winter (nach Weihnachten) spielen; wenn nicht möglich, sicher nächstes Jahr.

Petzitt[2] war hier, hielt es aber nur wenige Wochen aus, da er ungeduldig wurde, dass er nicht gleich eine Masse Schüler bekam und ist nach Minneapolis gegangen, wo er eine Stellung auf drei Jahre in eine neubegründete Musikschule angenommen hat. Hamer hat eine Orgelstellung in eine kleine Provinzstadt nicht weit von Boston bekommen. Whiting ist hier und es geht ihm jetzt sehr gut und seine Sachen wurden ziemlich viel gespielt; aber mit Parker scheint es sehr schlecht zu gehen. Ich habe ihn gesehen in New York, und er scheint seine ganze Interesse an Musik verloren zu haben; er hat eine sehr gute Orgelstellung (USD 1500) und gibt viele Stunden, componirt aber gar nicht, geht nicht in die Concerte und scheint, wie gesagt, gar kein Interesse mehr zu haben; bleibt lieber zu Hause und "spielt" mit seine Frau und Kind. Seine "König Trojan" (eben von Van der Stucken im "Amerikanischen Concert" gegeben) hat in New York nicht gefallen; man fand es monoton etc. und das schien die letzten Stroh zu sein; er sagt, er will nicht mehr schreiben etc.

Ich hoffe, Herr Professor, dass meinen langen Brief Ihnen nicht gelangweilt hat; aber ich dachte, es würde Ihnen dies alles interessiren. Wir beide schicken einen sehr schönen Gruss an die liebe Frau Professor. Ihr sehr ergebener und dankbarer alter Schüler

Arthur Gordon Weld.

P.S. Die Frau Professor hat mir geschrieben, dass Sie wollten so freundlich sein, mir eine Empfehlungs Brief zusenden; es würde mich sehr helfen hier.

Arthur Weld

______________

[1] Herr Bärmann = Karl Bärmann (1839-1913), Münchner Pianist, Schüler von Franz Liszt, lebte seit 1881 in Boston.
[2] Petzitt (recte: Petzet?), Hamer, Whiting, Parker = Schüler Rheinbergers