Antonius Thoma bittet Josef Rheinberger den fortgang der Arbeiten an der neuen Orgel in der Domkirche in Passau zu begutachten.


Passau, den 3.1.90.

Euer Hochwohlgeboren!

Hochgeehrtester Herr Hof-Capellmeister!

Ich habe zwar noch nie Gelegenheit gehabt, mich Ew. Hochwohlgeboren persönlich vorstellen zu können, gestatte mir indess dennoch, vertrauend auf Ihre bekannte Güte, eine ganz ergebenste Bitte zu stellen.

Die Domkirche in Passau hat eine neue Orgel mit 73 Registern erhalten; Orgelbauer Hechenberger dahier baute dieselbe; sie ist nahezu vollendet, sollte jedoch notariellem Vertrage gemäss schon im März vorigen Jahres fertig gestellt worden sein.

Nun hat Hechenberger von der ausgesetzten Summe von 35000 Mrk. berelts 21000 Mrk. vorschussweise erhalten, möchte aber jetzt noch eine weitere Summe von 5000 Mrk. beziehen.

Weil nun noch Manches an dem Werke fehlt, möchte ich mit weiteren Anzahlungen, wie man sprichwörtlich sagt, das Heft nicht ganz aus der Hand lassen und vorher mich durch einen Sachverständigen sicher stellen, ob die Arbeit gediegen und preiswürdig, so weit sie bis jetzt gediehen ist, erscheint.

Ich habe zwar gehofft, bis Ende vorigen Jahres die Orgelprobe vornehmen lassen zu können; diese wird aber nach Lage der Sache vor 4 bis 5 Monaten kaum möglich sein können.

Ich habe mir nun schon, seitdem ich hier bin, vorgenommen, seiner Zeit um die Orgelprobe mich bittend an Ew. Hochwohlgeboren zu wenden, alleine wegen der oben angegebenen Umstände soll jetzt schon eine Prüfung des Werkes vorgenommen werden.

Auf Grund dessen nun wage ich an Ew. Hochwohlgeboren die ganz ergebenste Anfrage, receptive Bitte, ob Sie nicht geneigt wären, in möglichster Bälde sich hierher zu bemühen und die betreffende Prüfung gütigst vorzunehmen.

Bejahenden Falls würde ich ergebenst bitten, mir Tag und Stunde Ihrer Ankunft gütigst anzuzeigen, damit ich vorher für entsprechendes Quartier sorgen kann; am Bahnhof würde ein Wagen für Sie bereit stehen.

Ich erlaube mir nun noch zu bemerken, dass ich nächsten Mittwoch oder Donnerstag nach München auf einige Tage reisen muss, sollten Ew. Hochwohlgeboren vor meiner Abreise nicht kommen können, so würde ich mir dann in München meine persönliche Aufwartung gestatten, um mündlich Näheres zu besprechen.

Unter Versicherung ausgezeichneter Hochachtung verharrt Ew. Hochwohlgeboren ergebenster

Antonius

Erzbisch. v. M. Fr.

______________