Wilhelm Speidel bittet Josef Rheinberger um dessen Mitarbeit an einer Bach-Ausgabe bei Gotta.


o.D. (Herbst 1891)

Hochgeehrter Herr College![1]

Im Auftrag von Cotta Nachfolger werde ich eine Instruktion-Ausgabe von Bach: 2 und 3 stimmige Inventionen und das Wohltemperierte Clavier bearbeiten. Dabei soll ich nach dem Wunsche des Geh. Kommerzienraths Kröner, dem Chef von Cotta Nachfolger, mir einen Mitarbeiter auswählen. Da nun Bach's Claviercompositionen mir aus der Orgel herausgewachsen scheinen, so erlaube ich mir, mich an einen hohen Meister dieses Instruments, an Sie, hochgeehrter Herr, zu wenden um bei Ihnen anzufragen, ob Sie nicht die Mitarbeiterschaft übernehmen wollten.

Es würde Ihnen nach meinem Vorschlag an der Bearbeitung zufallen:

1. Die Bezeichnung, welche sich auf die verschiedenen Eintritte beziehen, als Thema, Engführung usw. in Abkürzung angedeutet und

2. Die getreue Feststellung der richtigen Lesart, welche sich auch auf die Verzierungen auszudehnen hätte.

Mir fiele die mühsame Arbeit der Fingersetzung und Phrasierung, sowie die Angabe der Vortragszeichen, des Metronoms und der verschiedenen dynamischen Zeichen zu.

Für Ihre Arbeit sind 300 Mark ausgesetzt. Als Urtext stehen die Ausgaben von Czerny und was das wohltemperierte Clavier betrifft, auch die von Kroll zur Verfügung, in welche die Corecturen eingetragen werden.

Beiläufig gesagt, möchte Sie Hr. Kräner auch als Herausgeber für eine Orgelantalogie gewinnen.

Auf eine baldige geneigte Antwort bittend, verbleibe ich mit den freundlichsten Empfehlungen an Ihre verehrte Frau Gemahlin Ihr Sie hochverehrender und hochachtungsvoll ergebener

Wilh. Speidel.

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[1] Handschriftlicher Vermerk von der Hand Fannys: "abgelehnt".

 

 

"Abgel ehn t".