Rheinberger kondoliert seiner Schwägerin und fragt, wann olga wieder nach München kommen könnte


München den 26.10.93

Meine liebe Schwägerin!

Durch Olga's Brief habe ich nun auch die nähern Umstände der letzten Zeit unseres lieben Verstorbenen erfahren und kann mit Euch die Schmerzen alle mitfühlen, die Ihr um ihn erduldet habt. Was musst Du Alles ausgestanden haben! Doch war es schön, dass all Eure Kinder stets um ihn sein konnten; gewiss war dies ein grosser Trost für den Kranken; auch habt Ihr Alle das schöne Bewusstsein, das Menschenmögliche für seine Pflege gethan zu haben - dass es nicht zu der ersehnten Genesung führte, war eben Gottes Wille. Die erste Zeit nach einem solchen Verluste ist besonders schwer - man muss sich gewaltsam zusammennehmen, um ihn zu überwinden. -

Wegen Olga hast natürlich Du zu bestimmen; kannst Du sie im Haushalt entbehren, so ist es mir lieb, sie bei mir zu haben: ihr Zimmer ist stets bereit; aber zunächst gehen ihre Pflichten gegen ihre Mutter. Sollte sie bald kommen, so brauchst Du mir nur ein paar Tage zuvor Nachricht zu geben.

An die sämtlichen Kinder meine herzlichen Grüsse und Dir die Versicherung, dass  ich stets sein werde Dein theilnehmender Schwager
Jos. Rheinberger.

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