Carl Grossmann schreibt an Rheinberger über die Aufführungen seiner Werke in Berlin


Berlin, 12. Mai 1900.

Sehr verehrter Herr Professor!

Mit diesem Programm einen recht herzlichen Gruss. Nun haben wir bald Ihre sämmtlichen Sonaten in unsrem schönen Berlin gehört. Ja, hier giebt's Musik! Der Irrgang ist der fleissigste, beinahe jede Woche giebt er etwas von Ihnen.

Verzeihen Sie die Kürze, ich habe immer noch tüchtig zu thun, es giebt noch die letzten Conzertausläufer und die Stunden sind auch noch alle vollzählig.

Meine Sehnsucht wird mich doch bald mal nach dem lieben München treiben, das ist und bleibt mir doch die liebste Stadt auf Erden. So gerne möchte ich auch Sie, so sehr verehrter Herr Professor, wiedersehen; sehen, wie es Ihnen ergeht ohne die so treue Gefährtin. Ja, das ist eine böse Sache!! Sie hatten noch keine Kinder, Ich aber hatte deren nicht weniger als 7, im Alter von 8 bis 1/2 Jahr! und wir waren erst 9 Jahre zusammen! Da habe ich unsre Kunst erst lieben gelernt, denn ohne die ware ich doch wohl zugrunde gegangen!

Die Schwester eines Freundes hat in Florenz bei Buonamici Stunde, und eine Schülerin von Scholtz, die auch auf der Musikschule war, Frl. Frutti, die haben wir hier als Gesanglehrerin.

Prof. Hey ist auch hier, sodass ich immer die Fühlung mit dem alten geliebten München habe.

Ja, die Kunst und sonst Treue in der Gesinnung. Das erhält jung und schafft immer neue Freude!

Wie immer

Ihr alter dankbarer Schüler
C/arl/ G/rossmann/.

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