Rheinberger bedankt sich bei seiner Nichte Olga für die Auseinandersetzung ihres Vermögens und berichtet über seine testamentarischen Regelungen und über ihre Verwandten in Nauvoo/USA.


München 9.2.01.

Meine liebe Olga!

Für Deine Auseinandersetzung Eures Vermögens danke ich Dir. Da Egon sich jetzt selbst versorgt und ich mir die Versorgung Herminens angelegen sein lasse (keine Widerrede!) so glaube ich selbst, dass Ihr zwei Schwestern schon auskommen könnt. Ihr müsst mir kein refus geben, wenn ich Euch etwas schenke, denn Ihr seid jetzt meine Kinder, und zwar meine lieben Kinder. Zum Zeichen dessen verlang ich von Euch, dass Ihr in allen Verlegenheiten Euch an mich, als den Senior der Familie, wendet, und verlange ich, dass Ihr zur mir ein für alle mal „Du“ sagt. Wer wieder Sie sagt, muss eine Krone Strafe zahlen!

In's rothe Haus käme ich wohl gern, aber bei meinem Herzzustand kann ich an eine so weite Reise gar nicht denken. - Ich muss froh sein, wenn's bis Kreuth langt. Vielleicht werde ich Dich im März, oder April auf ein paar Wochen ersuchen müssen, hieher zu kommen. -

Anfang Januar liess mich die Princessin de la Paz in's Palais rufen, wo die Vorsteherin einer Damenakademie aus Nauvoo war, die mich kennen lernen wollte, indem unter ihren dortigen Zöglingen vier Ms. Rheinberger seien; die wünschten dass ihre Vorsteherin mich in München kennen lernen möge, da sie mit mir noch verwandt seien. Es seien sehr nette gut erzogene junge Damen. Ich frug, ob nicht der Grossvater Alois hiesse? Ja, es sind also Enkelinnen d.h. Urenkelinnen vom alten „Sepple“ (aus dem rothen Haus) dem Bruder der „rothen Theres“.

Wie sonderbar, dass ich dies Alles bei der Prinzessin Ludwig Ferdinand inne werden musste. Da diese meine Nichten sehr musikalisch seien, habe ich ihnen zur Erinnerung Musikalien geschickt.

Das musst Du auch dem Löwenwirth, den ich grüssen lasse, erzählen. Nun behüt Euch Gott, meine lieben Kinder,

es grüsst Euch Euer Onkel
Jos. Rheinberger.

______________