Rheinberger übermittelt seiner Nichte Olga seinen Kommentar über das Befinden von Emma.


Bad Kreuth, 24.7.01.

Meine liebe, liebe Olga!

Deinen Brief (sowie Gaflei-Karte[1]) habe ich erhalten. Emma muss sich nach dem Bleistiftportrait sehr verändert haben, und zwar nicht zu ihrem Vortheil - wenigstens ist es nicht geschmeichelt. Wie wäre es, wenn sie auf 2 Wochen Luftveränderung (etwa in Churwalden bei Cousine Ursula) machte? Das wäre auch zugleich Rache dafür, dass Du sie so lange allein wirtschaften liessest - zudem könnte ihr dies auch gesundheitlich gut bekommen.

Im Übrigen wollte ich Du wärest hier bei mir, denn ich bin Deine liebe Gegenwart wieder so recht gewöhnt worden. Jedenfalls musst Du im Spätherbst wieder zu mir kommen. Letzthin habe ich mich gewogen und gefunden, dass ich gegen die Vorjahre um 10 Pfund (!) abgenommen habe - 145 gegen sonst 156 Pfund. Zwar macht mir das nicht bang - ist aber doch kein gutes Zeichen. -

Frl. Rintelen lässt Deinen Gruss freundlich erwidern. -

Schwester Maxentia hat mir geschrieben; sie war durch Deinen Besuch sehr erfreut. Das Buch von Gundlack macht ihr sehr viel Freude. - Wie mir Marie schrieb, ist die Wohnung sehr schön geworden. -

Wenn ihr Beide einmal nach Chur oder Feldkirch kommt, so lasst Euch doch von einem guten Photographen abbilden; aber Du, mein lieber Olgus! nicht im Profil, sondern en face.

Das Wetter ist anhaltend herrlich.

Nun lebt Beide wohl und schreibt bald Eurem Euch herzlich liebenden Onkel
Jos. Rheinberger.

 

 

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[1] Gaflei-Karte = Gaflei, 1483 m. ü. M., Kurhaus im liechtensteinischen Alpengebiet.