Rheinberger kondoliert seiner Nichte Olga zum Tod ihres Löwen-Onkels und berichtet über die bevorstehende Rückkehr nach München.


Bad Kreuth, den 22.8.01

Mein guter Olgus, herzliebes Töchterlein!

Es war heut ein wundervoller, thaufrischer Morgen, als ich beim Frühstück Deinen schwarzumränderten Brief erhielt.

Ich danke Dir für denselben, wenn er mich auch nicht froh stimmte. Dein Onkel im Löwen thut mir so leid - der Name Rheinberger ist seit einigen Jahren schwer heimgesucht - es dürfte nun bald genug sein!

Grüsse mir die liebe Emma herzlich; sie soll sich vernünftig pflegen, dann wird sie bald wieder auf dem Damm sein. Und was Dich betrifft: schone Dich auch meinetwegen, stehst Du ja doch jetzt meinem Herzen am nächsten, seit Du mir heuer meine Einsiedelei wieder belebt hast! -

Dieses Jahr kam ich (unberufen) ohne Blutspucken davon. Zum erstenmal hatte ich es in meinem 31. Lebensjahr; von dort an (in geringem Grade) fast jährlich. Es gelang mir, es meiner Frau zu verheimlichen; sie hätte sich nur unnöthig geängstigt. Am heftigsten hatte ich's im October 1899, seit der Zeit ist es viel besser.

Dienstag den 27. will ich wieder heim und die Regentschaft meines Hauses übernehmen - leider ohne meine Olga!

Grüsse mir Alle, die sich noch meiner erinnern, auch meine Jugendfreundin Frau Lucretia, wenn Du Gelegenheit hast. Schreibe mir bald wieder -

ich verbleibe wie immer Dein Dich

herzlich liebender Onkel
Jos. Rheinberger.

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