Verordnung betr. letztwillige Anordnungen zugunsten Ungeborener


Verordnung
[betr. letztwillige Anordnungen zugunsten Ungeborener]
[1]

vom 20. September 1846

Seine Durchlaucht haben die für Österreich erschienene Erläuterung hinsichtlich letztwilliger Anordnungen, in welchen noch nicht erzeugte Personen für den Fall ihrer Geburt unmittelbar zu Erben eingesetzt oder mit Vermächtnis bedacht sind, für Höchstihr Fürstenthum dahin aufzunehmen geruht:

Letztwillige Anordnungen, wodurch Personen, welche bei dem Tode des Erblassers noch nicht geboren und auch nicht gesetzlich als geboren anzusehen sind, für den Fall, als sie zur Welt kommen, unmittelbar eine Erbschaft oder ein Vermächtnis zugedacht wird, sind nur in soferne gültig, als der Erblasser für die berufenen Nachkommen nach den Bestimmungen des § 612 des allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuches auch durch eine, zu ihrem Vortheile in absteigender Linie errichtete fideikommissarische Substitution gültig hätte sorgen können. Bis zur Geburt des eingesetzten Erben oder Vermächtnissnehmers kommt der einstweilige Besitz und Genuss des zugedachten Vermögens, so ferne der Erblasser darüber keine andere Verfügung getroffen hat, denjenigen zu, welche darauf Anspruch haben, im Falle die Anordnung wegen unterbliebener Geburt des Berufenen nicht vollzogen werden kann (§ 707 des allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuches).

Für die Sicherung der Rechte der Ungeborenen hat das Oberamt nach den allgemeinen gesetzlichen Anordnungen zu sorgen.

Wien, am 20. September 1846

Von der hochfürstlichen Hofkanzlei

Joseph Freyherr von Buschmann, dirigirender Hofrath.

Maximilian Kraupa, Wirtschaftsrath

Franz Straf, Sekretär

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[1] Kein Originaltitel. Ruck. LI LA SgRV 1846. Auch in ASW.