Regierungsverordnung zur Einführung der Leichenschau


[Regierungsverordnung zur Einführung  der Leichenschau)[1]

vom 18. September 1861

 

An die hochwürdigen Pfarrämter und an die Ortsvortstände des Fürstenthumes.

Im Fürstenthume Liechtenstein bestand bisher keine Todtenbeschau.

Nachdem aber der Regierung darum zu thun sein muß, irgend eine Garantie zu erhalten, daß die bei den Pfarrämtern zur Anmeldung gelangenden Todesfälle natürlicher Art sind, und daß alle gewaltsamen Todesfälle behufs der Einleitung des Strafverfahrens zur Kenntniß der Behörde gelangen, so findet sich das Regierungsamt in Folge höchster Ermächtigung Seiner Durchlaucht zu nachstehender Verfügung bestimmt, deren genaue Beobachtung den hochwürdigen Pfarrämtern und den Herren Ortsvorständen hiemit aufgetragen wird.

1. Bei jedem Todesfalle, der beim betreffenden Pfarramte behufs der Beerdigung der Leiche zur Anmeldung gelangt, ist es der Parthei zur Pflicht zu machen, eine ärztliche Bestätigung über die vorausgegangene ärztliche Behandlung und über die Krankheit, welcher der Zubeerdigende erlag, beizubringen.

2. Ist der Kranke ohne ärztliche Behandlung gestorben, so hat in einem solchen Falle das Pfarramt allsogleich die schriftliche Anzeige an das Regierungsamt zu erstatten und in dem dießfälligen Berichte der muthmaßlichen Todesart des Verstorbenen, dann des Leumundes der Angehörigen desselben oder der allfällig eingetretenen wichtigeren Nebenumstände zu erwähnen.

Auf Grund dieser Anzeige wird das Regierungsamt sofort entweder die Bewilligung zur Leichenbestattung ertheilen oder die Todtenbeschau durch den Landesphysikus vornehmen lassen und über den Befund den Todtenbeschauzettel ausfertigen.

3. Ohne die sub 1 erwähnte ärztliche Bestätigung oder ohne einen regierungsämtlichen Beschauzettel darf von nun an keine Beerdigung einer Leiche in den Gemeinden des Fürstenthumes Statt finden, und es sind diese Bescheinigungen nach Jahrgängen geordnet bei den Pfarrämtern gehörig aufzubewahren, weil sie eine Beilage der Sterberegister zu bilden haben.

4. Die Kosten einer gerichtlichen Todtenbeschau liegen den zahlungsfähigen Erben des Verstorbenen oder in Ermanglung dieser der Zuständigkeitsgemeinde zur Bezahlung ob.

5. Für die Ausfertigung der ärztlichen Bescheinigung darf keine Taxe abgenommen werden.

6. Sowohl die Beschauzettel als die ärztlichen Bescheinigungen sind stempelfrei.

7. Vorstehende Todtenbeschauordnung tritt mit 1. Oktober 1861 in Wirksamkeit.

Regierungsamt Vaduz, am 18. September 1861

Carl Haus von Hausen, Landesverweser

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[1] LI LA SgRV 1961. Kein Originaltitel. Druck.