Der Vorarlberger Polizeirat Gaston Hausmann-Stetten schlägt der liechtensteinischen Regierung Verhandlungen über die Ausdehnung des kleinen Grenzverkehrs vor


Schreiben des Vorarlberger Polizeirates Gaston Hausmann-Stetten, gez. ders., an die liechtensteinische Regierung [1]

29.3.1920, o.O. (vermutlich Feldkirch)

An die fürstliche Liechtenstein'sche Regierung in Vaduz,

Die Gemeindevorstehungen von Balzers, Triesen und Triesenberg haben am 3./3.1920 eine Eingabe an die Vorarlberger Landesregierung gerichtet, worin dieselben ersuchen, wie früher ohne Visumzwang zum kleinen Grenzverkehre mit Vorarlberg zugelassen zu werden. [2]

Indem ich vorausschicke, dass die fürstliche Regierung in der Einschränkung des kleinen Grenzverkehres mit der dortigen Verordnung vom 11./8.1919, Zl. 2573, [3] bezw. mit der Kundmachung vom 23./8.1919, Zl. 4133, [4] den ersten Schritt getan hat und die hierauf unsererseits verfügte Ausschliessung der eingangsgenannten Gemeinden vom kleinen Grenzverkehr nur als Gegenmassnahme zu obigen Verfügungen erfolgte, beehre ich mich mitzuteilen, dass ich von der Vorarlberger Landesregierung mit Erlass vom 25./3.l.J., Zl. 315/10, ermächtigt wurde, in deren Namen mit der fürstl. Liechtenstein'schen Regierung in Verhandlungen im Gegenstande einzutreten.

Zur Sache selbst möchte ich gleich betonen, dass ich bei entsprechendem Entgegenkommen seitens der fürstl. Regierung gerne bereit sein werde, den ursprünglichen Zustand wieder herzustellen, und dem Ansuchen der 3 Gemeinden nach Möglichkeit Rechnung zu tragen.

Ich ersuche um gef. Vorschläge behufs mündlicher Besprechung in dieser Angelegenheit. [5]

 

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[1] LI LA RE 1920/1506. Aktenzeichen Zl. 116/10. Eingangsstempel der Regierung vom 30.3.1920.
[2] Vgl. die Verordnung der Vorarlberger Landesregierung vom 15.10.1919, prs. Zl. 568, betreffend die Regelung des Verkehres an der Vorarlberger-Schweizerischen bezw. Liechtensteinischen Grenze (LI LA RE 1919/5355 ad 1716): Nach deren § 4 Abs. 2 hatten die Bewohner von Balzers, Triesen und Triesenberg als Fernreisende zu gelten, welche gemäss § 2 Abs. 2 über einen Auslandspass mit einem von der Polizeiabteilung der Bezirkshauptmannschaft Feldkirch ausgestellten Sichtvermerk verfügen mussten.
[3] Nach § 3 der Verordnung der liechtensteinischen Regierung vom 11.8.1919 betreffend Einreise nach Liechtenstein bezog sich der kleine Grenzverkehr auf Parteien, die in einem Umkreis von 10 Kilometern von der Grenze wohnhaft waren und am gleichen Tage, an dem sie in das Fürstentum einreisten, dieses wieder verliessen (LI LA RE 1919/2573 ad 2161).
[4] Nach Bst. c Z. 3 der Kundmachung der liechtensteinischen Regierung vom 23.8.1919, die gleichentags u.a. der Vorarlberger Landesregierung mitgeteilt wurde, betraf der kleine Grenzverkehr in Vorarlberg, d.h. die Zulassung zur sichtvermerksfreien Einreise nach Liechtenstein, die Ortschaften Koblach, Klaus, Weiler, Röthis, Buchebrunnen, Muntlix, Batschuns, Wies, Dünserberg, Düns, Schnifis, Schlins, Bludesch, Nenzing, Bürserberg, Brand und Lünersee sowie die näher als diese gelegenen Ortschaften (LI LA RE 1919/4133 ad 2161).
[5] Landesverweser Prinz Karl antwortete Hausmann-Stetten mit Schreiben vom 2.4.1920, dass eine Erleichterung des Grenzverkehrs sehr wünschenswert wäre, und schlug die Aufnahme mündlicher Verhandlungen vor (LI LA RE 1920/1506 (Aktenzeichen Zl. 116/10) Revers). Im April 1920 fand dann im Gasthaus „Post" in Schaan eine Besprechung zwischen Prinz Karl und Hausmann-Stetten statt. Dabei wurde vereinbart, den kleinen Grenzverkehr zwischen Liechtenstein und Vorarlberg räumlich zu erweitern (Vereinbarungsprotokoll vom 12.4.1920 (LI LA RE 1920/1506)).