Handels- und Zollvertrag mit den Staaten des deutschen Zoll- und Handelsvereins


Handels- und Zollvertrag
zwischen Oesterreich und den Staaten des deutschen Zoll- und Handelsvereins[1]

vom 11. April 1865

Seine Majestät der Kaiser von Oesterreich, zugleich in Vertretung des souverainen Fürstenthums Liechtenstein, einerseits

und

Seine Majestät der König von Preußen, Seine Majestät der König von Bayern und Seine Majestät der König von Sachsen, sowohl für Sich beziehungsweise in Vertretung der dem Preußischen Zoll- und Steuer-System angeschlossenen souverainen Länder und Landestheile, nämlich: des Großherzogthums Luxemburg, der Großherzoglich Mecklenburgischen Enklaven Rossow, Netzeband und Schönberg, des Großherzoglich Oldenburgischen Fürstenthums Birkenfeld, des Herzogthums Anhalt, der Fürstenthümer Waldeck und Pyrmont, des Fürstenthums Lippe und des Landgräflich Hessischen Oberamtes Meisenheim, als im Namen der übrigen Mitglieder des deutschen Zoll- und Handels-Vereins, nämlich: der Krone Hannover, sowohl für Sich als für das Fürstenthum Schaumburg-Lippe, der Krone Württemberg, des Großherzogthums Baden, des Kurfürstenthums Hessen, des Großherzogthums Hessen, sowohl für Sich als für das Landgräflich Hessische Amt Homburg, der den Thüringischen Zoll-und Handels Verein bildenden Staaten, namentlich: des Großherzogthums Sachsen, der Herzogthümer Sachsen-Meiningen, Sachsen-Altenburg, Sachsen-Coburg-Gotha, der Fürstenthümer Schwarzburg-Rudolstadt und Schwarzburg-Sondershausen, Reuß älterer und Reuß jüngerer Linie; des Herzogthums Braunschweig, des Herzogthums Oldenburg, des Herzogthums Nassau und der freien Stadt Frankfurt, andererseits,

von dem Wunsche geleitet, den Handel und Verkehr zwischen Ihren Gebieten durch ausgedehnte Zollbefreiungen und Zollermäßigungen, durch vereinfachte und gleichförmige Zollbehandlung und durch erleichterte Benutzung aller Verkehrs-Anstalten in umfassender Weile zu fördern, und in der Absicht, Ihre Zolleinnahmen zu sichern, und die allgemeine deutsche Zolleinigung anzubahnen, haben über die Erneuerung und entsprechende Abänderung und Erweiterung des zwischen ihnen bestehenden Handels- und Zoll-Vertrages vom 19. Februar 1853 Unterbandlungen eröffnen lassen und zu diesem Zwecke zu Bevollmächtigten ernannt:

Seine Majestät der Kaiser von Oesterreich:

Allerhöchst Ihren Wirklichen Geheimen Rath und Vorstand der Ministerial-Section für die indirecten Abgaben Dr. Carl Freiherrn von Hock,

und

Seine Majestät der König von Preußen:

Allerhöchst Ihren Ministerial-Director Alexander Max Philipsborn,

und

Allerhöchst Ihren Geheimen Ober-Finanz-Rath Gustav Hasselbach,

Seine Majestät der König von Bayern:

Allerhöchst Ihren Ministerial-Rath Moritz von Reichert,

und

Seine Majestät der Seine von Sachsen:

Allerhöchst Ihren Geheimen Finanz-Rath Julius Hans von Thümmel,

welche, nach geschehener Mittheilung und gegenseitiger Anerkennung ihrer Vollmachten, den folgenden Handels- und Zollvertrag vereinbart und abgeschlossen haben:

Art. 1.

Die vertragenden Theile verpflichten sich, den gegenseitigen Verkehr zwischen ihren Landen durch keinerlei Einfuhr-, Ausfuhr- oder Durchfuhrverbote zu hemmen.

Ausnahmen hiervon dürfen nur Statt finden:

a) bei Tabak, Salz, Schießpulver, Spielkarten und Kalendern;

b) aus Gesundheits-Polizei-Rücksichten;

c) in Beziehung auf Kriegsbedürfnisse unter außerordentlichen Umständen.

Art. 2.

Hinsichtlich des Betrages, der Sicherung und der Erhebung der Eingangs- und Ausgangs-Abgaben, sowie hinsichtlich der Durchfuhr dürfen von keinem der beiden vertragenden Theile dritte Staaten günstiger als der andere vertragende Theil behandelt werden. Jede dritten Staaten in diesen Beziehungen eingeräumte Begünstigung ist daher ohne Gegenleistung dem andern vertragenden Theile gleichzeitig einzuräumen.

Ausgenommen hiervon sind nur diejenigen Begünstigungen, welche die mit einem der vertragenden Theile jetzt oder künftig zollvereinten Staaten genießen, sowie solche Begünstigungen, welche anderen Staaten durch bestehende Verträge zugestanden sind und ausdrücklich von der Anwendung obiger Bestimmung ausgeschlossen werden. Diese Begünstigungen können denselben Staaten für die nämlichen Gegenstände in nicht höherem Maße auch nach Ablauf dieser Verträge zugestanden werden.

Art. 3.

Die vertragenden Theile wollen vom 1. Juli 1865 an gegenseitige Verkehrs-Erleichterungen auf Grundlage des freien Eingangs roher Natur-Erzeugnisse und des gegen ermäßigte Zollsätze zu gestattenden Eingangs gewerblicher Erzeugnisse ihrer Länder eintreten lassen.

Demgemäß sind sie übereingekommen, daß bei dem unmittelbaren Uebergang aus dem freien Verkehr im Gebiete des einen in das Gebiet des andern Theils in Oestreich von den in der Anlage A. und im Zollvereine von den in der Anlage B. bezeichneten Waaren keine, beziehungsweise keine höheren, als die in diesen Anlagen bestimmten Eingangs-Abgaben erhoben werden sollen.

Art. 4.

Wenn wahrend der Dauer des gegenwärtigen Vertrages in dem Gebiete des einen oder des andern der vertragenden Theile Erhöhungen der allgemeinen tarifmäßigen Eingangszölle gegen den vom 1. Juli 1865 an gültigen Tarif eintreten sollten, so bleiben diese auf die in den An-lagen A. und B. vereinbarten Zollsätze und Zollbefreiungen ohne Einfluß.

Wenn aber einer der vertragenden Theile für eine von den in den Anlagen A. und B. genannten Waaren eine Ermäßigung seines vom 1. Juli 1865 an gültigen allgemeinen Zolltarifs, sei es allgemein oder für gewisse Grenzstrecken oder Zollämter eintreten lassen will, so liegt ihm ob, dem andern Theile von dieser Ermäßigung mindestens drei Monate vor deren Eintreten Nachricht zu geben, und es bleibt alsdann, vorbehaltlich anderweiter Verständigung, dem andern Theile freigestellt, diese Waaren nur gegen Beibringung von Ursprungszeugnissen zollfrei, beziehungsweise gegen den verabredeten Zoll zuzulassen. Wer von dieser Befugniß Gebrauch macht, wird den andern Theil von der deshalb erlassenen Anordnung vier Wochen vor deren Vollzug in Kenntniß setzen.

Art. 5.

1. Die unmittelbar aus dem Gebiete des einen vertragenden Theils in das Gebiet des andern Vergehenden Waaren sollen beiderseits von allen Ausgangs-Abgaben frei sein.

Ausgenommen von dieser Bestimmung find nur die nachstehend aufgeführten Waaren, von denen die unten verzeichneten Ausgangs-Abgaben erhoben werden dürfen, nämlich:

im Zollverein:

von Lumpen und andern Abfällen zur Papier-Fabrikation und zwar:

a. nicht von reiner Seide, auch zu Halbzeug vermahlen, Makulatur und Papierspänen 12/5 Thlr. (2 Fl. 55 Kr. südd. W.) vom Zoll-Centner,

b. altem Tauwerk, alten Fischernetzen und Stricken, getheert oder nicht getheert, ½ Thaler (35 Xr. südd. W.) vom Zoll-Centner;

in Oesterreich:

a. von Fellen und Häuten, gemeinen (Pos. 6. a. der Anlage A.) 2 Fl. 50 Xr. ö. W. vom Zoll Centner,

b. von Lumpen (Hadern) und anderen Abfällen zur Papier-Fabrikation (Pos. 44. b. der Anlage A.) 3 Fl. ö W. vom Zoll-Centner,

c. von Knochen, Klauen, Füßen, Hautabschnitzeln (Pos. 44. c. der Anlage A.) 75 Xr. ö. W. vom Zoll-Centner.

2. In jedem der vertragenden Staaten sollen die bei der Ausfuhr gewisser Erzeugnisse bewilligten Ausfuhr-Vergütungen nur die Zölle oder inneren Steuern erseßen, welche von den gedachten Erzeugnissen ober von den Stoffen, aus denen sie verfertigt worden, erhoben find. Eine darüber hinausgehende Ausfuhr-Prämie sollen sie nicht enthalten.

Ueber Aenderungen des Betrages dieser Vergütungen oder des Verhältnisses derselben zu dem Zolle oder zu den innern Steuern wird gegenseitige Mittheilung erfolgen.

3. Von Waaren, welche durch das Gebiet eines der vertragenden Theile aus- oder nach dem Gebiete des andern Theils durchgeführt werden, dürfen Durchgangsabgaben nicht erhoben werden.

Diese Verabredung findet sowohl auf die nach erfolgter Umladung oder Lagerung, als auf die unmittelbar durchgeführten Waaren Anwendung.

Art. 6.

Zur weiteren Erleichterung des gegenseitigen Verkehrs wird beiderseits Befreiung von Eingangs- und Ausgangs-Abgaben zugestanden:

a. für Waaren (mit Ausnahme von Verzehrungs-Gegenständen), welche aus dem freien Verkehr im Gebiete des einen der vertragenden Theile in das Gebiet des andern auf Märkte oder Messen gebracht oder auf Ungewissen Verkauf außer dem Meß- und Marktverkehr versendet, in dem Gebiete des andern Theils aber nicht in den freien Verkehr gesetzt, sondern unter Controle der Zollbehörde in öffentlichen Niederlagen (Packhöfen, Hallämtern u. s. w.) gelagert, so wie für Muster, welche von Handelsreisenden eingebracht werden, alle diese Gegenstände, wenn sie binnen einer im Voraus zu bestimmenden Frist unverkauft zurückgeführt werden;

b. für Vieh, welches auf Märkte in das Gebiet des andern vertragenden Theils gebracht und unverkauft von dort zurückgeführt wird;

c. für Glocken und Lettern zum Umgießen, Stroh zum Flechten, Wachs zum Bleichen, Seidenabfälle zum Hecheln (Kämmeln);

d. für Gewebe und Garne zum Waschen, Bleichen, Färben, Walken, Appretiren, Bedrucken und Sticken, Garne zum Stricken, Gespinnste (einschließlich der erforderlichen Zuthaten) zur Herstellung von Spitzen und Posamentterwaaren, Häute und Felle zur Leder- und Pelzwerkbereitung, Garne in gescheerten (auch geschlichteten) Ketten nebst dem erforderlichen Schußgarn zur Herstellung von Geweben, sowie für Gegenstände zum Lackiren, Poliren und Bemalen;

e. für sonstige zur Reparatur, Bearbeitung oder Veredelung bestimmte, in das Gebiet des andern vertragenden Theils gebrachte und nach Erreichung jenes Zweckes, unter Beobachtung der deßhalb getroffenen besonderen Vorschriften, zurückgeführte Gegenstände, wenn die wesentliche Beschaffenheit und die Benennung derselben unverändert bleibt;

und zwar in dem Falle unter c, unter Festhaltung der Gewichtsmenge, in den Fällen unter a., b., d. und e., sofern die Identität der aus- und wiedereingeführten Gegenstände außer Zweifel ist.

Art. 7.

Hinsichtlich der zollamtlichen Behandlung von Waaren, die dem Begleitscheinverfahren unterliegen, wird eine Verkehrserleichterung dadurch gegenseitig gewährt werden, daß beim unmittelbaren Uebergange solcher Waaren aus dem Gebiete des einen der vertragenden Theile in das Gebiet des andern die Verschluß Abnahme, die Anlage eines anderweiten Verschlusses und die Auspackung der Waaren unterbleibt, sofern den dieserhalb vereinbarten Erfordernissen genügt ist. Ueberhaupt soll die Abfertigung möglichst beschleunigt werden.

Art. 8.

Die vertragenden Theile werden auch ferner darauf bedacht sein, ihre gegenüberliegenden Grenzzollämter, wo es die Verhältnisse gestatten, je an einen Ort zu verlegen, so daß die Amts, Handlungen bei dem Uebertritte der Waaren aus einem Zollgebiet in das andere gleichzeitig Statt finden können.

Art. 9.

Innere Abgaben, welche in dem einen der vertragenden Theile, sei es für Rechnung des Staates oder für Rechnung von Kommunen und Korporationen, auf der Hervorbringung, der Zubereitung oder dem Verbrauch eines Erzeugnisses ruhen, dürfen Erzeugnisse des andern Theils unter keinem Vorwand höher oder in lästigerer Weise treffen, als die gleichnamigen Erzeugnisse des eigenen Landes.

Art. 10.

Die vertragenden Theile verpflichten sich, auch ferner zur Verhütung und Bestrafung des Schleichhandels nach oder aus ihren Gebieten durch angemessene Mittel mitzuwirken und die zu diesem Zweck erlassenen Strafgesetze aufrecht zu erhalten, die Rechtshülfe zu gewähren, den Aufsichtsbeamten des andern Staates die Verfolgung der Kontravententen in ihr Gebiet zu gestatten und denselben, durch Steuer-, Zoll- und Polizeibeamte, sowie durch die Ortsvorstände alle erforderliche Auskunft und Beihülfe zu Theil werden zu lassen.

Das nach Maßgabe dieser allgemeinen Bestimmungen abgeschlossene Zollkartel enthält die Anlage C.

Für Grenzgewässer und für solche Grenzstrecken, wo die Gebiete der vertragenden Theile mit fremden Staaten zusammentreffen, werden die zur gegenseitigen Unterstützung beim Ueberwachungsdienste verabredeten Maßregeln aufrecht erhalten.

Art. 11.

Stapel- und Umschlagsrechte sind in dem Gebiete der vertragenden Theile unzulässig, und es darf, vorbehaltlich schifffahrts- und gesundheitspolizeilicher, sowie der zur Sicherung der Abgaben erforderlichen Vorschriften, kein Waarenführer gezwungen werden, an einem bestimmten Orte anzuhalten, aus-, ein- oder umzuladen.

Art. 12.

Die vertragenden Theile werden die Seeschiffe des anderen Theiles und deren Ladungen unter denselben Bedingungen und gegen dieselben Abgaben wie die eigenen Seeschiffe zulassen.

Die Staatsangehörigkeit der Schiffe jedes der vertragenden Staaten ist nach der Gesetzgebung ihrer Heimath zu beurtheilen.

Zur Nachweisung über die Ladungsfähigkeit der Schiffe des einen Staates sollen die nach der Gesetzgebung ihrer Heimath gültigen Meßbriefe, vorbehaltlich der Reduction der Schiffsmaaße, bei Feststellung von Schifffahrts- und Hafen-Abgaben im andern Staate genügen.

Die Schifffahrt zwischen Seehäfen seines Gebietes kann jeder Staat seinen eigenen Schiffen vorbehalten; dagegen soll die successive Befrachtung oder Entlöschung in mehreren Seehäfen des einen Staates den Schissen des andern Staates gestattet sein.

Auch sollen unter der Bedingung der Gegenseitigkeit überhaupt alle Begünstigungen, welche einer der Seeschifffahrt treibenden Staaten des Zollvereins in Bezug auf die Behandlung der Seeschiffe und deren Ladungen einem dritten Staate eingeräumt hat oder einräumen wird, auf die Oesterreichischen Schiffe und deren Ladungen, und umgekehrt alle Begünstigungen, welche Oesterreich in diesen Beziehungen einem dritten Staate eingeräumt hat oder einräumen wird, auf die Schiffe der Seeschiffahrt treibenden Staaten des Zollvereins und deren Ladungen Anwendung finden. Von dieser Bestimmung sind nur diejenigen Begünstigungen in der Küstenschifffahrt ausgenommen, welche Schiffen dritter Staaten nicht durch Uebereinkommen eingeräumt sind.

Art. 13.

Von Schissen des einen der vertragenden Theile, welche in Unglücks- oder Nothfällen in die Seehäfen des andern einlaufen, sollen, wenn nicht der Aufenthalt unnöthig verlängert oder zum Handelsverkehre benutzt wird, Schifffahrts- oder Hafen-Abgaben nicht erhoben werden.

Von Havarie- und Strandgütern, welche in das Schiff eines der vertragenden Theile verladen waren, soll von dem andern, unter Vorbehalt des etwaigen Bergelohns, eine Abgabe nur dann erhoben werden, wenn dieselben in den Verbrauch übergehen.

Art. 14.

Zur Befahrung aller natürlichen und künstlichen Wasserstraßen in den Gebieten der vertragenden Theile sollen Schiffsführer und Fahrzeuge, welche einem derselben angehören, unter denselben Bedingungen und gegen dieselben Abgaben von Schiff oder Ladung zugelassen werden, wie Schiffsführer und Fahrzeuge des eigenen Staates.

Art. 15.

Die Benutzung der Chausseen und sonstigen Straßen, Kanäle, Schleusen, Fähren, Brücken und Brückenöffnungen, der Häfen und Landungsplätze, der Bezeichnung und Beleuchtung des Fahrwassers, des Lootsenwesens, der Krahne- und Waageanstalten, der Niederlagen, der Anstalten zur Rettung und Bergung von Schiffsgütern und dergleichen mehr, insoweit die, Anlagen oder Anstalten für den öffentlichen Verkehr bestimmt sind, soll, gleichviel ob dieselben vom Staate oder von Privatberechtigten verwaltet werden, den Angehörigen des andern vertragenden Theils unter gleichen Bedingungen und gegen gleiche Gebühren, wie den Angehörigen des eigenen. Staates, gestattet werden.

Gebühren dürfen, vorbehaltlich der beim Seebeleuchtungs- und Seelootsenwesen zulässigen abweichenden Bestimmungen, nur bei wirklicher Benutzung solcher Anlagen oder Anstalten erhoben werden.

Dieselben dürfen die Unterhaltungskosten sammt den landesüblichen Zinsen des Anlagekapitals nicht übersteigen.

Wegegelder für beladenes Fuhrwerk sollen auf Straßen, welche unmittelbar oder mittelbar zur Verbindung der vertragenden Theile unter sich oder mit dem Ausland« dienen, da, wo dieselben den Satz von einem Silbergroschen (5 xr. ö. W.) für ein Zugthier und eine geographische Meile erreichen oder übersteigen, höchstens zu den jetzt geltenden Beträgen und da, wo sie jenen Satz nicht erreichen, höchstens zu diesem letzteren erhoben werden. Wegegelder für einen die Landesgrenze überschreitenden Verkehr dürfen auf den erwähnten Straßen nach Verhältniß der Streckenlängen nicht höher sein, als für den auf das eigene Staatsgebiet beschränkten Verkehr.

Für Eisenbahnen gelten nicht diese, sondern die in den Artikeln 16 und 17 enthaltenen Bestimmungen.

Art. 16.

Auf Eisenbahnen sollen in Beziehung auf Zeit, Art und Preise der Beförderungen die Angehörigen des andern Theils und deren Güter nicht ungünstiger, als die eigenen Angehörigen und deren Güter behandelt werden.

Für Durchfuhren nach oder aus dem Gebiete des andern Theils soll kein Staat höhere als diejenigen Eisenbahnfrachtsätze erheben lassen, welchen auf derselben Eisenbahn die in dem eigenen Gebiete auf- oder abgeladenen Güter verhältnißmäßig unterliegen.

Art. 17.

Die vertragenden Theile werden dahin wirken, daß die Waarenbeförderung auf den Eisenbahnen in ihren Gebieten durch Herstellung unmittelbarer Schienenverbindungen zwischen den an einem Orte zusammentreffenden Bahnen und durch Ueberführung der Transportmittel von einer Bahn auf die andere möglichst erleichtert werde.

Sie werden ferner, wo an ihren Grenzen unmittelbare Schienenverbindungen vorhanden sind und ein Uebergang der Transportmittel stattfindet, Waaren, welche in vorschriftsmäßig verschließbaren Wagen eingehen und in denselben Wagen nach einem Orte im Innern befördert werden, an welchem sich ein zur Abfertigung befugtes Zoll- oder Steueramt befindet, von der Declaration, Abladung und Revision an der Grenze, sowie vom Kolloverschluß frei lassen, insofern jene Waaren durch Uebergabe der Ladungsverzeichnisse und Frachtbriefe zum Eingang angemeldet sind.

Waaren, welche in vorschriftsmäßig verschließbaren Eisenbahnwagen durch das Gebiet eines der vertragenden Theile aus- oder nach dem Gebiete des andern ohne Umladung durchgeführt werden, sollen von der Declaration, Abladung und Revision, sowie vom Kolloverschluß sowohl im Innern als an den Grenzen frei bleiben, insofern dieselben durch Uebergabe der Ladungsverzeichnisse und Frachtbriefe zum Durchgang angemeldet sind.

Die Verwirklichung der vorstehenden Bestimmungen ist jedoch dadurch bedingt, daß die betheiligten Eisenbahnverwaltungen für das rechtzeitige Eintreffen der Wagen mit unverletztem Verschluße am Abfertigungsamt im Innern oder am Ausgangsamte verpflichtet seien.

Insoweit von einem der vertragenden Theile mit dritten Staaten in Betreff der Zollabfertigung weitergehende, .als die hier aufgeführten Erleichterungen vereinbart worden find, finden diese Erleichterungen auch bei dem Verkehr mit dem anderen Theil, unter Voraussehung der Gegenseitigkeit, Anwendung.

Art. 18.

Die vertragenden Theile wollen gemeinschaftlich dahin wirken, daß durch Annahme gleichförmiger Grundsätze die Gewerbsamkeit befördert und der Befugniß der Unterthanen des einen Theils, in dem andern Arbeit und Erwerb zu suchen, möglichst freier Spielraum gegeben werde.

Von den Unterthanen des einen der vertragenden Theile, welche in dem Gebiete des andern Handel und Gewerbe treiben oder Arbeit suchen, soll von dem Zeitpunkt ab, wo der gegenwärtige Vertrag in Kraft treten wird, keine Abgabe entrichtet werden, welcher nicht gleichmäßig die in demselben Gewerbsverhältnisse stehenden eigenen Unterthanen unterworfen sind.

Desgleichen sollen Kaufleute, Fabrikanten und andere Gewerbetreibende, welche sich darüber ausweisen, daß sie in dem Staate, wo sie ihren Wohnsitz haben, die gesetzlichen Abgaben für das von ihnen betriebene Geschäft entrichten, wenn sie blos für dieses Geschäft persönlich oder durch in ihren Diensten stehende Reisende Ankäufe machen oder Bestellungen, nur unter Mitführung von Mustern, suchen, in dem Gebiete des andern vertragenden Theils keine weitere Abgabe hiefür zu entrichten verpflichtet sein.

Auch sollen beim Besuche der Märkte und Messen zur Ausübung des Handels und zum Absatz eigener Erzeugnisse oder Fabrikate in jedem der vertragenden Theile die Unterthanen des andern ebenso wie die eigenen Unterthanen behandelt werden.

Die Unterthanen des einen der vertragenden Theile, welche das Frachtfuhrgewerbe, die See oder Flußschifffahrt zwischen Plätzen verschiedener Staaten betreiben, sollen für diesen Gewerbebetrieb in dem Gebiete des andern Theils einer Gewerbesteuer nicht unterworfen werden.

Art. 19.

Die vertragenden Theile bewilligen sich gegenseitig das Recht, Consuln in allen denjenigen Häfen und Handelsplätzen des andern Theiles zu ernennen, in denen Consuln irgend eines dritten Staates zugelassen werden.

Diese Consuln des einen der vertragende Theile sollen, unter der Bedingung der Gegenseitigkeit, im Gebiete des andern Theiles dieselben Vorrechte, Befugnisse und Befreiungen genießen, deren sich diejenigen irgend eines dritten Staates erfreuen oder erfreuen werden.

Art. 20.

Jeder der vertragenden Theile wird seine Consuln im Auslande verpflichten, den Angehörigen des andern Theils, sofern letzterer an dem betreffenden Platze durch einen Consul nicht vertreten ist, Schutz und Beistand in derselben Art und gegen nicht höhere Gebühren wie den eigenen Angehörigen zu gewähren.

Art. 21.

Die vertragenden Theile gestehen sich gegenseitig das Recht zu, an ihre Zollstellen Beamte zu dem Zwecke zu senden, um von der Geschäftsbehandlung derselben in Beziehung auf das Zollwesen und die Grenzbewachung Kenntniß zu erlangen, wozu diesen Beamten alle Gelegenheit bereitwillig zu gewähren ist.

Ueber die Rechnungsführung und Statistik in beiden Zollgebieten wollen die vertragenden Staaten sich gegenseitig alle gewünschten Aufklärungen ertheilen.

Art. 22.

In denjenigen einzelnen Landestheilen der vertragenden Theile, welche von deren Zollgebiet ausgeschlossen sind, finden, so lange deren Ausschluß dauert, die Verabredungen in den Artikeln 1 bis 9, des gegenwärtigen Vertrages keine Anwendung.

Art. 23.

Unmittelbar nach Austausch der Ratificationen dieses Vertrages sollen Commissarien der vertragenden Theile zusammentreten, um die zur Ausführung desselben erforderlichen Vereinbarungen und Vollzugsvorschriften festzustellen.

Art. 24

Die in den Anlagen dieses Vertrages enthaltenen Bestimmungen sind als integrirende Theile desselben anzusehen.

Art. 25

Der gegenwärtige Vertrag tritt vom 1. Juli 1865 ab an Stelle des Vertrages vom 19. Februar 1853. Seine Dauer wird auf die Zeit vom 1. Juli 1865 bis zum 31. December 1877 festgestellt.

Beide Theile behalten sich vor, über weiter gehende Verkehrserleichterungen und über möglichste Annäherung der beiderseitigen Zolltarife und demnächst Wer die Frage der allgemeinen deutschen Zolleinigung in Verhandlung zu treten. Sobald der eine von ihnen den für die Verhandlung geeigneten Zeitpunkt für gekommen erachtet, wird er dem andern seine Vorschlage machen und werden Commissarien der vertragenden Theile zum Behuf der Verhandlung zusammentreten.

Es wird beiderseits anerkannt, daß die Autonomie eines jeden der vertragenden Theile in der Gestaltung feiner Zoll- und Handels-Gesetzgebung hierdurch nicht bat beschränkt werden wollen.

Art. 26.

Der Beitritt zu diesem Vertrage bleibt jedem deutschen Staate vorbehalten, welcher sich künftig dem Zollverein anschließen wird.

Art. 27.

Gegenwärtiger Vertrag soll ratifizirt und es sollen die Ratifikations-Urkunden binnen sechs Wochen in Berlin ausgewechselt werden.

So geschehen Berlin, den 11. April 1865.

(gez.) Philipsborn (L. S.) 

Hasselbach (L. S.)

Freiherr von Hock (L. S.)

von Reichert (L. S.)

von Thümmel (L. S.)

______________

[1] LI LA SgSTV 1865.04.11. Druck.