Freizügigkeitserklärung zwischen Liechtenstein und der Schweiz


Declaration
[betreffend die Allgemeine Freizügigkeit
zwischen Liechtenstein und der Schweiz]
[1]

Luzern, 11. Februar 1838 und Wien, 18. April 1838

Nachdem zwischen dem souverainen Fürstenthum Liechtenstein und dem hohen Vororte der Schweizerischen Eidgenossenschaft in Hinsicht einer wechselseitigen allgemeinen Freizügigkeit die nachstehenden Bestimmungen zu diesfälliger Verpflichtung mittelst gegenseitig auszuwechselnder Erklärungen verabredet worden, so wird hiedurch von Seite des souverainenFürstenthums Liechtenstein erklärt.

Art. 1.

Alle Vermögensabzüge, welche bisher von den aus dem Fürstenthum Liechtenstein in die schweizerische Eidgenossenschaft oder umgekehrt aus der schweizerischen Eidgenossenschaft in das Fürstenthum Liechtenstein gehenden Vermögen unter was immer für einem Nahmen erhoben wurden, sollen zwischen den beiden Staaten gänzlich aufgehoben seyn ohne allen Unterschied, ob das Vermögen durch erlaubte Auswanderung, Kauf, Tausch, Schenkung, Erbschaft oder auf andere Weise ausgezogen werde.

Art. 2.

Diejenigen Abgaben jedoch, welche in dem einen oder dem andern der beyden contrahirenden Staaten bey Kauf, Tausch, Erbschaften, Legaten oder Schenkungen eingeführt sind, oder allenfalls eingeführt werden könnten und auch von den eigenen Staatsangehörigen oder Unterhanen ohne Rücksicht auf Vermögens-Exportation entrichtet werden müssen, sind hiedurch nicht aufgehoben. Eben so wenig sind die vorschriftgemässen Geldleistungen aufgehoben, welche als Ersatz für nicht erfüllte Militärpflicht stehen, bezogen werden.

Art. 3

Die gegenwärtige Übereinkunft erstreckt sich auf den ganzen Umfang der beiden contrahirenden Staaten.

Art. 4.

Nach diesem Grundsatz soll kein Unterschied deswegen gemacht werden, ob die bisherigen Abüge in die Staatskassen geflossen oder sonst von Standesherrschaften, Gemeinherrschaften, Individuen oder Corporationen bezogen worden seyen, und es sollen daher alle Privatberechtigungen zu Nachsteuer oder Abzug in Beziehung auf beyde Staaten aufgehoben seyn.

Art. 5.

Übrigens soll bey der Auswertung der gegenwärtigen Übereinkunft nicht der Tag des Vermögen-Anfalles oder der erhaltenen Erlaubnis zur Auswanderung, sondern nur jener der wirklichen Vermögens–Exportation in Betracht genommen werden, so dass von dem Augenblicke an, wo die gegenwärtige Freizügigkeits-Convention in Wirksamkeit tritt, das zwar schon früher angefallene, aber noch nicht exportirte Vermögen als freyzügig behandelt werden muss.

Art. 6.

Gegenwärtige im Namen der Regierung des Fürstenthums Liechtenstein und [der] schweizerischen Eidgenossenschaft zweimal gleichlautend ausgefertigte Convention soll nach erfolgter Auswechslung, Kraft und Wirksamkeit in den beiderseitigen Landen haben und öffentlich bekannt gemacht werden.

Zu Urkund dessen ist gegenwärtige Declaration mit den üblichen Unterschriften und Siegl bekräftigt worden.

So geschehen zu Wien, den 18. April 1838

L. S. Fürstlich Liechtensteinische Hofkanzlei

 

Josef Freyherr von Buschmann, Fürstlicher Hofrath

Maximilian Kraupa, Fürstlicher Wirtschaftsrath

Franz Strak, Fürstlicher Sekretär

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[1] LI LA SgSTV 1838.04.18. Abschrift erstellt durch die liechtensteinische Hofkanzlei. Der Notenwechsel zwischen den beiden Staaten, vertreten durch die schweizerische Gesandtschaft in Wien und der Hofkanzlei, erfolgte am 20. April 1838. Die Deklaration trat am gleichen Tag in Kraft. Registraturvermerk auf dem Original: 56/36. Die Deklaration wurde bereits im 19. Jh. aus den Oberamtsakten herausgenommen und in die Normaliensammlung umgebettet. Siehe LI LA SgRV 1838/ und 1838/2.