Johann Franz Paur [Bauer] schreibt dem fürst-liechtensteinischen Groß-Finanzmeister, Georg Anton Fellner, dass er Johann Baptist Hoop als neuen Landwaibel bestellen wird und bittet, dass Fellner den Fürsten für ihn um den Amtstitel “Landvogt” ersucht.


Hochedler, gestreng, hochgelährter, grossgünstiger, hochgeehrster herr, wehrter patron, etc.

Ahn richtiger bestellung meines letstern nit zweyflende, muß ich die anlasung dessen heitigen underthänigsten bericht memorierten bündtnerischen[1] capitalien auch in particuleri recommendieren[2], und mir die beliebendte nachricht außbetten, in waß für einer thrawe unsere durchlauchtigste gnädigste herrschafft[3] befindtlich, damit auch der ohrten die convenienz[4] zue beobachten wüsste, dem künfftigen landtwajbl, wellicher Johann Baptist Hopp[5] sein wirdet, solle al solito[6] ein mantel verschafft werden, zue dessen verfertigung die gnädigste herrschafftliche livere[7], wie solliche nemblich staffiert[8], negstens erwarthen in durchlauchtigstes vertrauen anfragendte, ob bey ihro hochfürstlich durchlaucht, unßerem gnädigsten herren, keine ungnad zue besorgen, wan mit dero raths prædicat[9], gleich wie es im ganzen Crays[10] herkommens zue sein in praxi[11] sich zaiget, mich underthänigst zue insignieren supplicieren[12] würde, ausser zweifels das, wo landammänner, landtshauptleuth, landsfenderichs, landwaybel und dergleichen vom land denominierte[13] leuthe seindt, daß landtvogtliche prædicat nit außpleiben werde. Deß landwaybels instruction und iuraments notul[14] bette seines höchsten ohrts zue producieren, mir ware unmöglich selbsten die expedition[15] zue machen. Habe ein armen studenten zue / hillff genommen. Hiebey communiciere[16] eine baubeschreybung in der grafschafft Vaduz[17], wünschte wohl auch etwas zue gebrauchen, das herrschafftliche interesse aber yberlasset mir keine zeith. Meinem hochgeehrtesten herrn patronen anbey zue fürwehrendter beständiger affection[18] mich gehorsamst empfehlendte.

Meines hochgeehrtesten herren und wehrtesten patron.

Feldkirch[19], den 6. Julii 1699.

Gehorsamster diener.

Paur[20], manu propria[21]. /

[Adresse]

Monsieur, monsieur George Antoine Felner etc., conseiller et maistre des finances de son altesse sérénissime le prince[22] Adam de Lichtenstein

a Vienne[23] 

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[1]Graubündner.
[2]in particuleri recommendieren“: im Speziellen empfehlen.
[3] Johann Adam I. Fürst von Liechtenstein (30. November 1656–18. Juni 1712). Vgl. Constant von Wurzbach, Biographisches Lexikon des Kaiserthums Österreich, Bd. 15, Leon – Lomeni, L. C. Zamarski, Wien 1866, S. 127.
[4]Übereinstimmung; Schicklichkeit.
[5] Johann Baptist Hoop, erw. als Landwaibel 1699. Vgl. Hans Stricker (Leitung), Toni Banzer Herbert Hilbe (Bearbeiter), Liechtensteiner Namenbuch (LNB). Die Personennamen des Fürstentums Liechtenstein, Bd. 3, Vaduz 2008, S. 379.
[6]wie es üblich ist.
[7]Livress = Kleidung für die Dienerschaft; Uniform.
[8]ausrüstet; mit dem nötigen Stoff ausstattet.
[9]Amtstitel
[10] Der Schwäbische Kreis war einer von 10 Reichskreisen des Heiligen Römischen Reichs, zu dem auch die Graf- und Herrschaften Vaduz und Schellenberg gehörten. Vgl. Winfried Dotzauer, die deutschen Reichskreise (1383–1806). Geschichte und Aktenedition, Stuttgart 1998.
[11]tatsächlich. Vgl. Karl E. Demandt, Laterculus Notarum. Lateinisch-deutsche Interpretationshilfe für spätmittelalterliche und frühneuzeitliche Archivalien (Veröffentlichungen der Archivschule Marburg 7, 1998), S. 128.
[12]insignieren supplicieren“: auszuzeichnen ersuchen.
[13]bezeichnet.
[14]Amtseidzettel.
[15]Ausfertigung.
[16]teile mit.
[17]Vaduz (FL).
[18]Zuneigung.
[19]Feldkirch (A).
[20]Johann Franz Bauer [Paur] (gest. 1715/16) studierte ab 1670/71 Rechtswissenschaften in Freiburg im Breisgau. Als Dr. beider Rechte machte er Karriere als Oberamtmann des Reichsstifts Rottenmünster und ab 1688 in hohenemsischen Diensten. Von 1699 bis 1715 war er fürstlich liechtensteinischer Amtmann und Verwalter der Herrschaft Schellenberg. Ab 1700 veranlasste er den Kauf zweier Brandstätten in Feldkirch und ließ auf diesen das fürstlich liechtensteinische Haus errichten, in welchem er bis zu seinem Tod wohnte. Vgl. Brief an den fürst-liechtensteinischen Buchhalter Nowak betreffend den Nachlass von Johann Franz Paur und das Haus in Feldkirch, Konz., Schloss Judenau 1716 August 3, SL-HA, unfol.; sowie die gesamte Verwaltungskorrespondenz Paurs mit Fürst Johann Adam Andreas von Liechtenstein von 1699 bis 1712, SL-HA 2609, 2010, 2611; Karlheinz Burmeister, Johann Franz Bauer, in: Historisches Lexikon des Fürstentums Liechtenstein, Projektleiter: Arthur Brunhart; Red.: Fabian Frommelt ...[ et al.], Zürich 2013, Bd. 1, S. 72.
[21]eigenhändig.
[22]conseiller et maistre des finances de son altesse sérénissime le prince: Rat und Finanzmeister von seiner Durchlaucht dem Fürsten.
[23]Wien (A).