Johann Franz Paur [Bauer] berichtet dem Fürsten Johann Adam Andreas von Liechtenstein, dass in Feldkirch die Brandstatt des kaiserlichen Hubhauses zum Verkauf steht.


Durchleuchtigster fürst.

Gnädigester fürst und herr, herr, etc., etc.[1]

In hoffnung, es werden daß herrschaftlich schellenbergische urbar und ambtsrechnung wohl eingangen sein, bin ich die außbezahlung der 1800 fl.[2] ahn herrn von Heinich[3] hiernegsters underthänigst zue vernemmen gewärthig, und beziehe mich deß Rennischen Hofs[4] halber in omnibus[5] auf meine den 13. Julii, 21. et 31. Augusti, 9. und 16. Octobris 1699 und dan sub dato 25. Januarii und 19. Februarii gehorsameste bericht. Hiernegsters erwarthendte, ob und waß ewr hochfürstlich durchlaucht wegen des respectu[6] eines kellers unvermeydendtlichen haußpawes gnädigst determinieren[7] werden. Immittelß werde under der handt versicheret, das die kayserliche allte Huebhauß[8] brandtstatt zue verkhauffen newerlich resolviert[9] worden seye und præter propter[10] under 1500 fl. zue importieren were. Die undtereste condignation[11] ist mit einem gewölbten hausgang und dreyen schenen nebengewölben wohl versehen und der gegen 280 biß 300 fueder[12] wein fassendte keller unversehet. Ich will diser tag erwente brandstatt im grund zaichnen lassen und solliche / zue fernerem gnädigsten nachgedenckhen gehorsambst yberschickhen, biß dahin dan und sofort bestendig zue hochfürstlichen hulden und gnaden mich underthänigst empfehlendte.

Eur hochfürstlich durchlaucht.

Feldtkhirch[13], den 14. Junii anno[14] etc. 1700.

Underthänigstr, threw gehorsambste diener.

Johann Franz Paur[15], manu propria.[16].

[Rubrum]

Præsentatum, den 22. Junii 1700.

Schellenbergischer verwalter thuet erinnerung wegen eines hausbaues. Item[17] daß die kayserliche alte Huebhaus brandtstatt zu verkauffen seye.

[Adresse]

Dem durchleuchtigesten fürsten und herrn, herrn Johann Adam Andreas, des Heyligen Römischen Reichs[18] fürsten und regiereren deß haußes Nickholspurg[19] etc., in Schlesien[20] herzog zue Troppaw[21] und Jägerndorff[22], ritteren des Guldenen Flüsses[23], der römisch kayserlichen mayestät[24] etc. etc. würkhlichen gehaimen rath und cammereren, etc. Ihro durchlaucht, meinem gnedigisten herren.

Wien per[25] Feldtsperg[26][a]

 


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[1]Johann Adam I. Fürst von Liechtenstein (30. November 1656–18. Juni 1712). Vgl. Constant von Wurzbach, Biographisches Lexikon des Kaiserthums Österreich, Bd. 15, Leon – Lomeni, L. C. Zamarski, Wien 1866, S. 127.

[2]fl. = Gulden (Florin).

[3]Adam Ignaz Edler von Heünisch war als Reichshofratsagent 1698 im Hofkalender erwähnt. Vgl. Österreichische Nationalbibliothek (ÖNB), Sig. 544.720-A.Alt-1698. 

[4]Rennhof, Mauren. Vgl. Hans Stricker (Leitung), Toni Banzer Herbert Hilbe (Bearbeiter), Liechtensteiner Namenbuch (LNB). Die Orts- und Flurnamen des Fürstentums Liechtenstein, Bd. 3, Vaduz 1999, S. 474. 

[5]in allem.

[6]bezüglich.

[7]beschließen.

[8]Das Palais Liechtenstein befindet sich in der Schlossergasse 8 in Feldkirch. Vorher stand an dieser Stelle das kaiserliche oberösterreichische Hubhaus. Nachdem dieses bei einem Stadtbrand 1697 abbrannte, kaufte Fürst Johann Adam Andreas I. von Liechtenstein diese Brandstätte zusammen mit der angrenzenden kleinen Anna’schen Brandstatt und ließ auf beiden Brandstätten ein Amtshaus errichten, welches von den liechtensteinischen Landvögten im 18. Jahrhundert verwendet wurde. 1774 wurde das Gebäude verkauft. Heute befindet sich darin das Stadtarchiv und die Stadtbibliothek. Vgl. Arthur Hager, Das ehemals fürstlich liechtensteinische Haus in Feldkirch. In: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein, Bd. 63, Vaduz 1964, S. 141–153; hier: S. 143–144; Dehio-Handbuch. Die Kunstdenkmäler Österreichs. Vorarlberg, Feldkirch, Profanbauten, Schlossergasse 8, Ehemaliges Palais Liechtenstein. Topographisches Denkmälerinventar herausgegeben vom Bundesdenkmalamt. bearb. in der Abteilung für Denkmalforschung, früher: Institut für österreichische Kunstforschung. Bearb. von Gert Ammann, Martin Bitschnau, Paul Rachbauer, Helmut Swozilek mit Beiträgen von Géza Hajós, Horst R. Huber, Herlinde Menardi, Elmar Vonbank. Verlag Anton Schroll & Co, Wien 1983, S. 207

[9]beschlossen.

[10]ungefähr.

[11]Erdeschoss.

[12]Fuder= altes Hohlmaß.

[13]Feldkirch (A).

[14]im Jahr.

[15]Johann Franz Bauer [Paur] (gest. 1715/16) studierte ab 1670/71 Rechtswissenschaften in Freiburg im Breisgau. Als Dr. beider Rechte machte er Karriere als Oberamtmann des Reichsstifts Rottenmünster und ab 1688 in hohenemsischen Diensten. Von 1699 bis 1715 war er fürstlich liechtensteinischer Amtmann und Verwalter der Herrschaft Schellenberg. Ab 1700 veranlasste er den Kauf zweier Brandstätten in Feldkirch und ließ auf diesen das fürstlich liechtensteinische Haus errichten, in welchem er bis zu seinem Tod wohnte. Vgl. Brief an den fürst-liechtensteinischen Buchhalter Nowak betreffend den Nachlass von Johann Franz Paur und das Haus in Feldkirch, Konz., Schloss Judenau 1716 August 3, SL-HA, unfol.; sowie die gesamte Verwaltungskorrespondenz Paurs mit Fürst Johann Adam Andreas von Liechtenstein von 1699 bis 1712, SL-HA, H 2609, 2010, 2611; Karlheinz Burmeister, Johann Franz Bauer, in: Historisches Lexikon des Fürstentums Liechtenstein, Projektleiter: Arthur Brunhart; Red.: Fabian Frommelt ...[ et al.], Zürich 2013, Bd. 1, S. 72.

[16]eigenhändig.

[17]Auch.

[18] Heiliges Römisches Reich war die offizielle Bezeichnung für den kaiserlichen Herrschaftsbereich vom Mittelalter bis zum Jahre 1806. Der Name des Reiches leitet sich vom Anspruch der mittelalterlichen Herrscher ab, die Tradition des antiken Römischen Reiches fortzusetzen und die Herrschaft als Gottes Heiligen Willen im christlichen Sinne zu legitimieren. Zur Unterscheidung vom 1871 gegründeten Deutschen Reich wird es auch als das Alte Reich bezeichnet. Vgl. Klaus Herbers, Helmut Neuhaus, Das Heilige Römische Reich – Schauplätze einer tausendjährigen Geschichte (843–1806). Böhlau-Verlag, Köln-Weimar 2005.

[19]Nikolsburg (Mikulov), Stadt (CZ).

[20]Schlesien ist eine Region in Mitteleuropa.

[21]Troppau (Opava) war die Residenzstadt des ehemaligen Herzogtums Troppau (CZ).

[22] Jägerndorf (Krnov) war die Residenzstadt des ehemaligen Herzogtums Jägerndorf (CZ).

[23] Der Orden vom Goldenen Vlies (Flüss) ist ein burgundischer Ritterorden.

[24]Leopold I. (9. Juni 16405. Mai 1705) aus dem Hause Habsburg, war von 1658 bis 1705 Kaiser des Heiligen Römischen Reiches sowie König von Ungarn (ab 1655), Böhmen (ab 1656), Kroatien und Slawonien (ab 1657). Vgl. Kerry R. J. Tattersall, Leopold I., Wien 2003.

[25]über.

[26] Feldsberg (Valtice), Stadt (CZ).

 


[a]Darüber ist ein rotes Lacksiegel aufgedrückt.