Johann Franz Paur [Bauer] berichtet dem Fürsten Johann Adam Andreas von Liechtenstein, dass die Bürger von Feldkirch Vorbehalte gegen den Hauskauf des Fürsten in ihrer Stadt haben.


Durchleuchtigester fürst.

Genädigster fürst und herr, herr.[1] 

Ewer hochfürstlich durchlauchtigkeit geruehen sich auß gegenwertigen extracten gehorsamst referieren[2] zu laßen, dass die Veldtkürcher[3] fewer riechen und einen stärckheren, als sye selbsten seindt, nicht gehrn umb sich seehen. Daß prillisawerische[4] quartier mueß endtlich daß beste sein, der zinß aber ist groß, und wais ich nach underthänigster meiner trew ia unmöglich besser, als omnes in casum[5] einen aigenen haußkauff einzurathen, mithin in volgendten jahren die Veldtkürcher mehreren glauben machen, auf ewer hochfürstlich durchlauchtigkeit zue haben, alls dermahlen sye respect zu tragen wißen. Meine mobilien bringe ich beneficio aquæ[6] umb ein leidenliches mehr, alls halben weg biß Veldtkürch. Wo zuletst mein quartier sein werde, berichte ich negstens in underthänigkeit, und seind immitels dero gnädigste bevelch immediate[7] pro Lindaw[8] auf Veldtkürch zue addressieren. Ewer hochfürstlich durchlaucht seyen der gewaltigen obhuet des allerhögsten anbey getrew eyferigst ergeben.

Ewer hochfürstlich durchlauchtigkeit.

Lindaw, den 5. Maii anno[9] 1699.

Underthänigster, threw, gehorsamster diener.

Johann Franz Paur[10], manu propria[11]. /

[Rubrum]

Præsentatum[12], den 17. Maii 1699.

Schellenberger ambtman.

[Adresse]

Dem durchleuchtigesten fürsten und herren, herren Johan Adam Andreaß, deß Heyligen Römischen Reichs[13] fürsten und regierern deß haußes Liechtenstein zue Nickholspurg[14], in Schlesien[15] herzogen zue Troppaw[16] und Jagerndorff[17], etc., ritteren deß Guldenen Flußes[18], römisch kayserlicher mayestät[19] würkhlichen geheimen rath und cammerern, etc., ihro hochfürstlich durchlaucht, meinem gnädigsten herren, etc.

Wien[20], etc.

Franco ½

a--Herrn von Schele [?] deß instructions-proiect zu überlegen und seine p[…] auch wegen deß zinß und keller zu geben.--[a] 

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[1] Johann Adam I. Fürst von Liechtenstein (30. November 1656–18. Juni 1712). Vgl. Constant von Wurzbach, Biographisches Lexikon des Kaiserthums Österreich, Bd. 15, Leon – Lomeni, L. C. Zamarski, Wien 1866, S. 127.
[2] berichten.
[3] Bürger der Stadt Feldkirch (A).
[4] Brillisauer (Brülisauer; Prilisauer).
[5]omnes in casum“: alles im Fall. 
[6] der Gnade des Wasser [Bodensee].
[7] sofort.
[8] über Lindau (D).
[9] im Jahr.
[10] Johann Franz Bauer [Paur] (gest. 1715/16) studierte ab 1670/71 Rechtswissenschaften in Freiburg im Breisgau. Als Dr. beider Rechte machte er Karriere als Oberamtmann des Reichsstifts Rottenmünster und ab 1688 in hohenemsischen Diensten. Von 1699 bis 1715 war er fürstlich liechtensteinischer Amtmann und Verwalter der Herrschaft Schellenberg. Ab 1700 veranlasste er den Kauf zweier Brandstätten in Feldkirch und ließ auf diesen das fürstlich liechtensteinische Haus errichten, in welchem er bis zu seinem Tod wohnte. Vgl. Brief an den fürst-liechtensteinischen Buchhalter Nowak betreffend den Nachlass von Johann Franz Paur und das Haus in Feldkirch, Konz., Schloss Judenau 1716 August 3, SL-HA, unfol.; sowie die gesamte Verwaltungskorrespondenz Paurs mit Fürst Johann Adam Andreas von Liechtenstein von 1699 bis 1712, SL-HA 2609, 2010, 2611; Karlheinz Burmeister, Johann Franz Bauer, in: Historisches Lexikon des Fürstentums Liechtenstein, Projektleiter: Arthur Brunhart; Red.: Fabian Frommelt ...[ et al.], Zürich 2013, Bd. 1, S. 72. 
[11] eigenhändig.
[12] Vorgelegt.
[13] Heiliges Römisches Reich war die offizielle Bezeichnung für den kaiserlichen Herrschaftsbereich vom Mittelalter bis zum Jahre 1806. Der Name des Reiches leitet sich vom Anspruch der mittelalterlichen Herrscher ab, die Tradition des antiken Römischen Reiches fortzusetzen und die Herrschaft als Gottes Heiligen Willen im christlichen Sinne zu legitimieren. Zur Unterscheidung vom 1871 gegründeten Deutschen Reich wird es auch als das Alte Reich bezeichnet. Vgl. Klaus Herbers, Helmut Neuhaus, Das Heilige Römische Reich – Schauplätze einer tausendjährigen Geschichte (843–1806). Böhlau-Verlag, Köln-Weimar 2005.
[14] Nikolsburg (Mikulov), Stadt (CZ).
[15] Schlesien ist eine Region in Mitteleuropa.
[16] Troppau (Opava) war die Residenzstadt des ehemaligen Herzogtums Troppau (CZ).
[17] Jägerndorf (Krnov) war die Residenzstadt des ehemaligen Herzogtums Jägerndorf (CZ).
[18] Der Orden vom Goldenen Vlies (Flüss) ist ein burgundischer Ritterorden.
[19] Leopold I. (9. Juni 1640–5. Mai 1705) aus dem Hause Habsburg, war von 1658 bis 1705 Kaiser des Heiligen Römischen Reiches sowie König von Ungarn (ab 1655), Böhmen (ab 1656), Kroatien und Slawonien (ab 1657). Vgl. Kerry R. J. Tattersall, Leopold I., Wien 2003.
[20] Wien (A)

 


[a]--aNachtrag mit Bleistift von anderer Hand.