Johann Franz Paur [Bauer] berichtet dem Fürsten Johann Adam Andreas von Liechtenstein über die Probleme, ein passendes Quartier zu kaufen und über den Kauf des Rennhofs in Mauren.


Durchleuchtigester fürst.

Gnädigester fürst und herr, herr, etc., etc.[1] 

Auf die Rädelmayerische[2] behausung ist nunmehr daß bißherige absehen völlig verschwunden und auß denen hiebevor underthänigst allegierten rationibus[3] die convenienz[4] endtlichen in der statt[5] aufzuesuechen, bevorab sehr beschwerlich sein will, für alleß gethrew-schuldig gehorsameste verandtworthung ob sich, und hingegen die effetti[6] da und dorthen vern von der hand zue haben. Neben deme will dermahliger ambthauß-bestand biß Liechtmeß[7] aufgekindet, oder widerumben auf ein jahr continuiert[8] und tacite[9] bedungen sein, woryber ewr hochfürstlich durchlaucht gnädigesten befelch hiernegstens gehorsamest erwarthe. Allervorderist aber denen selben, nebst dero durchleuchtigesten fürstlichen frawen gemahlin[10], etc., meiner gnädigesten frawen und fürstlicher junger gnädigester herrschafft zue bevorstehendten hochheiligen Christferien und vilen vollgendten jahrs abwechslungen / von dem göttlichen ursprung aller gnaden auß innerstem, threw, gehorsamesten devotesten gemüth die ybermaß deß zeitlichen und ewigen seegenß hiermit underthänigst anwinsche, etc., der große Gott verliche disem, meinem wunsch den ervollg und nur die gnad mit underthänigster meiner empfehlung bis in mein end zue verpleiben.

Ewr hochfürstlich durchlaucht.

Feldtkhirch, den 7. Decembris 1699.

Underthänigst, threw, gehorsamster diener.

Johann Franz Paur[11], manu propria[12]. /

Post scriptum.

Auch durchleuchtigster fürst.

Gnädigester herr.

Gleich bey abgehendter posst erhallte wegen deß Rennischen Hofs[13] kauff von dem Meßmerischen[14] mandatario[15] gegenwertige original fledermauß[16], ohne zue wißen, waß die jungsthin schon vorgestellte und gehorsamest widerhallten umbständen andtworthen derffe oder solle. Ich erwarthe die gnädigeste disposition[17], mich wißen darnach zue verhallten. Ewr hochfürstlich durchlaucht nemmen nit ungnädigst, das daß bigliet auf gnädigst ersehendte weis yberschriben worden, dan ich wegen so viller hier und in der nähe subirierenden[18] verwalthern immerforth der landtvogt benennet werde, solliches auch nit zu enden vermag.

Idem littera[19]. /

[Rubrum]

Præsentatum[20], den 17. Decembris 1699.

Schellenbergischer verwalter ratione[21] seines quartiers und Rennischen Hof kauffs.

[Adresse]

Dem durchleuchtigesten fürsten und herren, herren Johann Adam Andreaß, deß Heyligen Römischen Reichß[22] fürsten und regiereren deß hauses Lichtenstein von Nickholspurg[23], in Schlesien[24] hertzogen zue Troppaw[25] und Jägerndorff[26], ritteren deß Guldenen Flüsses[27], der römisch kayserlichen mayestät[28] würkhlichem geheimen rath und cammeren, etc. Ihro durchlaucht meinem gnädigsten herren.

Feldtsperg[29] per[30] Wien[31].[a] 

 


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[1] Johann Adam I. Fürst von Liechtenstein (30. November 1656–18. Juni 1712). Vgl. Constant von Wurzbach, Biographisches Lexikon des Kaiserthums Österreich, Bd. 15, Leon – Lomeni, L. C. Zamarski, Wien 1866, S. 127.

[2]Die Familie Rädlmayer war eine alte Bürgerfamilie in Feldkirch. Vgl. Karl Heinz Burmeister, Geschichte der Stadt Feldkirch. Kulturgeschichte bis zum Beginn des 19. Jahrhunderts. Sigmaringen 1985, S. 230.

[3]allegierten rationibus“: vorgebrachten Überlegungen. 

[4]passende Behausung.

[5]Feldkirch (A).

[6]Erschöpfung.

[7]2. Februar.

[8]verlängert.

[9]schweigend.

[10]Edmunda Maria Theresia Fürstin von Liechtenstein, geborene von Dietrichstein-Nikolsburg (1652–1737) war mit Fürst Johann Adam Andreas I. von Liechtenstein verheiratet. Aus dieser Ehe erreichten keine Söhne die Volljährigkeit. Vgl. Wurzbach, Bd. 15, S. 127.

[11]Johann Franz Bauer [Paur] (gest. 1715/16) studierte ab 1670/71 Rechtswissenschaften in Freiburg im Breisgau. Als Dr. beider Rechte machte er Karriere als Oberamtmann des Reichsstifts Rottenmünster und ab 1688 in hohenemsischen Diensten. Von 1699 bis 1715 war er fürstlich liechtensteinischer Amtmann und Verwalter der Herrschaft Schellenberg. Ab 1700 veranlasste er den Kauf zweier Brandstätten in Feldkirch und ließ auf diesen das fürstlich liechtensteinische Haus errichten, in welchem er bis zu seinem Tod wohnte. Vgl. Brief an den fürst-liechtensteinischen Buchhalter Nowak betreffend den Nachlass von Johann Franz Paur und das Haus in Feldkirch, Konz., Schloss Judenau 1716 August 3, SL-HA, unfol.; sowie die gesamte Verwaltungskorrespondenz Paurs mit Fürst Johann Adam Andreas von Liechtenstein von 1699 bis 1712, SL-HA, H 2609, 2010, 2611; Karlheinz Burmeister, Johann Franz Bauer, in: Historisches Lexikon des Fürstentums Liechtenstein, Projektleiter: Arthur Brunhart; Red.: Fabian Frommelt ...[ et al.], Zürich 2013, Bd. 1, S. 72.

[12]eigenhändig.

[13]Rennhof, Mauren. Vgl. Hans Stricker (Leitung), Toni Banzer Herbert Hilbe (Bearbeiter), Liechtensteiner Namenbuch (LNB). Die Orts- und Flurnamen des Fürstentums Liechtenstein, Bd. 3, Vaduz 1999, S. 474.

[14]Mesmer. Vgl. Hans Stricker (Leitung), Toni Banzer Herbert Hilbe (Bearbeiter), Liechtensteiner Namenbuch (LNB). Die Personennamen des Fürstentums Liechtenstein, Bd. 4, Vaduz 2008, S. 84.

[15]Bevollmächtigten.

[16]“Fledermaus“ als Ausdruck für eine gerichtliche Vorladung. Vgl. Jacob und Wilhelm Grimm, Deutsches Wörterbuch, Bd. 3, Leipzig 1854–1960, Sp. 1746.

[17]Anordnung.

[18]in der Nähe befindlichen.

[19]Dasselbe im Brief.

[20]Vorgelegt.

[21]wegen.

[22] Heiliges Römisches Reich war die offizielle Bezeichnung für den kaiserlichen Herrschaftsbereich vom Mittelalter bis zum Jahre 1806. Der Name des Reiches leitet sich vom Anspruch der mittelalterlichen Herrscher ab, die Tradition des antiken Römischen Reiches fortzusetzen und die Herrschaft als Gottes Heiligen Willen im christlichen Sinne zu legitimieren. Zur Unterscheidung vom 1871 gegründeten Deutschen Reich wird es auch als das Alte Reich bezeichnet. Vgl. Klaus Herbers, Helmut Neuhaus, Das Heilige Römische Reich – Schauplätze einer tausendjährigen Geschichte (843–1806). Böhlau-Verlag, Köln-Weimar 2005.

[23]Nikolsburg (Mikulov), Stadt (CZ).

[24]Schlesien ist eine Region in Mitteleuropa.

[25]Troppau (Opava) war die Residenzstadt des ehemaligen Herzogtums Troppau (CZ).

[26] Jägerndorf (Krnov) war die Residenzstadt des ehemaligen Herzogtums Jägerndorf (CZ).

[27] Der Orden vom Goldenen Vlies (Flüss) ist ein burgundischer Ritterorden.

[28]Leopold I. (9. Juni 16405. Mai 1705) aus dem Hause Habsburg, war von 1658 bis 1705 Kaiser des Heiligen Römischen Reiches sowie König von Ungarn (ab 1655), Böhmen (ab 1656), Kroatien und Slawonien (ab 1657). Vgl. Kerry R. J. Tattersall, Leopold I., Wien 2003.

[29] Feldsberg (Valtice), Stadt (CZ).

[30]über.

[31]Wien (A).

 


[a]Darüber ist ein rotes Lacksiegel aufgedrückt.