Johann Franz Paur [Bauer] berichtet dem Fürsten Johann Adam Andreas von Liechtenstein, dass namentlich genannte Personen in Wien gewisse Wechsel bald einlösen werden und wie er die sogenannte „Fasnachthuhn-Steuer“ einzuheben gedenkt.


Durchleuchtigester fürst. Gnädigester fürst und herr, herr, etc.[1] 

Bey ewr hochfürstlich durchlaucht löblichen hofzahlambt werden sich Gregori Wittwer, kayserlicher trabant, mit einer ahnweisung umb 200 fl.[2] und Maria Susanna Carisin bey herrn Schmeltzern, kayserlichen hofmusicanten, sich aufhalltendte, mit einer anderen umb 150, zuesamen 350 fl., ahnmelden. Der rest der 250 fl. werde auf negsters gnädigst befelchter maßen assignieren[3], und daß weithere gehorsammest berichten.

Die in natura schuldige faßnachthennen[4] vermeinten die undterthanen dises jahr widerumben mit 12 x.[5] abzuebezahlen, nachdeme aber solliche auf dem markht pro 20, 22 biß 24 x. bezahlt werden mueßen und gnädigester herrschafft nit zuezuemuthen ist, ein wenigeres alß daß verum pretium[6] ahnstatt der naturalliferung zue acceptieren, / alls habe für iede 15 x. angesetzet. Eß murr- und knurreten aber einige dergestallten dargegen, daß ich auf 14 x. moderiert[7] habe, künfftiges jahr aber solliche absolutissime[8] in natura oder daß verum prætium dargegen abzueforderen gehorsamest eingerathen haben will, solliche vermeindtliche gerechtsamen in tempore[9] machen zue abolieren[10].

Ewr hochfürstlich durchlaucht dabey mich underthänigst empfehlendt.

Eur hochfürstlich durchlaucht.

Veldtkhirch[11], den 8. Martii 1700.

Underthänigster, threw gehorsamster diener.

Paur[12], manu propria[13]. /

[Rubrum]

Præstentatum[14], den 17. Martii 1700.

Schellenbergischer verwalter gewisse wechsel betreffend, auch wegen deren faßnachtshennen.

[Adresse]

Dem durchleuchtigesten fürsten und herren, herrn Johann Adam Andreas, deß Heyligen Römischen Reichs[15] fürsten und regiereren deß hauses Lichtenstein von Nickholspurg[16], in Schlesien[17] hertzogen zue Troppaw[18] und Jagerndorff[19], ritteren deß Guldenen Flüsses[20], der römisch kayserlichen mayestät[21] würkhlichen gehaimen rath und cammeren, etc. Ihro durchlaucht, etc., meinem gnädigesten herrn.

Feldtsperg[22] per[23] Wien.[a]

 


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[1] Johann Adam I. Fürst von Liechtenstein (30. November 1656–18. Juni 1712). Vgl. Constant von Wurzbach, Biographisches Lexikon des Kaiserthums Österreich, Bd. 15, Leon – Lomeni, L. C. Zamarski, Wien 1866, S. 127.

[2]fl. = Gulden (Florin).

[3]zuteilen.

[4] Huhn, Fastnachts = Herbsthuhn = Zinshuhn, welches die Untertanen ihrem Grundherrn zu bestimmten Zeiten im Jahr entrichten mussten. Vgl. Johannes Georg Krünitz, Oekonomische Encyklopädie, oder allgemeines System der Staats-, Stadt-, Haus- u. Landwirthschaft, in alphabetischer Ordnung, Bd. 23, Leipzig 1790, S. 46.

[5]x. = Kreuzer.

[6]wahren Preis.

[7]geändert.

[8]auf jeden Fall.

[9]in einer Frist.

[10]beseitigen.

[11]Feldkirch (A).

[12]Johann Franz Bauer [Paur] (gest. 1715/16) studierte ab 1670/71 Rechtswissenschaften in Freiburg im Breisgau. Als Dr. beider Rechte machte er Karriere als Oberamtmann des Reichsstifts Rottenmünster und ab 1688 in hohenemsischen Diensten. Von 1699 bis 1715 war er fürstlich liechtensteinischer Amtmann und Verwalter der Herrschaft Schellenberg. Ab 1700 veranlasste er den Kauf zweier Brandstätten in Feldkirch und ließ auf diesen das fürstlich liechtensteinische Haus errichten, in welchem er bis zu seinem Tod wohnte. Vgl. Brief an den fürst-liechtensteinischen Buchhalter Nowak betreffend den Nachlass von Johann Franz Paur und das Haus in Feldkirch, Konz., Schloss Judenau 1716 August 3, SL-HA, unfol.; sowie die gesamte Verwaltungskorrespondenz Paurs mit Fürst Johann Adam Andreas von Liechtenstein von 1699 bis 1712, SL-HA, H 2609, 2010, 2611; Karlheinz Burmeister, Johann Franz Bauer, in: Historisches Lexikon des Fürstentums Liechtenstein, Projektleiter: Arthur Brunhart; Red.: Fabian Frommelt ...[ et al.], Zürich 2013, Bd. 1, S. 72.

[13]eigenhändig.

[14]Vorgelegt.

[15] Heiliges Römisches Reich war die offizielle Bezeichnung für den kaiserlichen Herrschaftsbereich vom Mittelalter bis zum Jahre 1806. Der Name des Reiches leitet sich vom Anspruch der mittelalterlichen Herrscher ab, die Tradition des antiken Römischen Reiches fortzusetzen und die Herrschaft als Gottes Heiligen Willen im christlichen Sinne zu legitimieren. Zur Unterscheidung vom 1871 gegründeten Deutschen Reich wird es auch als das Alte Reich bezeichnet. Vgl. Klaus Herbers, Helmut Neuhaus, Das Heilige Römische Reich – Schauplätze einer tausendjährigen Geschichte (843–1806). Böhlau-Verlag, Köln-Weimar 2005.

[16]Nikolsburg (Mikulov), Stadt (CZ).

[17]Schlesien ist eine Region in Mitteleuropa.

[18]Troppau (Opava) war die Residenzstadt des ehemaligen Herzogtums Troppau (CZ).

[19] Jägerndorf (Krnov) war die Residenzstadt des ehemaligen Herzogtums Jägerndorf (CZ).

[20] Der Orden vom Goldenen Vlies (Flüss) ist ein burgundischer Ritterorden.

[21]Leopold I. (9. Juni 16405. Mai 1705) aus dem Hause Habsburg, war von 1658 bis 1705 Kaiser des Heiligen Römischen Reiches sowie König von Ungarn (ab 1655), Böhmen (ab 1656), Kroatien und Slawonien (ab 1657). Vgl. Kerry R. J. Tattersall, Leopold I., Wien 2003.

[22] Feldsberg (Valtice), Stadt (CZ).

[23]über.

 


[a]Darüber ist ein rotes Lacksiegel aufgedrückt.