Johann Franz Paur [Bauer] berichtet dem Fürsten Johann Adam Andreas von Liechtenstein über den Hauskauf in Feldkirch und fragt an, ob das Geld für den Weinzierlhof bereits ausbezahlt worden ist.


Durchleuchtigester fürst.

Gnedigister fürst und herr, herr, etc. etc.[1] 

Gleichwie vor 8 tagen die gnedigiste ratification[2] yber den alten Huebhaußes[3] khauff wohl eingangen, also habe auch die genehmbhalltung des darahn erhandleten hofstattels mit gehorsambester reverence[4] empfangen. Ich habe mich umb freye verwexlung des für beedes pactierten khauffschillings der 1450 fl.[5] bey der Augspurg- und Lindawischen khauffmannschafft bemüehet, von disen aber nichts, als was der original beyschluss außweyßet, erhalten, mithin begreiffen müessen, das der durch herrn von Eberz vorgeschlagene wechßel 58 fl. absorbieren[6] werde, und weylen der bezahlung halber undique periculum in mora[7], als mues nolens volens[8] ohne anderes ahn ewer hochfürstlich durchlaucht hoffzahlambt ich den khauffschilling complet zu behalten auf 1500 fl. assignation[9] geben, damit in sothanenem frangenti[10] und nothfahl mir geholffen werde.

Der unnderthenigist vorgeschlagene mühlinpaw ist so nuz-, als räthlich, indeme ahn wasser nit allein khein abgang, sonder das durch abriss gehorsambste communicierte[11] werckh nit mehrers erforderet, als was durch eine maßkanten rinnen mag, dises verhandene aber, ohnangesehen der großen hiz und / wassermangels eine vier oder fünffmässige kanten nit erschlinden kan. In der nähe ligen zwar 2 mühlen, die einte aber in Austriaco situiert[12], hat an dem wasser bestendigen abgang, ia wann mann will, kan solliches mit hinwegnemmung dessen, so aus der herrschafft Schellenberg[13] oder in einem deichl dahin gelaithet wirdt, noch mehrer minuiert[14] werden. Betreffende die andere, liget solliche in der herrschafft Schellenberg und hat wasser nach überfluss, es darff aber der landamman als proprietarius[15] yber seine gäng nichts mehrer pawen, sonnder mues es darbey bewenden lassen. Bey wellicher beschaffenheit nit allein die underthanen in die new erpawende obligiert[16], sonder die exteri[17], umb willen der beförderung, rationabiliter loquendo[18], hauffenweiß dahinkhommen werden.

Die bestreytung der pawcossten darff ich nit absolute versprechen, indeme die reparation beeder herrschaffts-torgglen[19] zue Mauren[20] und Eschen[21], item[22] die dahin machende newe bitticher, abraum der brandtstätten, transport der weinen, keller und haußzüns, küefers- und anderer herbstverdienst, sodann herrn Maders[23] und Matheus Pitschen[24] wald ein merckhliches dahin nemmen, und sonderbahr der abschlag der frücht das einkhommen / zimblich ringeren wirdt. Befehlen aber ewer hochfürstlich durchlaucht, das (wie ich ohne grosen schaden und nachthayl nimmermehr einrathen darff noch solle) die vor- und dissjährige verhoffendte weinverschleissen und die erloßung dahin verwenden solle, ist wohl möglich, die mühlen und seegen in stand zue bringen. Ich werde aber nach eingang der exstantien[25] und heurigen ambtsgeföllen[26] einen universal calculum ziechen, und nach gehorsammest alßdann daryber abstattenden gethrewen berichts ewer hochfürstlich durchlaucht ferner weithe gnedigste befehl underthenigst erwarthen.

Ewer hochfürstlich durchlaucht bette gehorsammest, sye geruehen gnedigst zue rescribieren[27], ob herr baron Zech die ihme vor lengst ahn denen zu erkhauffung des Weinzierlischen Hofes[28] verschafften 600 fl. nach der ihme erthaylten ahnweyßung 250 fl. erhoben, oder nit?, damit auch mich hie oben darnach zue regulieren wüsste. Ewr hochfürstlich durchlaucht seyen dabey der göttlichen obumbration[29] zue höchstem wohlergehen gethrew eyffrigst erlasen, ich aber verbleibe mit gehorsambster meiner empfehlung.

Eur hochfürstlich durchlaucht.

Veldtkhirch[30], den 20. Septembris anno[31] 1700.

Underthänigst, threw gehorsamster diener.

Paur[32], manu propria[33]. /

[Rubrum]

Præstentatum[34], den 1. Octobris 1700.

Schellenbergischer verwalter.

[Adresse]

Dem durchleuchtigisten fürsten und herren, herren Johann Adam Andreas, des Heyligen Römischen Reichs[35] fürsten und regiereren des hauß Liechtenstein von Nickholspurg[36], in Schleßien[37] herzogen zue Troppaw[38] und Jäggerndorff[39], rütteren des Guldenen Flüsses[40], der römisch kayserlichen mayestät[41] etc. etc. würckhlichen gehaimen rath und cammereren, etc. Ihro durchlaucht, meinem gnedigisten herren.

Wien per[42] Feldtsperg[43][a] 

 


______________

[1] Johann Adam I. Fürst von Liechtenstein (30. November 1656–18. Juni 1712). Vgl. Constant von Wurzbach, Biographisches Lexikon des Kaiserthums Österreich, Bd. 15, Leon – Lomeni, L. C. Zamarski, Wien 1866, S. 127.

[2]Genehmigung.

[3]Das Palais Liechtenstein befindet sich in der Schlossergasse 8 in Feldkirch. Vorher stand an dieser Stelle das kaiserliche oberösterreichische Hubhaus. Nachdem dieses bei einem Stadtbrand 1697 abbrannte, kaufte Fürst Johann Adam Andreas I. von Liechtenstein diese Brandstätte zusammen mit der angrenzenden kleinen Anna’schen Brandstatt und ließ auf beiden Brandstätten ein Amtshaus errichten, welches von den liechtensteinischen Landvögten im 18. Jahrhundert verwendet wurde. 1774 wurde das Gebäude verkauft. Heute befindet sich darin das Stadtarchiv und die Stadtbibliothek. Vgl. Arthur Hager, Das ehemals fürstlich liechtensteinische Haus in Feldkirch. In: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein, Bd. 63, Vaduz 1964, S. 141–153; hier: S. 143–144; Dehio-Handbuch. Die Kunstdenkmäler Österreichs. Vorarlberg, Feldkirch, Profanbauten, Schlossergasse 8, Ehemaliges Palais Liechtenstein. Topographisches Denkmälerinventar herausgegeben vom Bundesdenkmalamt. bearb. in der Abteilung für Denkmalforschung, früher: Institut für österreichische Kunstforschung. Bearb. von Gert Ammann, Martin Bitschnau, Paul Rachbauer, Helmut Swozilek mit Beiträgen von Géza Hajós, Horst R. Huber, Herlinde Menardi, Elmar Vonbank. Verlag Anton Schroll & Co, Wien 1983, S. 207. 

[4]Ehrerbietung.

[5]fl. = Gulden (Florin).

[6]verbrauchen.

[7]undique periculum in mora“: auf allen Seiten Gefahr in Verzug ist. 

[8]nicht wollend; wohl oder übel.

[9]Anweisung.

[10]Schwäche.

[11]mitgeteilte.

[12]Österreich gelegen.

[13]Schellenberg (FL).

[14]vermindert.

[15]Eigentümer.

[16]verpflichtet.

[17]Ausländer.

[18]rationabiliter loquendo“: vernünftig gesprochen.

[19]Weinkeltereien.

[20]Mauren (FL).

[21]Eschen (FL).

[22]auch.

[23]Johann Wilhelm Mader, erw. als Mitglied des Inneren Rats von Feldkirch um 1700. Vgl. SL-HA, H 2609, Johann Franz Paur an Fürst Johann Adam von Liechtenstein. Ausf. Feldkrich 1700 August 6, unfol.

[24]Matthias oder Matthäus Bitschen, erw. um 1700. Vgl. Hans Stricker (Leitung), Toni Banzer Herbert Hilbe (Bearbeiter), Liechtensteiner Namenbuch (LNB). Die Personennamen des Fürstentums Liechtenstein, Bd. 3, Vaduz 2008, S. 87.

[25]bestehenden.

[26]Amtsabgaben.

[27]antworten.

[28] Der Weinzierl(er)hof (†) in Mauren war bis ca. 1700 im Besitz von Balthasar Weinzierl, Stadtdiener in Feldkirch, und bis Ende des 18. Jahrhunderts in herrschaftlichem Besitz. Vgl. Johann Franz Paur [Bauer] berichtet Fürst Johann Adam von Liechtenstein über die Güter von Bürgern aus Feldkirch in der Herrschaft Schellenberg. Ausf. Feldkirch 1699 Juli 6, SL-HA, H 2609, unfol.; Joseph Ospelt, Zur liechtensteinischen Verfassungsgeschichte, in: Jahrbuch des Vereins für das Fürstentum Liechtenstein (JBL) 37, Vaduz 1937, S. 5–50; hier: S. 32; Josef Schuppler, Die Landesbeschreibung des Landvogts Josef Schuppler aus dem Jahre 1815, in: JBL 75, Vaduz 1975, S. 189–462; hier: S. 275, 318, 371; Fabian Frommelt, Mauren, in: Historisches Lexikon des Fürstentums Liechtenstein, Projektleiter: Arthur Brunhart; Red.: Fabian Frommelt ...[ et al.], Zürich 2013, Bd. 2, S. 599.

[29]Beschattung (Schutz).

[30]Feldkirch (A).

[31]im Jahr.

[32]Johann Franz Bauer [Paur] (gest. 1715/16) studierte ab 1670/71 Rechtswissenschaften in Freiburg im Breisgau. Als Dr. beider Rechte machte er Karriere als Oberamtmann des Reichsstifts Rottenmünster und ab 1688 in hohenemsischen Diensten. Von 1699 bis 1715 war er fürstlich liechtensteinischer Amtmann und Verwalter der Herrschaft Schellenberg. Ab 1700 veranlasste er den Kauf zweier Brandstätten in Feldkirch und ließ auf diesen das fürstlich liechtensteinische Haus errichten, in welchem er bis zu seinem Tod wohnte. Vgl. Brief an den fürst-liechtensteinischen Buchhalter Nowak betreffend den Nachlass von Johann Franz Paur und das Haus in Feldkirch, Konz., Schloss Judenau 1716 August 3, SL-HA, unfol.; sowie die gesamte Verwaltungskorrespondenz Paurs mit Fürst Johann Adam Andreas von Liechtenstein von 1699 bis 1712, SL-HA, H 2609, 2010, 2611; Karlheinz Burmeister, Johann Franz Bauer, in: Historisches Lexikon, Bd. 1, S. 72.

[33]eigenhändig.

[34]Vorgelegt.

[35] Heiliges Römisches Reich war die offizielle Bezeichnung für den kaiserlichen Herrschaftsbereich vom Mittelalter bis zum Jahre 1806. Der Name des Reiches leitet sich vom Anspruch der mittelalterlichen Herrscher ab, die Tradition des antiken Römischen Reiches fortzusetzen und die Herrschaft als Gottes Heiligen Willen im christlichen Sinne zu legitimieren. Zur Unterscheidung vom 1871 gegründeten Deutschen Reich wird es auch als das Alte Reich bezeichnet. Vgl. Klaus Herbers, Helmut Neuhaus, Das Heilige Römische Reich – Schauplätze einer tausendjährigen Geschichte (843–1806). Böhlau-Verlag, Köln-Weimar 2005.

[36]Nikolsburg (Mikulov), Stadt (CZ).

[37]Schlesien ist eine Region in Mitteleuropa.

[38]Troppau (Opava) war die Residenzstadt des ehemaligen Herzogtums Troppau (CZ).

[39] Jägerndorf (Krnov) war die Residenzstadt desehemaligen Herzogtums Jägerndorf (CZ).

[40] Der Orden vom Goldenen Vlies (Flüss) ist ein burgundischer Ritterorden.

[41]Leopold I. (9. Juni 16405. Mai 1705) aus dem Hause Habsburg, war von 1658 bis 1705 Kaiser des Heiligen Römischen Reiches sowie König von Ungarn (ab 1655), Böhmen (ab 1656), Kroatien und Slawonien (ab 1657). Vgl. Kerry R. J. Tattersall, Leopold I., Wien 2003.

[42]über.

[43] Feldsberg (Valtice), Stadt (CZ).

 


[a]Darüber ist ein rotes Lacksiegel aufgedrückt.