Kaiserlicher Erlass betr. die Zuständigkeit des Obersthofmarschallamtes in Gerichtssachen für das Haus Liechtenstein


Erlass des Justizministeriums vom 10. August 1851, wirksam für den ganzen Umfang des Reiches, womit die Allerhöchste Entschliessung vom 30. Juli 1851 kundgemacht wird, mittelst welcher dem souveränen Fürsten von Liechtenstein für sich und seine Familie und den Gliedern des Hauses Bourbon älterer Linie der Gerichtsstand des Obersthofmarschall-Amtes bewilliget wird.[1]

Seine Majestät haben mit Allerhöchster Entschliessung vom 30. Juli 1851, in Aufrechthaltung der durch den Artikel III des Patentes vom 18. Juni 1850 (Reichsgesetzblatt Nr. 237)[2] den Personen, welchen das Recht der Exterritorialität zusteht, vorbehaltenen Gerichtsbarkeit des Obersthofmarschall-Amtes[3], und im Nachhange zur kaiserlichen Verordnung vom 6. Juli 1850 (Reichsgesetzblatt Nr. 314) zu bewilligen geruht, dass, rücksichtlich des hier ansässigen und domicilirenden souveränen Fürsten von Liechtenstein, seiner Gemahlin und seiner im älterlichen Hause sich aufhaltenden minderjährigen und unvermählten Kinder, ferner in Ansehung der hierlandes domicilirenden Glieder des Hauses Bourbon älterer Linie bei allen in Oesterreich sich ergebenden Rechtsangelegenheiten, welche sich auf diese, als exterritorial anzusehende Personen, und auf ihr bewegliches Vermögen beziehen, das Obersthofmarschall-Amt in Ausübung seiner herkömmlichen Gerichtsbarkeit über Personen, denen das Recht der Exterritorialität zukommt, einzuschreiten habe; - wogegen in Beziehung auf das den genannten Personen gehörige Real- und Fideicommiss-Vermögen die Wirksamkeit der ordentlichen Gerichtsbehörden unverändert zu bleiben hat.

C. Krauss m.p.

 

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[1] RGBL 1851, Nr. 183, S. 517.
[2]Artikel III des Patentes vom 18. Juni 1850 (Reichsgesetzblatt Nr. 237, S. 950) lautet: „Das Obersthofmarschallamt wird zum Behufe der Ausübung seiner herkömmlichen Gerichtsbarkeit über die Mitglieder des kaiserlichen Hauses und über die Personen, welchen das Recht der Exterritorialität zusteht, aufrecht erhalten.
Die von ihm bisher über andere Personen ausgeübte Gerichtsbarkeit wird in Zukunft den ordentlichen Gerichten zustehen. Jedoch haben diese in dem Falle, wenn in den kaiserlichen Hofgebäuden oder Lustschlössern in Wien oder in seiner nächsten Umgebung, oder wenn in den sonstigen Wohnungen der Mitglieder des kaiserlichen Hauses oder der Exterritorialen ein gerichtlicher Act gegen eine in denselben wohnende, den ordentlichen Civil-oder Militär-Gerichtsbehörden unterstehende Person vorzunehmen ist, das Obersthofmarschallamt um die Vornahme anzugehen, es wäre denn, dass es sich um eine gerichtliche Zustellung handelt.“
[3] Eines der höchsten Hofämter mit Gerichtsbarkeit über Hofangehörige.