Die Regierung informiert in einer Pressemitteilung über die Hintergründe für den Entzug der Konzession der Klassenlotterie


Mitteilung der Regierung zuhanden des Landtags im "Liechtensteiner Volksblatt" und in den "Liechtensteiner Nachrichten" [1]

4.12.1926

Mitteilung der Regierung an den Landtag betreffend die Klassenlotterie in Liechtenstein

(Mitget.) Die fürstliche Regierung sieht sich zufolge einstimmigen Kollegialbeschlusses veranlasst, dem Hohen Hause über die Verhältnisse bei der Klassenlotterie in Liechtenstein folgende Mitteilung zu machen:

Mit Zustimmung des Landtages wurde mit der Firma John von Glahn u. Co. in Newyork am 11. Februar 1926 ein Vertrag betreffend die Fortführung der Klassenlotterie in Liechtenstein geschlossen, in welchem Vertrage bekanntlich auch bestimmt wurde, dass die neue Konzessionärin die erste, durch die Firma Bank Sautier u. Co. A.G. in Luzern und Zürich und die Vertriebsunion in Triesenberg begonnene, aber nicht beendete Lotterie zu Ende führen soll. Zur Durchführung des neuen Vertrages gründeten die Inhaber der Firma John von Glahn u. Co. mit anderen Personen die "Centrofag", Central-Europäische Finanz-Aktien-Gesellschaft in Vaduz mit einem voll einbezahlten Aktienkapital von einer Million Franken. Die Eintragung in das Handelsregister des fürstlichen Landgerichtes fand am 10. März 1926 statt. Nachdem die Konzessionärin die vertraglich bedungenen 200'000 Franken bei der liechtensteinischen Landesbank erlegt hatte, übertrug die Regierung auf Grund eines Sitzungsbeschlusses über Ansuchen der Konzessionärin den Lotterievertrag auf die Centrofag und gab dieser auch das vom Landtage bereits beschlossene und im Personen- und Gesellschaftsrechte begründete Monopol für den Alleinbetrieb des Lotteriegeschäftes.

Die Lotterieunternehmung begann ihren Geschäftsbetrieb anfangs Juli 1926. Im September fand unter Aufsicht der amtlichen Aufsichtskommission die erste und im Oktober die zweite Ziehung statt. Mit Rücksicht darauf, dass für die dritte Ziehung im November keinerlei Mittel gemäss dem Vertrage zur Verfügung gestellt wurden, sah sich die Regierung veranlasst, am 8. November 1926 die Konzessionärin auf Art. 6 des Vertrages hinzuweisen und ihr nahezulegen, das zur Ziehung erforderliche Geld im Gewinnverhältnis der verkauften Lose zur Gesamtzahl der Lose bereitzustellen, widrigens sich die Regierung vorbehalte, die Ziehung zu verbieten. Statt, dass das Geld deponiert wurde, teilte der Verwaltungsrat der Centrofag am 15. November 1926 der fürstlichen Regierung mit, dass er beschlossen habe, die dritte Ziehung am 17. November 1926 nicht stattfinden zu lassen. Die Direktoren der Centrofag versuchten trotzdem mit Schreiben vom 16. November 1926, die Regierung zur Freigabe der Kaution per 100'000 Franken zwecks Durchführung der vom Verwaltungsrate eingestellten dritten Ziehung der Klassenlotterie zu bewegen. Mit Schreiben vom 17. November 1926 an die Centrofag nahm die Regierung den Beschluss über die Einstellung der Ziehung zur Kenntnis und erklärte gleichzeitig mit Rücksicht auf die Nichteinhaltung des Vertrages durch die Centrofag den Verfall der Konzession und des Monopols. Die Freigabe der Kaution wurde verweigert. Am 20. November 1926 beschloss die Regierung überdies den Verfall der Kaution per 100'000 Franken und wies die liechtensteinische Landesbank an, die Umschreibung des Betrages auf die Landeskasse vorzunehmen.

Das ist kurz ein Bild der jüngsten Ereignisse bei der Klassenlotterie. Wir werden Ihnen in einer der nächsten Sitzungen ein ausführliches Exposé [2] über den ganzen Sachverhalt geben, betonen aber, dass in unserer heutigen kurzen Mitteilung die wichtigsten Daten enthalten sind.

______________

[1] L.Vo., Nr. 100, 4.12.1926, S. 1 und L.N., Nr. 98, 4.12.1926, S. 1.
[2] Vgl. den "Bericht über die Klassenlotterie in Liechtenstein (dem hohen Landtag erstattet von der fürstlichen Regierung)" vom 8.4.1927, gez. Regierungschef Gustav Schädler, Regierungsrat Peter Büchel, Regierungsrat Alois Frick und Regierungssekretär Ferdinand Nigg (LI LA LTA 1927/10). Online e-archiv.li.