Statuten der Marianischen Jungfrauenkongregation in Schaan


Handschriftliche Statuten, gez. Pfarrer Josef Büchel [1]

Statuten der Marianischen Jungfrauenkongregation in Schaan

1.5.1913

§ 1 Zweck der Congregation
Die Marianische Congregation hat den Zweck, die Mutter Gottes in besonderer Weise zu verehren, um durch eifrige Nachahmung ihres Beispieles ihren Schutz in erhöhtem Masse zu verdienen, um so leichter vor Verirrungen bewahrt zu bleiben.

§ 2 Organisation
Die Marianische Congregation ist keine Bruderschaft,  in der die Mitglieder nur lose miteinander verbunden sind, sondern ein Verein, der von einem Vorstande nach bestimmten Regeln geleitet wird.

§ 3 Vom Vorstand
Den Vorstand bilden die Präfektin, zwei Assistentinnen, die Sekretärin und fünf Rätinnen. An der Spitze des Vorstandes steht der Ortspfarrer als Präses, der vom Bischof mit diesem Amte betraut wird.

§4 Von den Mitgliedern
Die Mitglieder versammeln sich jeden Monat einmal in der Pfarrkirche zu einem Vereinsgottesdienste, bestehend aus einer kurzen Ansprache, Liedern, Gebeten und sakramentalem Segen. Monatlich einmal empfangen sie die hl. Sakramente.

Mitglied kann jede in Schaan wohnende Jungfrau werden, die einen unbescholtenen Ruf und das vorgeschriebene Alter – nicht unter 14 und nicht über 35 Jahre – hat. Überdies ist bei Minderjährigen [2] die Zustimmung der Eltern bzw. Vormünder erforderlich.

Vor der Aufnahme in den Verein ist eine Probezeit durchzumachen, die nicht kürzer als 3 Monate und nicht länger als 1 Jahr sein soll. Während dieser Zeit haben die Kandidatinnen die Vereinsversammlungen zu besuchen und durch ein sittsames Betragen ihre Würdigkeit zu erweisen. Bei der feierlichen Aufnahme erhalten sie ein Vereinsbüchlein, Diplom und Medaille und erlegen dafür 2 Kronen. Jährlich werden zwei hl. Messen für alle Mitglieder gelesen und nach dem Tode eines Mitgliedes werden für dasselbe mehrere hl. Messen gehalten, wozu jedes Mitglied 20-30 Heller opfert.

Auszuschliessen sind Personen, deren sittliches Betragen nicht lobenswert ist und dem Vereine zur Unehre gereichen würde, ferner solche, die häufig und ohne hinreichenden Grund die Versammlungen versäumen oder sich gegen den Vorstand des Vereins in Sachen des Vereins widerspenstig zeigen.

§ 5 Über die Wahl des Vorstandes
Die Wahlen sind jedes Jahr vorzunehmen; der Tag wird vom Präses bestimmt, der auch die Wahlen leitet. Die Wahlen sind frei und jedes Mitglied hat aktives und passives Wahlrecht.

Die Präfektin kann nur durch 2 Jahre nacheinander ihr Amt innehaben. Nach Ablauf dieser Zeit muss wenigstens für ein Jahr eine ander Präfektin gewählt werden. Die Wahlen werden alle geheim vorgenommen mittelst Stimmzetteln.

§6 Besondere Regeln für den Vorstand
Alle Vorstandsmitglieder sollen auf die  Beobachtung der Regeln achten und den übrigen Mitglieder in jeder Hinsicht ein gutes Beispiel geben. Sie unterstehen der Leitung des Präses.

Bei Mitteilungen an den Präses haben sie sich vor Anklägerei und Verdächtigungen zu hüten und es besonders zu vermeiden, in Familienangelegenheiten sich einzumischen.

Die Versammlung des Rates beruft der Präses in wichtigen Angelegenheiten.

Die Präfektin hat die Anmeldung der Kandidatinnen entgegenzunehmen, bei den Versammlungen die vorgeschriebenen Gebete zu verrichten und mit den übrigen Mitgliedern des Rates über den guten Ruf des Vereins und seiner Mitglieder zu wachen.

Die Sekretärin hat das Protokoll über die Beschlüsse des Rates zu führen, besondere Vorkommnisse im Vereinsbuche einzutragen, die  Opfergelder und sonstige allfällige Einnahmen sowie die Ausgaben des Vereins zu registrieren und das Verzeichnis der Mitglieder zu führen.

Präfektin und Sekretärin unterschreiben mit dem Präses die Aufnahmsdiplom.

§7 Auflösung [3]

Die Auflösung des Vereins erfolgt durch Beschluss der Generalversammlung, welche gleichzeitig über ein zur Zeit der Auflösung allfällig vorhandenes Vermögen verfügt.

Der zuletzt amtierende Präses hat die erfolgte Auflösung der Kongregation der fürstlichen Regierung schriftlich anzuzeigen.

______________

[1] LI LA RE 1913/1081 ad 596. Die Jungfrauenkongregation berief sich zunächst darauf, dass sie ein rein kirchlicher Verein sei und wollte daher die Statuten der Regierung nicht zur Genehmigung vorlegen. Die Regierung bestand aber auf einer Genehmigung, da der Verein auch an Rechtsgeschäften (z.B. Vereinshausbau) beteiligt sei. Die Genehmigung durch die Regierung erfolgte am 29.5.1913 (Regierungsstempel und Unterschrift von Landesverweser von Karl von In der Maur).
[2] „bei Minderjährigen“ nachträglich mit roter Tinte eingefügt (vermutlich von der Regierung).
[3] § 7 betr. Auflösung des Vereins wurde nachträglich hinzugefügt – er ist mit anderer Tinte geschrieben und steht nach der Unterschrift des Pfarrers und dem Stempel des Pfarramtes. Vermutlich hatte die Regierung aus rechtlichen Gründen auf diesem Zusatz bestanden.