Im „Liechtensteiner Volksblatt“ wird vor der „Verjudung“ des Landes durch Finanzeinbürgerungen gewarnt


Abdruck einer nicht gez. Zusendung im „Liechtensteiner Volksblatt“ [1]

16.7.1919

Zu den Neueinbürgerungen

(Eingesandt)

Die in letzter Zeit im Lande stattgefundenen Neueinbürgerungen [2] sind unstreitbar eine Folge des unglücklichen Kriegsausganges. Sei es, dass viele der drohenden Einziehung ihrer Kriegsgewinne oder der bevorstehenden Vermögensabgabe zu entgehen glauben oder aber, ihre Kinder vor dem Schicksale eines späteren Krieges zu bewahren suchen; die hohen Einkaufsgelder [3] bestätigen dies.

Gewiss sind den Gemeinden diese Einkaufsgelder sehr zu gönnen, aber ich trage doch begründete Bedenken an der sozialen Auswirkung der hohen Einbürgerungsgebühren. Die Gemeindebürger werden durch diese hohen Gelder verwöhnt und so kann es später kommen, dass Ausländer, die einen grossen Teil ihres Lebens im Lande zubrachten, ja vielleicht schon hier geboren sind und im Lande Haus und Boden besitzen, sich infolge der hohen Einkaufstaxen nicht mehr einkaufen können. Man hat früher davon gesprochen, diesen Leuten die Einbürgerung zu erleichtern. Die wenigsten, ich möchte sagen keine der in Betracht Kommenden, können es sich aber leisten, 20'000 Kr. Einkaufstaxen zu zahlen. So wird es dann dem wirklich hier ansässigen Ausländer zur Unmöglichkeit, Liechtensteiner zu werden, so gerne er dies vielleicht gerade für seine Kinder täte. Mir scheint dies eine soziale Ungerechtigkeit: Der reiche Mann kann seine Kinder durch Erwerbung des liechtensteinischen Bürgerrechtes vor den Gefahren eines kommenden Krieges schützen, dem wirtschaftlich Schwächeren ist dies unmöglich, weil er nicht jene 20'000 Kr. aufbringen kann, die für den millionenschweren Einbürgerer einen Pappenstiel bedeuten.

In solchen Fällen gerechte Einkehr und christliches Empfinden zu haben, ist soziale Pflicht unserer Bürger.

Etwas schwieriger liegt ein anderer Fall: Voraussichtlich wird der Zuzug fremder Bürger in den liechtensteinischen Staatsverband in naher Zeit stärker werden. Es besteht begründete Gefahr, dass wir unter den neuen Bürgern auch Juden bekommen. Dieser Gefahr müssen wir beizeiten begegnen. Denken wir nicht: der eine oder der andere Jude schadet uns nichts, das Geld von Juden ist so gut als das von Christen. Haben wir erst einige Juden zu Liechtensteinern gemacht, so wird die Zahl derer, die noch kommen werden, Legion sein. Bei den ausgezeichneten Verbindungen, die diese goldene Internationale besitzt, ist diese Befürchtung nicht leer. Vor einer Verjudung unseres lieben Heimatlandes wollen wir aber alle bewahrt bleiben. Wir lesen ja alle Tage, in welchem Masse die Juden sich in unseren Nachbarländern bemerkbar machen. Dass die Juden uns augenblicklich nichts anhaben, darf uns nicht betören, wir müssen uns aber auch später vorsehen. Verlangen wir daher bei allen Bürgeraufnahmen einen Taufschein und denken wir stets:

Liechtenstein den Christen!

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[1] L.Vo., Nr. 56, 16.7.1919, S. 1. Vgl. das Schreiben des designierten liechtensteinischen Generalkonsuls für die Schweiz, Walter F. Probst, an den liechtensteinischen Geschäftsträger in Bern, Emil Beck, vom 1.12.1919 u.a. betreffend die liechtensteinische Einbürgerungspolitik (LI LA V 002/0050).
[2] Vgl. das Gesetz vom 28.3.1864 über die Erwerbung und über den Verlust des liechtensteinischen Staatsbürgerrechts, LGBl. 1864 Nr. 3/1; sowie in weiterer Folge das Gesetz vom 27.7.1920 womit eine Nachtragsbestimmung zu § 3 des Gesetzes vom 28.3.1864, LGBl. 1864 Nr. 3, über die Erwerbung und den Verlust des Liechtensteinischen Staatsbürgerrechtes geschaffen und § 7 dieses Gesetzes durch neue Bestimmungen ergänzt wird, LGBl. 1920 Nr. 9.
[3] Zu den Einkaufsgeldern für das liechtensteinische Gemeindebürgerrecht vgl. §§ 25 und 26 des Gemeindegesetzes vom 24.5.1864, LGBl. 1864 Nr. 4.