Der Fabrikarbeiter Paul Ehrenbauer in Schaan wird mit seiner Familie wegen Armut in seine Heimat abgeschoben


Handschriftliches Schreiben des Schaaner Vorstehers Jakob Falk, gez. ders., an die Regierung [1]

19.2.1901, Schaan

Hohe fürstl. L. Regierung!

Nach meinen Erkundigungen über die Familie Ehrenbauer, die existenzlos sich in der Gemeinde Schaan aufhaltet, meistens nur auf Unterstützungen anderer Leute lebt, zudem noch unsolide d. h. noch dem Trunke sich hingeben, bitte ich die hohe f. Regierung, sie möchte veranlassen, dass die Leute in ihre Heimath geschickt würden. Von der Armuth, in der die 5 Kinder, das älteste ist 6 Jahre alt, [2] gehalten werden, habe mich gestern selbst überzeugt, sie haben kein Prügel Holz, gestern mussten sie eine Bettstadt verwenden zum einheizen, alle zusammen haben täglich einen Litter Milch, ein Kind ist erst 3 Monat alle, das zweitälteste ist cronisch krank, zudem allem noch ist der Ofen im Zimmer so defeckt, das er, wenn sie Holz hätten, nicht mehr geheizt werden kann, muss nach meiner Ansicht, wenn sie heute nicht fortgeschoben werden können, für die Kinder gesorgt werden. [3]

Ergebenst

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[1] LI LA RE 1901/335. Stempel der Ortsvorstehung der Gemeinde Schaan.
[2] Das sechsjährige Kind war Paul Gottlieb Ehrenbauer, der in der Folge bei Pflegeeltern in Triesen aufwuchs, sich 1914 begeistert für den Kriegsdienst meldete und kurz nach Kriegsbeginn fiel.
[3] Auf der Rückseite ein Vermerk betr. die Erledigung durch Landesverweser Karl von In der Maur am 20.2.1901: "Ausweisung der Familie Ehrenbauer verfügt mit dem Bemerken, dass dieselbe das Land binnen 3 Tagen zu verlassen habe. - Den O. V. Schaan angewiesen, einen Reisevorschuss von 10 K gegen Refundirung aus dem l. Armenfond auszufolgen. - Landweibel beauftragt, den Abgang der Familie wahrzunehmen und über den Erfolg zu berichten."