Der neue bischöfliche Landesvikar Georg Marxer sagt der Regierung zu, seinen Einfluss für ein „freundliches Zusammenwirken“ von Kirche und Staat geltend zu machen


Maschinenschriftliches Schreiben des Landesvikars Georg Marxer, gez. ders., an die Regierung [1]

8.2.1924, Vaduz

Hohe Regierung!

Gestern bei der Priesterconferenz [des Liechtensteinischen Priesterkapitels] in Vaduz wurde mir das Schreiben des Hochwürdigsten Bischofs [Georg Schmid von Grüneck] zugestellt, welches mir die Bürde eines Landesvikars zumutete. [2] In Gehorsam musste ich sie annehmen. Ich danke bei diesem Anlasse für das freundliche Schreiben einer Hohen Regierung vom 19. Januar dieses Jahres. [3] Diese freundlichen Worte machen mir Mut und wenn die Hohe Regierung meine Bemühungen unterstützen wird, so darf ich gewiss hoffen, dass unsere Arbeiten gesegnet werden. Wie ich gewiss aus Gewissenhaftigkeit alle Massnahmen einer Regierung achten werde und in diesem Sinne meinen Einfluss benütze, so wird auch eine Hohe Regierung den Absichten der Priesterschaft wohlwollend gegenüberstehen. Ein Sichverstehen und ein freundliches Zusammenwirken trägt die beste Gewähr des Volksglückes, welches ja sowohl Staat wie Kirche, ein jedes in seinem Kreise herbeiführen will. [4]          

Indem ich Herr Prof. [Gustav] Schädler als Chef der Regierung [5] und alle Herren Beamten freundlich und hochachtungsvoll grüsse

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[1] LI LA RE 1924/0733 ad 0335. Einlaufstempel der Regierung vom 9.2.1924.
[2] Vgl. in diesem Zusammenhang das Schreiben des Churer Bischofs an die Regierung vom 15.1.1924 (LI LA RE 1924/0335). – Zum Rücktritt von Johann Baptist Büchel vom Amt des Landesvikars vgl. dessen Schreiben an die Regierung vom 23.1.1924 (LI LA RE 1924/0436 ad 0335).
[3] Vgl. das Schreiben der Regierung bzw. des Regierungschefs Gustav Schädler an Georg Marxer vom 19.1.1924: "Soeben geht uns die erfreuliche Kunde zu, dass Euer Hochwürden an Stelle des leider zurückgetretenen Landesvikars, des Hochwürdigsten Herrn Prälaten J. B. Büchel zum Bischöflichen Landesvikar für das Fürstentum Liechtenstein ernannt werden sollen. Wir stimmen selbstverständlich dem Bischöflichen Vorschlage gerne zu und beglückwünschen Sie zu der Ihnen zuteil werdenden Ehre bestens. Wir hoffen gerne und zuversichtlich, dass die bisher zwischen dem Landesvikariate und der Regierung bestehenden, angenehmen Beziehungen fortdauern und dass Sie uns wie bisher auch künftig Ihre Unterstützung leihen werden" (LI LA RE 1924/0335).
[4] Vgl. etwa auch L.Vo., Nr. 15, 20.2.1924, S. 1 ("Zum Landesvikarwechsel").
[5] Handschriftlich eingefügt: "als Chef der Regierung".