Egon Rheinberger spricht sich entschieden gegen den Abbruch der alten Pfarrkirche St. Nikolaus in Balzers aus


Handschriftliches Schreiben von Egon Rheinberger, gez. ders., an Landesverweser Prinz Karl von Liechtenstein [1]

11.3.1919, Vaduz

Hochfürstliche Durchlaucht!

Auch die sehr geschätzte Zuschrift der hohen fürstl. Regierung vom 8. III. beehre ich mich, Euer Durchlaucht höfl. mitzuteilen, dass ich in Angelegenheit der alten Kirche in Balzers ganz entschieden gegen den Abbruch derselben wäre. [2] Wenn der Bau schon als Kirche leider aufgelassen worden ist, so könnte derselbe doch noch anderweitig für Gemeindezwecke dienen, sei es als Bürgersaal, Vereinshaus, Kaplanei oder als Lagerhaus. Der Wert der kleinen Grundfläche, welche mit dem Abbruche gewonnen, etwa 400 m2, per Klftr. [Klafter] à 30 Kr. [Kronen], gibt 3400 Kr., steht in keinem Verhältnis mit dem Werte des Gebäudes mit etwa 25-30‘000 Kr. geschätzt. Auch das Dorfbild würde mit der Räumung sehr geschädigt. Den Turm allein stehen zu lassen wäre unschön, selbiger ist viel zu schwächlich hiezu.

Vielleicht würde es sich empfehlen, die Angelegenheit im Einvernehmen mit dem Gemeinderate einer kleinen Kommission zur Beratung zu unterbreiten. [3]

Euer Durchlaucht
ergebenster

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[1] LI LA RE 1919/1268 ad 1155. Eingangsstempel der Regierung vom 12.3.1919. Stenographische Bemerkungen. Gemäss Vermerk von Landesverweser Prinz Karl von Liechtenstein vom 14.3.1919 ersuchte Egon Rheinberger, mit der Balzner Gemeindevertretung über diese Frage an Ort und Stelle zu verhandeln. – Rheinberger war Gründungs- und Vorstandsmitglied des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein.
[2] Der Ortsvorsteher von Balzers, Gebhard Brunhart, hatte die Regierung mit Schreiben vom 5.3.1919 ersucht, die Abbruchbewilligung für die alte Pfarrkirche St. Nikolaus zu erteilen (LI LA RE 1919/1155); ebenso das Pfarramt Balzers. Landesverweser Prinz Karl von Liechtenstein hatte daraufhin Egon Rheinberger am 8.3.1919 eingeladen, sich nach Rücksprache mit ihm sowie dem Ausschuss des Historischen Vereins hiezu einlässlich zu äussern (LI LA RE 1919/1156 ad 1155).
[3] In weiterer Folge kam die Idee auf, das Gebäude dem Historischen Verein für die Unterbringung kirchlicher Altertümer zur Verfügung zu stellen. Der Verein musste jedoch dieses Vorhaben aus finanziellen Gründen ablehnen (vgl. das Schreiben von Johann Baptist Büchel an die Regierung vom 10.4.1920 unter LI LA RE 1920/1705 ad 1594).